Nicht-Happy-Stories

YORICK (Atmospheric Wave/Folk)
Uta Kipiani (Voice, Keyboard) - Sophie Gibladze (Piano) - Thea Titvinidze (Vocals) - Serge Shengelia (Guitar) - Kakha Abramishvili (Horn, Bass) - Lev Asatiani (Drums)

Was macht ein Redakteur, wenn er sich auf ein Interview vorbereitet? Er surft durchs Internet, gibt jegliche Schlagwörter bei Google ein und ist derart erschlagen von den Informationen. Bei Yorick war ich erschlagen von der Anzahl an fehlenden Informationen. Es scheint nirgends ein Review, ein Interview oder sonstige Infos zu geben. In einem Forum las ich zum ersten Mal, dass diese Band aus Georgien stammt.
Sofern ich meinen alten Gehörgängen noch trauen kann, sollte sich dieses schleunigst ändern, denn diese Band hat nicht nur Potenzial, sondern scheint auch in einer ganz eigenen Liga zu spielen. Traurige Melodiebögen streicheln in harmonierender Weise die akustischen Sinne. Der gehauchte, tiefbetörende, weibliche Gesang lässt Gänsehaut über den Körper gleiten. Sakrale Eleganz paart sich mit düsterer Romantik, Melodien schleichen mit klassischer Instrumentierung in elegischer Weise aus den Boxen. Der Rotwein schmeckt bittersüß, während eine Träne sarkastisch aus dem Augenwinkel lugt. Yorick haben ein wundervolles Kleinod voller atmosphärischer Klänge geschaffen. Ihr aktuelles Album "The Rest is Silence" fesselt, es streichelt dich sanft und ist textlich auch mal der messerscharfe Stich ins Herz. Wenn ich euch zwingen könnte, dieses Album zu kaufen, ich würde es tun! Auf der Internetseite könnt ihr euch einige Songs anhören, das Gesamtwerk ist dann eins der schönsten Gemälde, welche je mit akustischen Pinselstrich gemalt wurden. Die Fragen beantwortete Uta Kipiani. www.yorick-band.com (andreas)


-> Review "The rest is silence" lesen


Eure Band ist recherchetechnisch sehr geheimnisumwittert, stellt euch daher bitte unseren Lesern einmal kurz vor?
Wir kommen aus Georgien. Die Band wurde von mir 2003 gegründet. Gleich haben wir unser erstes Album aufgenommen. Eigentlich war's das, wir haben keine Geschichte.


Yorick ist der Narr aus Hamlet, welchen Bezug nimmt das Album bzw. ihr selbst auf dieses Drama?
Keins. Es ist einfach so: wenn man hört, dass eine Band "Yorick" heißt, merkt man sofort, dass es nicht um tralalala und Samba geht. Weil ich Anglistik studiert habe, tauchte der Name Yorick sofort auf.


Euer Titelbild zeigt die Szene, in der Hamlet den Totenschädel von Yorick in die Hand nimmt und an seine Kindheit erinnert wird. Eure im Mark traurigen Songs haben das Kind des öfteren zum Mittelpunkt der Songs. Könnt ihr ein wenig mehr über Konzept der textlichen Struktur verraten?
Die Texte sind einfach einzelne nicht-happy stories. Für diese Genre ist oft das Schreiben in erster Person kennzeichnend. Solche Texte gleichen einander. Irgendwann wird es langweilig zu hören, dass jemand sich schlecht und traurig fühlt. Ich versuche, diese traurige Stimmung in Stories zu verwandeln.


In einem Song beschreibt ihr ein extrem kurzes Leben. Worüber berichten die 7 Tage in "1873.11.28-1873.12.04" ?
Dieser Song wurde von vielen falsch verstanden. Anfangs denkt man, dass es traurig ist, dass das Kind so früh gestorben ist, aber wenn man den Refrain sorgfältig liest, sieht man, dass es schön für das Kind selbst ist, dass es stirbt. Ja ok, es ist traurig für die Eltern, aber macht nix, sie machen noch eins :-)


"Dracula" hat textlich nichts mit der Person des Vampirs zu tun. Der Text ist sehr interpretationsfreudig. Was steckt für euch hinter dem Stück?
Bram Stoker hat Dracula geschrieben und es wurde ungefähr 90-mal verfilmt. Es gibt große Unterschiede zwischen diesen Verfilmungen und dem Roman selbst. Genau wie "the phantom of the opera" ist Dracula zur interpretationsfreien romantischen Figur geworden.


"The rest in silence", der Titel ist auch aus Hamlet, gleichzeitig euer Opener. Mit 8 Minuten ist es gleichzeitig das längste Stück. Wie wichtig ist dieser Song für das Gesamtverständnis des Albums?
Die Inszenierung ist im Mittelteil sehr klassisch angehaucht. Gibt es eine Art Inspirationsquelle im musikalischen Bereich. Gibt es Literaten außer Shakespeare, welche euch textlich beeinflussen?

Nach meinem Geschmack ist yorick von der Musik des späteren Romantismus beeinflußt und von russischen Romanzen. Nicht nur textlich sondern von der Stimmung her ist yorick meistens von den Autoren wie Sartre und Camus beeinflusst.


Shakespeare verwendet im Zwiespalt zwischen Blut und Verstand auch immer eine feine Ironie, die hinreicht, bis zum Sarkasmus? Gibt es derartige Parallelen auch in euren Texten?
Ich denke, dass der Song "At supper" ziemlich sarkastisch ist und in der Zukunft wird es noch mehr Sarkasmus und Zynismus geben.


Eure Songs sind getragen inszeniert, lassen aber auch mal die Saiten in heftiger Form einfließen. In welchem Genre fühlt ihr euch am wohlsten?
Die Wahl der Instrumente hängt von der Thematik ab. Jedes Instrument tritt an seine Stelle. Es gibt einige Bands in Gothic oder Metal, die stark vom klassischer Musik beeinflußt sind, aber ich bin sehr kritisch gegenüber ihren Versuchen, klassische Musik zu schaffen. Die machen nur Kopien und haben wahrscheinlich Komplexe vor Klassischen Komponisten. Dass ich Rachmaninov mag, bedeutet nicht, dass ich mich setzte und halbstündige Klavier Konzert schreibe, das wäre einfach falsch.


Ein faszinierendes Merkmal ist der weibliche Gesang. Er flüstert, wird gehaucht und entfaltet eine ganz eigene Faszination. Wie wichtig ist dieses Element für die Schwermütigkeit der Songs?
Alle Melodien dieses Album bleiben Melodien wenn man Sie mit Klavier vorspielt. Es ist keine Music die nur auf Effekten basiert. Der Gesang und Arrangement Effekte zielen darauf die Atmosphärität und Schwermutigkeit zu verstärken, aber auch ohne sie bleibt die Music auf Klavier. Es ist für mich enorm wichtig . So muß es sein. Es ist meine musikalische Philosophie


Was hat es mit den Zeichnungen auf sich, welche die einzelnen Songs im Booklet illustrieren?
Es sind einfach Illustrationen, nichts mehr.


Bei meiner fast komplett unergiebigen Recherche bin ich auf zwei Dinge gestoßen.
1. Warum seit ihr beim "Battle of the Band" Wettbewerb ausgeschlossen worden?
2. Was hat es mit der Plattenfirma Starfish Music auf sich, welche auf eurer CD erwähnt wird, aber auf der eigenen Internetseite sämtliche Infos über euch gelöscht hat?

Zu1: Danke für diese Frage: wir haben beim Sonic Seducer angerufen und gefragt, warum wir disqualifiziert wurden. Sie haben mir geantwortet, dass es ein Druckfehler war, (ist ärgerlich wenn einer dich für blöd hält), zumindest könnten sie diesen Fehler im Internet vermeiden. Danach haben sie uns auf Platz 36 platziert, obwohl da stand "Keine Votes" für unsere Ban. Warum sie es gemacht haben, kannst du selber beantworten. Ich antworte nicht, weil meine Antwort zu gemein wäre.
Zu2: Über "starfish music" werde ich nicht gern sprechen. Es gab keinen Vertrag.


Auf eurer Internetseite verkauft ihr euer Album für 17,50 Euro (incl. Porto). Mal abgesehen von der Qualität, welche diesen Preis evtl. rechtfertigt, findet ihr nicht, für Leute, welche eure Songs beim Downloaden interessiert finden, dass dies ein wenig abschreckend wirkt?
Da steht 17,50 aber meistens verkaufen wir für 15,50. Ich bin für 15,50, meine Freundin für 17,50.


Euer Debüt ist nun zwei Jahre alt, gibt es schon Songs für einen Nachfolger?
Ich habe neulich beendet zu schreiben . Für's Aufnehmen haben wir zur Zeit kein Geld. Nächstes Album wird den Titel "plebeian reign" tragen und wird thematisch von russischer Literatur dominiert. Z.B. 6 Songs sind von "the Master and Margarita" von Bulgakov. So eine Art kleines Gothic Musical.


Eure Internetseite ist sehr puristisch und scheint auch in der Vergangenheit nicht geupdated zu sein. Wie wichtig ist euch die Präsentation im Internet?
Außer Internet haben wir eigentlich keine Promotion. Mit Labels haben wir kaum eine Chance. Ein paar grosse Labels haben mir telefonisch direkt gesagt, dass sie unsere Musik sehr gut finden, aber mit uns kein Vertrag schließen können, weil wir aus Georgien kommen. (zumindest danke für die Ehrlichkeit)


Wie sieht es mit Live Auftritten aus?
Yorick ist keine Rocka-Rolla Band für head-bang. Für live Auftritte brauchen wir eher eine kleine Theater Atmosphere, deshalb sieht es mit live nicht so gut aus. Und noch eines: wer ist überhaupt unser Publikum? Es wäre für mich unerträglich, auf der Bühne ein 14-jähriges blödes Grufti Mädchen zu beobachten, die mit einem Feuerzeug winkt und schreit.


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