Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger waren (im Gegensatz zu heute) Bands noch wirkliche Sprachrohre und hatten eine Message, die sie vertreten haben. Eine besondere Band dabei waren immer JINGO DE LUNCH, die dieser Tage ihr großartiges Album "Land of the Free-ks" veröffentlicht haben. Ich hatte die Freude, dass Frontfrau Yvonne Ducksworth sich die Zeit genommen hat, um meine Fragen zu beantworten, auch wenn eine Frage sicherlich nicht allzu glücklich formuliert war... (chris) www.myspace.com/jingodelunch
Ich würde vorschlagen, dass wir mit der Vergangenheitsbewältigung anfangen:
Was hat 1996, nach einigen erfolgreichen Jahren und großartigen Platten, zur Auflösung der Band geführt? |
Also, von 1987 bis 1996 in einer Band zu spielen ist eine wirklich lange Zeit, damals haben wir ein Drittel unseres Lebens in der Band verbracht! Menschen entfernen sich voneinander und andere Sachen werden einfach wichtiger.
| Was hast du seit dem gemacht? |
Ich habe zehn Jahre in Arizona mit meiner Familie und meiner Mutter verbracht, habe die Schule beendet und als Telekommunikationstechnikerin gearbeitet.
| Was hat 2007 den Ausschlag gegeben, dass ihr es doch noch einmal miteinander versuchen wolltet? |
2006 haben wir zwei ausverkaufte Shows im Berliner "White Trash Fast Food" gespielt. Die Leute fragten uns, ob wir noch mehr Konzerte spielen und so haben wir 2007 eine Tour gemacht. In der Zeit bin ich auch aus den USA wieder nach Berlin gezogen.
Kommen wir nun doch lieber zur Gegenwart:
Wie ist das Songwriting für euer neues Album "Land of the Free-ks" abgelaufen? Habt ihr alles "neu" geschrieben oder finden wir das Eine oder Andere ältere Stück auf der CD? |
Tico Zamora hat mit Steve, Henning und mir an den Songs "Land of the Free-ks" und "Metherfor" gearbeitet und Tom Schwoll mit uns an "Room 101". "The Job" ist der einzig wirklich ältere Song auf dem Album und er stammt vom 1996er Demo, welches wir zusammen mit Sepp Ehrensberger gemacht haben, aller anderen sind brandneu und mit Gary Schmalzl entstanden.
| Du bist ja durchaus als jemand bekannt, der sein Herz auf der Zunge trägt... erzählst du uns was zu deinen Texten? Was passiert z.B. im "Room 101"? |
In dem Text geht es darum, dass ich mein Heim mit einem Aufzug verlasse. Sobald die Fahrstuhltür sich öffnet, trete ich in ein Paradies ein, aber es kommt mir alles so seltsam und fremd vor, dass ich nur noch zurück in meine "dirty four walls" möchte. Ich frage mich, warum die Freiheit ein Albtraum geworden ist!?
Die Idee zu dem Text kam mir durch "Der Mann im Fahrstuhl", einem Monolog aus dem Stück "Der Auftrag" (1979) von Heiner Müller, hier ist der Link:
http://www2.hu-berlin.de/literatur/mitarbeiter/hoernigk/GNPRESS/MANNIMFA.HTM.
Der Titel des Songs stammt aus George Orwells "1984". Dort ist der "Room 101" der Raum, in dem wir mit unseren größten Ängsten konfrontiert werden.
| Wo finden wir das "Land of the Doom" und was ist dort anders, als im "Land of the Free-ks"? |
Huh? Oh.... It's a doom version of "Land of the Free-ks".
| Von welchem "Mass/acre" ist die Rede? |
Die Tierindustrie, die manche Menschen "Nahrung" nennen, ist einfach ein Massaker. Massentierhaltung plus Acre (eine amerikanische Flächeneinheit) ergibt "Mass/acre".
"Massacre" ist laut Oxford English Dictionary als "rücksichtsloses und brutales Abschlachten von Menschen und Tieren; Gemetzel, Blutbad und Massenschlachtungen" definiert. Für mich macht es keinen Unterschied, ob Mensch oder Tier.
| Ich durfte euch auf dem Sarstedt Open Air erleben und muss sagen, dass eure Livepräsenz absolut überzeugend ist! Habt ihr vorher viel geprobt? |
Vielen Dank, wir hatten eine großartige Zeit! Wir üben ja auch bereits seit 1988.
| Wie hat sich in eurer Abwesenheit die Hardcore/Punk/Rock-Szene verändert? |
Ich denke, dass sich nur die Gesichter und Haarschnitte geändert haben, nicht die Ideale.
| Was sagt eine Kanadierin, die in Kreuzberg lebt zur momentan in Deutschland stattfindenden Integrationsdebatte? |
Als Kanadierin ist mir natürlich die Sikh-Gesellschaft ein Begriff, die bereits seit 1887 um Gleichberechtigung kämpft. Ich habe großen Respekt für diese Menschen und ihre Traditionen. Ich kann euch empfehlen: habt alle einen gewissen Respekt für die Menschen, die nach Deutschland kommen und ihre Traditionen. Denn wenn man Menschen respektiert, geben sie einem auch Respekt zurück.
| Ihr habt das Konzert in Flensburg im November abgesagt, weil eine Hooligan/Nazi-Band dort spielen sollte. Jetzt läuft das Spielchen, dass der Veranstalter nichts gewusst haben will, die Band sagt das Gegenteil. Wäre es nicht wichtiger, sich hinzustellen und von der Bühne ein klares Statement gegen diesen Dreck abzulassen, als die Leute allein zu lassen? |
Ich weiß nicht, was du mit "die Leute allein zu lassen" meinst!?! Der Club ist ein professionell geführtes Unternehmen und sie haben gewusst, was sie tun. Es liegt nicht in meiner Verantwortung, dem Club oder dessen Besitzer seine Glaubwürdigkeit zurück zu geben.
Wir spielen in keinem Club, in dem Nazis spielen. FERTIG. Und ich erwarte auch nicht von unseren Fans, dass sie in solche Clubs gehen, wo Nazis herumhängen und sich somit in Gefahr bringen!!!
Du kannst auch nicht ernsthaft fragen, ob ich, "half black, half white, foreigner" es für wichtiger halte, auf die Bühne zu gehen, um ein Statement, welches du gerne hören möchtest, an diesem Ort abgeben. Ich habe jahrelang klare Ansagen gegen alle Arten von Diskriminierung und Hass abgegeben. Wenn du dir über dein Statement etwas klarer sein würdest, würdest du den "Hooligan-Bullshit" vergessen... bitte, das ist eine faschistische Nazi-Band über die wir reden. Informiert euch, wer in diesen Bands spielt! Das Wort "Hooligan" ist nur Fassade.
| Wieso sind die Menschen eigentlich so beratungs- und lernresistent und laufen immer noch menschenverachtenden Idealen hinterher? Gibt es so was in Kanada auch? |
Ich denke, jeder weiß oder sollte wissen, dass menschenverachtende Ideale kein regionales Problem sind. Eine angemessene, vorurteilslose Erziehung ist der beste Weg die Ignoranz und den Hass zu bekämpfen.
Blick in die Zukunft:
Was werden wir in Zukunft von euch erwarten dürfen, was sind eure Pläne? |
New Songs songs songs, New shows shows shows....!!! Thanks for the interview!!
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