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LEICHENWETTER "Letzte Worte" (Goth Metal)
(Metal Axe)

Nun haben auch die sauerländer Goth Metaler ein Label gefunden. Dazu herzlichen Glückwunsch mit dem Gruß "verdient" . Den Großteil des Albums machen die Songs aus, welche auf der Eigenproduktion "Urworte" bereits genügend von mir gewürdigt wurden (siehe Review). Dazu gibt es mit "Letzte Worte" eine Neubearbeitung eines Stückes, welches auf dem ersten Demo der Band "Nachtwerke" beherbergt ist. Leichenwetter vertonen Gedichte alter, toter Lyriker wie Else Lasker-Schüler, Droste-Hülshoff, Hesse, Haushofer, Goethe, Heine usw.

Kommen wir zu den neuen Stücken, doch zuvor lasst mich auf das schön, morbid gestalte Booklet aufmerksam machen. Es beherbergt alles Texte und kommt bis auf den Schriftzug der Band und des Titels ohne Farbfotos aus. Puristische Friedhofsromantik. Musikalisch sind Vergleiche mit Rammstein nicht vom Ohr zu weisen, man behält sich aber vor den straighten Sound aus Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboard in einer ganz eigenen Darbietung zu offenbaren. Und man besitzt einen Sänger, der mit seinen Stimmbänder spielen kann. Und wer diese Band bereits mal Live gesehen hat, weiß , dass hier nicht wie sonst am Gesang gearbeitet wurde. Numen kann leidende Melancholie verbreiten, aber er besitzt auch eine rohe Form der Aggressivität und zudem kann er allein gesangstechnisch eine Melodie erzeugen. Angedeutete Growls lassen das Böse in ihm regieren.

Herausstechend, weil wirklich genial interpretiert ist das Heine Stück "die schlesischen Weber". Es beginnt sehr martialisch mit "Deutschland" Rufe und könnte natürlich ungeübte Ohren und böswillige Kritiker auf die falsche Fährte lenken. Um jegliche Diskussionen bereits im Keim zu ersticken. Hier ist nichts rechts und im Gegensatz zu andern Bands kann man Leichenwetter auch nicht vorwerfen mit Provokationen zu spielen. Für wen Heine, Goethe usw. provokant waren, der wird dieses natürlich auch in der Musik wieder entdecken. Musik hart zu spielen und den Gesang rau aggressiv zu interpretieren lässt die alten Dichter und Denker in einem vollkommen anderen Licht erscheinen. Quasi Intelligenz als Waffe gegen das biedere Bürgertum. Würde man den Schülern in diesem Kontext die alten Texte schmackhaft machen, sie hätten ihre wahre Freude an der Interpretation und würden endlich kapieren, welch Schwachsinn uns heute deutschtextlich so um die Ohren geschlagen wird. Besonders Maskenmänner und Ghetto Rapper sollten sich hier angesprochen fühlen und mit einer galanten Selbsttötung wenigstens kultmässig ihr Image aufbessern.

Ich schweife ab. "Im Nebel" (Heine) wird mit einem klassischen Zwischenspiel aufgelockert, während der Song ansonsten von dunkler Elektronik im rockigen Gewand gekennzeichnet ist. Perfekt der Übergang zum bedrohlichen "Schnitterlied". Der Tod in der Metapher einer Sense, welche über das grüne Gras mäht. Eine Schlagzeugorgie bestimmt den Refrain, während zwischendurch die Theatralik einen Platz in der düsteren Darbietung findet. Kleine melancholische Anekdoten durchschleichen die Songs, ohne in balladesken Kitsch zu versinken. Dieser Song könnte auch als markantes Mahnmal dienen um den virtuosen und abwechslungsreichen Gesang näher zu bringen. Hie und Da wird er auch von betörenden Backings unterstützt. Hesses "Verführer" ist ein brachiales Intermezzo, dessen Härte von dunkel-romantischen Zwischenspielen unterbrochen wird. Gewaltig rockend der Chorus in "Mutter" (Haushofer), während man hier auch mal mit verwegener Elektronik spielt, schleicht sich in die Strophen ein dezenter Pop Appeal. Wesentlich getragener ist "Grenzen der Menschheit" (Goethe) inszeniert. Schleichend seziert eine schöne Melodielinie die Gehörgänge.

Eine Deutschstunde war noch nie so aufregend wie auf "letzte Worte". Durchdacht die musikalische Untermalung, durchdacht die gesangliche Phonetik der einzelnen Textpassagen. Ein grandioses und wahrscheinlich einzigartiges Werk einer Band, von der man noch viel hören wird, hören muß. Schlussendlich sei noch mal darauf hingewiesen, dass die Sauerländer Live ein wahrer audio-visueller Genuß sind. www.Leichenwetter.de (andreas)


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