OVERKILL + MORTAL SIN + DRONE :: Old School-Vollbedienung
Musikzentrum in Hannover am 18.03.2008
(Fotos by Chris)



An diesem Abend gibt es drei gute Gründe, den Arsch vom Sofa anzuheben und sich in das Musikzentrum aufzumachen: DRONE, MORTAL SIN und die übermächtigen OVERKILL. Glücklicher Weise folgen diesem Aufruf auch gleich mehrere hundert Metalheads und finden sich schon früh im Musikzentrum ein. Ich weiß zwar nicht, ob man das Schild "ausverkauft" draußen aufhängen durfte, aber nah dran dürfte es auf jeden Fall gewesen sein.




So dürfen sich die Jungs von DRONE schon über einen schön gefüllten Zuschauerraum freuen, als sie um 19.45h auf die Bretter steigen, was immerhin eine Viertelstunde vor den angekündigten Beginn liegt. Ich habe die Jungs zuletzt im Glocksee gesehen und da kamen sie mir etwas statisch und routiniert vor, aber am heutigen Abend ist davon nichts zu spüren: Energie, Witz und einfach saugeile Songs wie z.B. "Theopractical", "Chainsaw Symphony" oder der furiose Rausschmeißer "Welcome to the Pit" treten volles Brot in den Arsch und bringen die Meute zum ersten Mal zum Schwitzen. Aber auch kleinere technische Probleme bringen Mutz (Gesang, Gitarre), Marcelo (Gitarre), Martin (Bass) und Felix am Schlagzeug nicht aus der Ruhe und nach 30 Minuten ist auch schon Ru' im Hof, aber die Band kann sicher sein, dass man viele neue Freunde gefunden hat.




Nach einer unverschämt kurzen Umbaupause von 15 Minuten wird es für mich dann das erste Mal richtig spannend: MORTAL SIN aus Australien entern die Bühne und nach dem letzten, wirklich hervorragendem Album bin ich sehr gespannt, was die Aussies live so auf der Pfanne haben. Wie alle anderen werde ich nicht enttäuscht, denn die Herren Mat Maurer (Gesang), Mick Sultana und Nathan Shea an den Gitarren und die Rhythmussektion mit Dauergrinser Andy Eftichiou am Bass und dem Drummer Luke Cook reißen ihre alten und neuen Thrash-Granaten mit einer mitreißenden Spielfreude runter, dass es einem warm ums Herz und im Nacken wird. Die neuen Tracks "Deadmen Walking" oder der Oberhammer "Tears of Redemption" und die alten Songs "Lebanon" (der Vorgänger-Track zu "Tears of Redemption"), "Mayhemic Destruction", "Blood Death Hatred" oder "I am Immortal" versprühen eine dermaßen große Old School-Energie, dass man glauben könnte, wieder im Jahr 1989 zu stehen. Vor allem die rasend schnellen Gitarrensoli und mächtigen Moshparts habe ich so schon lange nicht mehr erlebt, absolut geil. 45 Minuten bekommen die Freunde aus Sydney Zeit, die sie aber saugut nutzen und ständig werden Fäuste in die Luft gereckt und die Songs (vor allem die alten) werden lauthals mitgesungen.

Ich muss zugeben, dass ich anfangs etwas skeptisch war, was die Herren auf der Bühne zu bieten haben, aber die Zweifel wurden im wahrsten Sinne des Wortes weggeblasen. Gut so!

Aber ratet mal, warum die meisten Zuschauer sich heute hier eingefunden haben? Richtig, um New Jerseys finest live zu erleben. Es ist das erste Mal, dass ich OVERKILL live in einer kleinen Halle sehen kann, nachdem ich sie schon mehrfach auf diversen Festivals sehen durfte. Wenn einen eine Band bereits ein (Metaller-) Leben begleitet, ist eine solche Gelegenheit immer etwas ganz besonderes. Zuvor hatte ich aber noch die Gelegenheit, Bobby Blitz Ellsworth zu interviewen!




Wieder dauert es bloß 30 Minuten, bis die Umbaupause überstanden ist und dann erscheinen die Herrschaften Blitz, D.D. Verni (Bass), Derek Tailor und Dave Linsk an den Klampfen und Ron Lipnicki am Schlagzeug die Bühne. Diese ist fast die ganze Show über in Nebel getaucht und das ausgeklügelte Lichtsystem mit viel Gegenlicht und gut gesetzten Farbakzenten unterstreicht die Atmosphäre viel geiler, als wenn nur die Spots angeschaltet sind. Die 95-minütige Thrash Metal-Lehrstunde wird von dem Opener und einem der besten Tracks des aktuellen "Immortalis"-Albums, "Devils in the Mist" (wie passend), eröffnet. Danach geht es mit der Old School-Vollbedienung weiter: "Hello from the Gutter" und "Rotten to the Core" werden intensiv runtergerockt und mit "Bastard Nation" bremst man das Publikum erst mal runter und bringt die Halle zum mitsingen. Anschließend bekommen wir "Skull and Bones" vom aktuellen Longplayer, der aber live auch sehr gut ohne die bösen, tiefen Growls von Randy Blythe (LAMB OF GOD) funktioniert. Nach dem folgenden "Thanx for Nothing" kommt eine Überraschung für mich, denn mit "F.U.C.T." haben die Jungs meinen Lieblingstrack vom "From the Underfground and below"-Album ausgegraben! Geile Sache. Aber mit den Überraschungen ist noch lange nicht Schluss, denn der mächtige "Skullkrusher" wird aus dem Käfig gelassen und im Dampfwalzentempo walzt dieser Monolith alles nieder, was sich ihm in den Weg stellt. Danach grooven und rocken "Hammerhead" und das als "AC/DC on steroids" angekündigte "Walk through Fire"aus der PA, bevor man wieder mit "Nice Day.for a Funeral" die Bremse zieht und das Chaos kontrolliert. Den Hauptteil des Abends beschließen die tighten Versionen der Übertracks "Wrecking Crew" und "Elimination".



Aber die Band zieht die Pause nicht unnötig in die Länge und eröffnet den Zugabenteil mit dem gottähnlichen "Necroshine". Danach gibt es die komplette Partybedienung mit "Old School", den man sich heute schon gar nicht mehr aus dem Liverepertoire wegdenken kann und dem Abschluss eines jeden OVERKILL-Konzertes: "Fuck you", welches im Mittelpart zu AC/DCs "Dirty Deeds done Dirt cheap" mutiert. Obwohl man es niemals jedem Fan recht machen kann, hat die Band einen sehr guten Querschnitt aus ihrem 15 Alben ausgesucht, die eigentlich niemanden unzufrieden zurückgelassen haben. Blitz beschreibt im Interview, dass OVERKILL-Shows rollen wie eine Maschine und genau das durfte man heute im Musikzentrum erleben: irgendwann habe ich die Band gar nicht mehr als einzelne Musiker wahrgenommen, sondern sie war nur noch eine Energieform wahrzunehmen. Unglaublich, wie eingespielt die Band ist und wie perfekt sie miteinander harmonieren, obwohl man den Eindruck hat, dass sie gar nicht großartig auf der Bühne miteinander kommunizieren. Dafür kommuniziert Blitz umso unterhaltsamer mit dem Publikum, indem er Ron Lipnicki als "best drummer in the Band" vorstellt und meint, dass Ron "smells like New Jersey Toxic Waste".köstlich. Apropos köstlich: was Dave Linsk und Derek Tailor sich an fetten Riffs und königlichen Soli aus den Fingern schütteln ist schlicht und einfach nicht von dieser Welt und die beiden stellen zur Zeit eines der besten Gitarrendoppel, die es im härteren Metalbereich zu finden gibt.
Die körperliche Art, wie Blitz seine Texte unterstreicht ist einfach saugeil und erstaunlich ist, dass er in den längeren Instrumentalpassagen gerne aus dem Rampenlicht verschwindet, um entweder eine zu rauchen oder vielleicht ein Kreuzworträtsel zu lösen, ich weiß es nicht. Nur manchmal wird es eng und an diesem Abend verpasst er ein- bis zweimal seinen Einsatz, was die Sache aber nur verdammt lebendig macht. Die Leistung von D.D. Verni ist seit Jahren einfach konstant hoch und richtig schlecht hat er wahrscheinlich noch nie gespielt und genau die Mischung aus musikalischem Können, Entertainment, purer Energie und grandiosen Songs ist es, die OVERKILL zu einer der besten Livebands macht, wenn nicht sogar zu der Besten überhaupt.

An diesem Abend verlässt jedenfalls keiner der Anwesenden unzufrieden die Halle und OVERKILL haben bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören.

Ich darf mich bei den Bands und Björn herzlich für den gelungenen Thrash-Abend bedanken! (chris)



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