SPIRITUAL CRAMP "To Say Goodbye" (Elektro Wave)
(sad records)

Hallo, hier Harry Incus von Radio Amboss. Ich melde mich aus dem neuen Mekka der düster orientierten Musik, Ostwestfalen. Die Szene pulsiert, die Ideen tanzen Ringelrein. Nachdem ich euch in der gestrigen Sondersendung den Gitarren Wave näher bringen konnte (siehe Review zu Curious), geht es diesmal etwas elektronischer zur Sache.
Spiritual Cramp veröffentlichten 2001 ihr Debüt und ließen sich ganze drei Jahre Zeit, um den Nachfolger zu präsentieren. Für eine junge Band eine fast endlose Zeit, aber es hat sich gelohnt. Die Band hat sich enorm entwickelt und dürfte auch einen Abstecher in Ernst Horn's Experimental-Labor unternommen haben, jedenfalls was den Ideenreichtum eingeht. Die Kompositionen sind sehr komplex, man arbeitet mit eingängigen Versatzstücken, tiefer Romantik und hat keine Angst vor Experimenten. Zu Beginn steht "Phoenix", welches mit beatiger Elektronik beginnt, dessen Monotonie sich mit Industrial Sequenzen zu einer eingängigen Melodie formt, welche vor allem durch den weiblichen Gesang etwas von Invisible Limits besitzt. Das folgende "Relief" wird von warmen männlichen Vocals begleitet. Die Musik wird etwas druckvoller, leicht härter. Sehr gefühlvoll und in einem betörenden Duettgesang gipfelnd verbindet "a star into mind" geschickt nostalgische Töne mit modernem Elektro Pop. "Detail" ist einer der schwierigeren Songs auf dem Album. Die Melodie agiert fast unterschwellig, während der Overground eine verzerrte Landschaft pinselt. Verzerrt auch die Stimmen, dadurch besitzt der Song etwas fremdartiges und wirkt bedrohlich. "Outside" besitzt wieder diese sehr gefühlvollen Passagen, welche hauptsächlich von der Stimme bestimmt werden. Die musikalische Ausrichtung bleibt sehr verwegen und wird hier sehr minimalistisch eingesetzt. "The Witch" (dieser Song ist als Bonus auch noch in der remixten Version vertreten) ist wohl der treibendste und tanzbarste Songs von Spiritual Cramp. Die Schrägheit behält man allerdings bei und die Samples erinnern an frühe Alien Sex Fiend. "Drunken" wird als experimentelles Stück gepriesen, welches den Hörer vor den Kopf stoßen wird. Wahrscheinlich deswegen, weil Iren ihre Pub Party nicht mit Elektronik unterstützen würden. Dieses Album, welches sich textlich mit dem Abschiednehmen in allen möglichen Formen wie das Ende einer Beziehung, das verwerfen von Hoffnungen, das Altern als Abschied von der eigenen Jugend (davon will ich nun gar nichts wissen!) oder gar dem Tod beschäftigt, beherbergt sehr abwechslungsreiche Songs, lebt hauptsächlich von den guten Gesangsparts, während musikalisch der Zugang nicht ganz so einfach ist. Letzteres ist durchaus positiv gemeint, da diese Ecken und Kanten, die in jedem Song vorhanden sind, sich wohltuend von der Oberflächlichkeit vieler anderer Bands abheben. www.spiritual-cramp.de (andreas)