Schmerzliche Erfahrungen des Lebens

HOLLOW SUN (Akustik Dark Wave)

Nach dem die Bielefelder vor zwei Jahren ein Goth Metal Album mit geringen Erfolg veröffentlichten, haben sie unter neuem Namen eine komplette Stilwanderung unternommen. Die neun Stücke ihres Debüts bestechen durch ihre melancholische Ausrichtung und werden meist rein Akustisch dargeboten. Hauptinstrument ist dabei die Gitarre, aber auch ein Piano Stück befindet sich auf der CD. Der weibliche Gesang erzählt mit dunkel-verruchter Stimme von den schmerzlichen Erfahrungen des Lebens. www.hollowsun.de (andreas)


-> Review "alone" lesen


In eurer Info schreibt ihr, dass ihr zuvor im Goth Metal Bereich tätig ward. Name der Band fehlt aber. Ist es Absicht? Würdet ihr uns gerne Aufklären?
Wir sahen es nicht als notwendig an, den Namen unserer damaligen Band zu nennen, da sie keinen großen Bekanntheitsgrad hatte. Der Bandname war "Betrayed by Life". Die Band gab es zwei Jahre. In dieser Zeit nahmen wir ein Demo auf und spielten die Songs häufiger live. Irgendwann haben wir gemerkt, dass uns die Mitmusiker eher hindern als weiterbringen. Dann entschieden wir uns, zu dritt weiter zu machen. So entstand dann das Album "alone".


Hollow Sun ist ein akustischer Hochgenuß. Allerdings ist die Musik auch weitab von zur Zeit vorherrschenden Hörgewohnheiten. Dient eure zugegeben zeitlose Musik auch als Gegenpol zur Schnelllebigkeit des heutigen Musikgeschäfts?

Beim Schreiben der Songs denken wir nicht an aktuelle Trends. Es hört sich zwar nach Cliché an, aber unsere Musik kommt aus unserem Herzen. Wir überlegen uns nicht, wie wir damit ein MTVIVA-Publikum erreichen können, da ein Großteil dieser Musik oberflächlich und langweilig ist. Leider ist ja nicht nur das Musikgeschäft, sondern das Leben allgemein schnelllebig und oberflächlich geworden. Wenn es unserer Musik gelingt, ein paar Leute Ruhe zu geben und zum Nachdenken anregt, würde uns das sehr freuen.


Während die Musik samtweich in die Gehörgänge dringt, sind die Texte von schmerzlichen Erlebnissen beseelt. Ist dieser Kontrast wichtig, um die Geschichten zu erzählen?
Ich sehe diesen Kontrast nicht so sehr und denke, dass Texte und Musik eine Einheit bilden. Denn beim Erleben von schmerzlichen Ereignissen fühlt man sich ja nicht aufgestachelt, sondern eher ohnmächtig und schwach. Deshalb passt eine ruhige und traurige Musik meiner Meinung sehr gut zu diesen Texten, die menschliche Fehler, Versagen und Enttäuschungen beschreiben.


Die Texte scheinen enorm wichtig zu sein, sie werden herrlich unpathetisch erzählt. Benötigt es bestimmte Stimmungen, um derartige Dinge zu Papier zu bringen?
Solche Texte kann ich nicht jederzeit schreiben. Wie fast jeder andere auch habe ich glückliche Momente in meinem Leben, aber auch negative Erfahrungen machen das Leben aus. In Momenten, in denen ich Zeit finde, über mein Leben nachzudenken, kommen mir Ideen für die Texte.


"Alone" ist ein passender Titel. Glaubt ihr, dass wir uns besonders im Schmerz alleine fühlen?
Häufig ist es so, dass man sich in traurigen Momenten oder in depressiven Phasen alleine gelassen fühlt. Oder man zieht sich bewusst zurück. Hilfe von anderen Menschen lehnt man ab. Deshalb kann es sehr schwierig werden, in solchen Phasen nach vorne blicken zu können.


Gibt es Songs, Passagen, welche dir besonders schwer fielen zu singen, weil damit bestimmt Erinnerungen vermengt sind?
(Inga) Jedes Stück drückt auf seine Art eine starke Sensibilität aus, die es mir leicht macht, mich in der Musik fallen zu lassen und so die richtige Stimmung zu erzeugen. Da ich durch berufliche Umstände zeitlich sehr eingeschränkt war, konnte ich mich für dieses Album leider nur bei zwei Stücken textlich einbringen. Aber da wir uns alle mit den Texten identifizieren bzw. hineinversetzen können, weiß jeder von uns, wie "es" gemeint ist. Das ist ein wichtiger Punkt für uns. Ganz klar kommt hier und da nicht gerade eine freudige Erinnerung für den Einzelnen auf. Aber es hat auch etwas positives, so widersprüchlich es klingen mag. Es hilft bestimmte Erfahrungen oder Situationen im Leben besser zu verstehen, da eine intensivere Auseinandersetzung, als sonst, damit stattfindet.


Spiegelt das Cover eher die Sehnsucht wieder, unbeschwert wie ein Kind zu sein, oder soll hier auf frühkindliche Beziehungsstörungen aufmerksam gemacht werden?
Das Cover weckt bei mir absolut keine Assoziationen an eine unbeschwerte Kindheit. Ich sehe darin eher einen Menschen in einer Haltung, die Traurigkeit zum Ausdruck bringt. Auch das Gefühl der Einsamkeit spiegelt sich wieder, da die Puppe der einzige sichtbare Halt ist, den diese Person in diesem Moment hat.


Der Opener "Fallen" ist gleich von einer tiefen Verzweiflung umgeben. Gleichzeitig scheint nirgendwo eine Tür, eine Hand. Gibt es im Verlauf des Albums einen Hoffnungsschimmer?
In einzelnen Songs gibt es Momente eines Hoffnungsschimmers, der aber im weiteren Verlauf wieder zunichte gemacht wird.


Würdet ihr "alone" als Konzeptalbum bezeichnen?
Das Album war nicht als Konzeptalbum geplant. Jedoch sollte die Stimmung bei allen Songs ähnlich sein, trotzdem sollten die einzelnen Songs abwechslungsreich sein. Da aber jeder Song für sich steht und keinen durchgängige Geschichte erzählt wird, sehe ich das Album nicht als Konzeptalbum an.


"Through the soul" ist gesanglich und durch das Piano sehr theatralisch gestaltet. Welche Geschichte steckt hinter dem Stück?
Damit wir das Album etwas abwechslungsreicher gestalten konnten, habe ich neben den Songs, die ausschließlich mit der Gitarre gespielt werden, dieses Stück geschrieben, das auf dem Piano gespielt wird. Außerdem gibt es zwei elektronische Stücke, bei denen man nur dezent Gitarren und auch Querflöte hören kann. Wenn ich ein Stück am Klavier schreibe, habe ich ganz andere Ideen, als mit der Gitarre. Mir war es wichtig, trotzdem die Stimmung der anderen Songs beizubehalten.


Was ins Ohr fällt, ist die dezente Instrumentierung. Die Akustik Gitarre oder das Piano sind immer Begleiter, sie bestimmen nie die Szenerie. Ist eine derartige Untermalung wichtig, um auf das gesungene Wort aufmerksam zu machen?
Wir räumen der Stimme einen sehr großen Stellenwert zu, da sie zu einem großen Teil die Stimmung der Lieder ausmacht. Trotzdem sehe ich eine Einheit zwischen Instrumenten, Stimme und Texten. Der Hörer hat die Möglichkeit alles sehr genau wahrzunehmen und durch das Zuhören oder auch Lesen der Texte, die ja auch wichtig für die Stimmung sind, die Atmosphäre der Songs sehr bewusst zu empfinden.


Rein praktisch dürfte eine Live Umsetzung nicht vor Probleme stoßen. Gibt es allerdings Läden, Veranstalter, welche einer derartigen Musik eine Chance geben?
Eine praktische Live-Umsetzung macht keine Probleme. Es wird sogar die Möglichkeit geboten, so die Songs noch intensiver zu erleben. Es gibt Möglichkeiten, die Musik aufzuführen. So findet ein Konzert am 05.11. in Bielefeld statt. Leider wollen Veranstalter aber eher Bands, die gute Laune verbreiten, so dass es nicht ganz einfach wird an Auftritte zu kommen.


Auf einer ganz bestimmten Weise ist das Werk im Singer/Songwriter Milieu zu Hause. Gibt es diesbezüglich Künstler, welche euch beeinflusst haben?
Ehrlich gesagt höre ich mir ganz wenig Singer/Songwriter an. Unsere Einflüsse kommen eher von Bands, die uns beeindrucken. Meistens Musiker, deren Songs eine gewisse Tiefe und Atmosphäre haben und deren Musik auch nicht nach mehrmaligem Hören langweilig wird, sondern eher noch besser wird. Der Vergleich kommt wahrscheinlich daher, dass wir keine normale Bandbesetzung mit Schlagzeug und Bass haben, sondern auch mal sehr sparsam instrumentiert die Songs spielen.


Startseite