Schwermut abbauen

X-Perience (Female Wave Pop)

Es gibt sie noch, diese wunderschöne Pop Musik, welche sich weitab von charttauglicher Pampe in die Gehörgänge frisst. Es gibt sie noch, diese Ohrwürmer, die sich galant im Hirn manifestieren, mit denen man ins Bett geht und aufwacht und dabei nicht nerven, sondern selbst beim frühmorgendlichen Weckerklingeln ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Zwar gehe ich mal davon aus, dass das Berliner Trio verkaufstechnisch nicht an die Erfolge ihres Debüts "Magic Fields" anknüpfen wird, aber rein musikalisch, von der Ausstrahlung, von der Eleganz der Stücke, von der Harmonie zwischen Gesang und Instrumenten, von den betörenden Melodielinien her, ist dieser Band ein wahrer Geniestreich gelungen, der meiner Meinung nach ihr '96er Album noch übertrifft.
www.myspace.com/xperiencemusic / www.x-perience.de (andreas)


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Review "lost in paradise" lesen



Wenn ihr die 10 Jahre eures Bestehens Revue passieren lasst, war der schnelle Erfolg mit den Singles "Circle of Love" und "Neverending dream" eher Fluch oder Segen?
Matthias und Alex haben sich ja schon 1990 kennengelernt und zusammen Musik gemacht. Das sind also schon 6 Jahre vor dem ersten grossen Erfolg. Länger als heute viele Bands überhaupt existieren. Für COL haben wir ein eigenes Label gegründet und sind damit selbst zu den Radiostationen gefahren, um den Titel vorzustellen und zu den CD-Shops, um den Titel auf Kommission in den Laden zu stellen. Würde heute wahrscheinlich gar nicht mehr gehen. Oder vielleicht gerade wieder. Nach unserer Umbenennung in XP ging es dann relativ schnell, da hatten wir aber schon Jahre Schweiß und Tränen hinter uns.



Beide Songs gibt es jetzt als von Jose Alvarez-Brill überarbeitete Remixe als Bonustracks auf dem aktuellen Album. Soll sich da auch ein Kreis schließen?
Wir stehen zu den Songs, die wir damals gemacht haben und spielen sie auch noch gerne live. Allerdings im heutigen Gewand, sehr ähnlich, aber vielleicht ein bisschen unaufgeregter. Mit Jose wollten wir schon lange mal arbeiten, der fand die Songs gut und deshalb haben wir es probiert. Die Idee war eigentlich 10 Jahre XP, 10 neue Songs aus den letzten Jahren und als Bonus drei der Titel, für die uns die Leute ja auch mochten als Dankeschön. Leider sind die alten Sachen in vielen Ländern nämlich so gut wie gar nicht mehr zu bekommen. Wir werden aber ständig darauf angesprochen. Deshalb sind wir diesen Weg gegangen. Wir sind aber schon ein bisschen back to the roots.



Nach dem letzten Werk "Journey of Life" habt ihr euch sechs Jahre Zeit gelassen. Wie würdet ihr diese Zeit beschreiben?
Für uns schien das nicht so lang, wir haben zum Teil Songs für das Album bis zu vier mal aufgenommen. Nach Jahren, in denen wir ständig unterwegs waren, haben wir eben auch Zeit gebraucht, andere Dinge zu tun. Matthias und Alex haben Kinder bekommen (also jeder eins, nicht wir zusammen :-) ), Claudia hat eine Soloplatte gemacht. Gefühlt waren das nur so zwei, drei Monate. Es gab einfach auch das ganz normale Leben zu leben, so mit Müll rausbringen und so.



Welche textliche Intuition steckt in "Lost in Paradise" und in welchen Kontext steht das Cover Artwork dazu?
Das Leben und seine Stimmungsschwankungen. Meist entstehen die Texte abends allein bei rotem Wein. Das ist eine gute Möglichkeit, Schwermut abzubauen, die man sonst ins Leben tragen müsste. Man kann es als eine Art Selbsttherapie sehen. Textlich geht es um die Art, mit Leben und zwischenmenschlichen Beziehungen umzugehen. Der Grundtenor ist die Frage, ob es neben oder nach dem Leben ein return to paradise geben kann, oder ob es das eben schon gewesen ist. Was die optische Komponente betrifft, denke ich, dass das Paradies nicht farblich überzeichnet sein muss. Man könnte das auch als eine Sehnsucht nach Ruhe deuten. Oder, einfach gesagt, als Lebens- Gegenentwurf zum Crazy frog.



Was waren die Gründe eher das leicht melancholische "return to Paradise" und nicht das rockig verzierte "I feel Safe" als erste Single auszukoppeln?
Wir sind eben immer leicht neben dem mainstream. Nur weil alle jetzt auf rockig machen, machen wir das noch lange nicht. Wir singen auch nicht deutsch, obwohl wir das könnten. Rein sprachlich jedenfalls. Endlich sind wir jetzt alt genug, um nicht jeden Mist mitzumachen. Im Hintergrund erzählt der Song über suizidale Tendenzen. Vielleicht nicht der richtige Text für das, was man so als klassische Single wählen würde. Aber es schwingt eben auch Hoffnung mit für eine Variante des Lebens neben der gelebten Realität. Außerdem mochten wir den Song einfach genau so. So wollten wir, dass wir auftauchen und wahrgenommen werden. Eigentlich gefallen uns alle Stücke auf dem Album, aber man muss ja mal irgendwo anfangen.







Für die Videoaufnahmen seid ihr nach Dänemark gereist. Warum habt ihr euch für diese wundervolle Natur als ästhetischen Hintergrund entschieden?
Eigentlich schliesst sich hier der Kreis. Die schönen Videos von uns waren immer draussen. Passt ganz gut zur Musik, irgendwie. Es ist sehr stimmungsvoll geworden und spiegelt uns so wieder, wie wir jetzt sind. Wir hatten ein hervorragendes Team mit Leuten wie Hans Hammers und Ben Wolf, der auch unsere Fotos gemacht hat, die einen guten Zugang zu uns haben. Das war ein sehr angenehmer Dreh. Außerdem haben wir gelernt, dass die dänische Küste traumhaft schön ist und vier Portionen Fisch in einem mehr als mittelmäßigem Restaurant 145 Euro kosten. Das war schockierend. Die Quintessensz ist, fahrt da zum Entspannen hin, aber nehmt Euch Tiefkühlfisch mit. Oder eine Angel.



Ein grandioser Song ist "Personal heaven". Wie entstand der Kontakt zu Midge Ure und Glenn Gregory?
Alex: Ich arbeite neben X-Perience mit einem hervorragenden Musiker und Songschreiber zusammen, Robin Grubert. Der junge Mann schreibt unglaublich schöne deutschsprachige, nachdenklich melancholische Musik. Eben dieser hat mit Midge im letzten Jahr eine unplugged Tour gespielt, bei der ich Midge kennenglernt habe. Und da wir immer schon große Fans von ihm waren, haben wir ihn einfach gefragt und er hat ja gesagt. So einfach kann das Leben manchmal sein :-)



Würdet ihr sagen, dass sich die Zusammenarbeit mit den beiden Ikonen der 80er auch auf andere Stücke der CD ausgewirkt hat?
Nein, das sind nur wir.



Auf eurer Homepage nennt ihr als Einflüsse reichlich Bands aus dieser Zeit. Wie würdet ihr die Popmusik von damals mit Heute vergleichen?
Langsam gibt es wieder Künstler, die sich als solche verstehen und das auch leben. Das schafft eine gewisse Nähe zur Musikauffassung von früher, nicht nur aus den 80igern. Damals sicher mehr songorientiert als heute, aber da hat sich die Musikwahrnehmung eben geändert. Glücklicherweise können heute nicht mehr so viele Leute vom Musikmachen leben, das hat viele Vollidioten wieder vertrieben, die in den Neunzigern die Musik als Eldorado für ihren Koks- und Partylifestyle gesehen haben.



Wie wichtig ist die Stimme von Claudia für den Erfolg von X-Perience?
Wenn man das immer so genau wüsste. Wenn wir alle Mechanismen kennen würden, wäre das Leben nur noch halb so schön. Man hätte sich nämlich nichts mehr zu erzählen. Wahrscheinlich ist die Kombination das ausschlaggebende Moment, wie bei vielen Bands. Aber wissen tun wir´s nicht.



Welchen Einfluß hat das Arbeiten mit Gitarren auf Songs wie "i feel safe" oder "Heart of mine" auf die Musik von X-perience?
Wir machen zwar hauptsächlich elektronische Musik, aber verwendeten immer schon viele Live-Instrumente. Und eine Gitarre ist eben durch keinen anderen Klang zu ersetzen. Und wenn der Song nach einer Gitarre verlangt, muss man eine spielen. Mehr Bedeutung hat die Gitarre bei uns nicht, aber eben auch nicht weniger.



Ist es heutzutage ein schwieriger Spagat zwischen populärer Musik mit eindringlichen Refrain und anspruchsvoller Musik?
Um diese Frage zu beantworten, müsste man sich dieselbe stellen vor dem Musikmachen. Jede Form von Fragestellung dieser Art engt aber die Kreativität ein. Deshalb ist es besser, in dieser Beziehung komplett frei an die Arbeit zu gehen. Erstaunlicherweise schaffen wir das ohne Drogen, zumindest weitestgehend. Wir machen einfach die Musik, die wir fühlen und leben, mehr können wir nicht. Dass das eben oft Popappeal hat, ist dann eher so passiert als Absicht



Wie würdet ihr bei einem "Bewerbungsgespräch" eure Musik anpreisen?
Wenn du was willst, auf das du dich verlassen kannst, nimm mich.



Für 2007 plant ihr eine längere Tour, wie weit sind die Vorbereitungen und gibt es Planungen für den Support?
Eine erste Tour wird die elektrisch tour im Januar mit mesh uva. Siehe www.x-perience.de dann geht´s nach Skandinavien. Aber alle Daten gibt es auf aber immer aktuell auf unserer webseite.

Danke für das Interview und die wirklich schöne Albumkritik auf eurer Seite. Wir haben uns sehr gefreut.




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