Freie Bewegung der Fantasie

DORNENREICH (Melancholic Metal)
Eviga (voices, guitars, tambourin) - Valnes (synths, vocals)

Nach einer "halben Ewigkeit" melden sich die Österreicher mit einem neuen Album zurück. Dass Dornenreich nicht so sind wie alle anderen Bands, wusste der Fan schon seit ihrem ersten Werk, aber CD Nummer vier ist schon eine Herausforderung, hat sie doch im ersten Moment nichts mit der metallischen Härte der Vorgänger zu tun. Nach und nach erkennt man aber typische Merkmale der Band wieder, nur in etwas ruhigerer Form. Aber dennoch faszinierend - wie immer. Und eine Herausforderung an den Hörer - wie immer. Also doch alles beim alten trotz anderer Wege in der Musik?
Mehr dazu von Eviga im folgenden Frage Antwort Spiel. www.dornenreich.com (eller)


-> Review "Hexenwind" lesen


Lange nichts von Dornenreich gehört. Woher kam die lange Album Pause nach "Her Von Welken Nächten"?
Wir zogen uns bewusst zurück, um in Ruhe an dem Album arbeiten zu können. So haben wir dann leidenschaftlich experimentiert, verworfen, erweitert - und schließlich ganz bewusst reduziert.


Wie waren die ersten Reaktionen auf das neue Album und welche Reaktionen habt ihr erwartet bzw. erwartet ihr noch von euren Fans?
Die Reaktionen sind bislang sehr leidenschaftlich, will meinen, die Leute lassen sich fordern und fordern sich selbst - positiv wie negativ. Das Album polarisiert und diese Tatsache bescheinigt dem Album jedenfalls eines: Seele. Enttäuschend ist für mich eine Kritik nur dann, wenn man eindeutig raus hören kann, dass jemand sich absolut nicht von dem Album fordern lassen will; und der Kern des Albums fordert ohne Zweifel.


Seid ihr selber beeindruckt, in welche Richtung sich die Musik von Dornenreich von Anfang bis heute entwickelt hat?
Gerade mit wachsendem Abstand ist es durchaus interessant, die eigenen Alben wahrzunehmen. Besonders schön finde ich persönlich, dass sich unsere vier Alben gegenseitig stärken und bereichern. Jedes Album präsentiert unterschiedliche Facetten und Entwicklungsstadien einer tiefen Sehnsucht.


Woher kamen die inhaltlichen Ideen für "Hexenwind"? Was kannst du uns zum Konzept sagen?
Das kann man kaum fest machen. Speziell bei "Hexenwind" gingen wir intuitiv zu Werke. Alle Texte entstanden nach den Empfindungen, die während des Wahrnehmens der Musik in mir aufstiegen. Dementsprechend unmittelbar ist der Zusammenhang zwischen Wort und Ton. Das Album hat also eine außergewöhnlich bildhafte Wirkung. Allerdings ist der Hörer dieses Mal weitaus mehr dazu angehalten, seine eigene innere Stimme in dem Album zu erkennen, als dies auf früheren Alben der Fall war, da wir Wort und Ton in "Hexenwind" ganz bewusst freier atmen lassen. "Hexenwind" ist für uns eine Metapher für ein spezielles Bewusstsein, denn so wie der Wind eine "unsichtbare Realität" darstellt, die sich ständig wandelt und im Grunde nur an den Auswirkungen auf die Umwelt erfahren werden kann, so sind auch menschliche Gedanken, Ideen, Gefühle, Träume und Wünsche zunächst unsichtbar, doch bilden sie einen gewichtigen Grundpfeiler unseres Handelns und materialisieren sich darin - und sie sollten frei sein wie der Wind ...


Was fasziniert dich an einer "Hexe" bzw. welche Eigenschaften verbindest du mit ihr - und wie bringt man eine Hexe mit Wind in Einklang?
In der Gestalt der Hexe personifiziert sich für uns Fantasie bzw. Vorstellungskraft in all ihrer Gegensätzlichkeit, in all ihrer Dualität. Denn so wie sich im Begriff "Hexe" Vorstellungen von böswilligen (Märchen- u. Traum-)Wesen mit solchen von wirklichen naturweisen Menschen vermischen, so können unsere menschlichen Fähigkeiten der Fantasie und der Vorstellungskraft genauso verzehrend wie nährend, genauso verwirrend wie aufrüttelnd, genauso vernichtend wie erschaffend sein. "Hexenwind" ist demnach ein mystisches Bild für ein besonderes Bewusstsein, ein zyklisches Erwachen, Entdecken und Erneuern im Innen wie im Außen. Man könnte "Hexenwind" auch umschreiben als "freie Bewegung der Fantasie" - im Spannungsfeld von Gegensätzlichkeiten bzw. Dualität. Für uns selbst beschreibt "Hexenwind" einen ursprünglichen und lebendigen Zustand, ein Zu-Sich-Kommen und Sich-Öffnen.


Ihr ladet den Hörer ein, einen eigenen fantasievollen Zugang zu dem Album zu finden. Was denkst du, kommt die Phantasie in der heutigen Gesellschaft zu kurz?
Ich denke, dass heutzutage enormes kreatives Potential durch die Reizüberflutung, der man in der heutigen Gesellschaft mehr oder weniger ausgesetzt ist, fehl geleitet und erstickt wird. Daher bin ich der Meinung, dass bewusste Reduktion und Besinnung auf Ursprüngliches Geisteshaltungen sind, die speziell heutzutage dringend betont werden und daher auch künstlerischen Ausdruck finden sollte. Deshalb versuchten wir, "Hexenwind" meditativ, erdend, sehnsuchtsvoll und klar fließen zu lassen.


Ich habe gelesen, dass ihr die neuen Songs kaum live rüberbringen könnt? Heisst das auch, dass es in nächster Zeit keine Auftritte geben wird?
Die Strukturen der Stücke sind nicht für die Bühne geeignet und auch die Aura des Albums nicht, denn "Hexenwind" stellt die Einkehr des Individuums in den Vordergrund, das große Stillwerden - in einer Zeit, in der vieles am Menschsein zu schnell, zu groß, zu wirr geworden ist. Es wird also wohl keine Konzerte rund um "Hexenwind" geben. In nächster Zeit werden wir höchstwahrscheinlich gar nicht auftreten.


Was habt ihr sonst so mit Dornenreich in Zukunft geplant?
An diesem Punkt gibt es freilich viele Möglichkeiten. Wir werden sehen, auf welche musikalische Spielwiese uns unsere Reise führen wird, um authentisch bleiben zu können ...


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