EBM ist kein Computer-Hersteller
Twin Machine (Cold Elektro/EBM/Synthie)

Das Berliner Duo ist bereits seit '96 unterwegs und hat nach dem 01er Album "Neo" nun einen bestechenden Nachfolger im Gepäck. Die Band vereinigt EBM, Synthie Pop Melodien und schräges Programing zu einer Einheit, welche zum Teil sehr eingängig erstrahlt, auf der anderen Seite von einem bestechenden Ideenreichtum geprägt ist. Als ich mir diese CD nun noch einmal zu Gemüte führte, würde ich als Vergleich Psyche zu Beginn der 90er heranführen, während Passagen an die Frühwerke der elektronischen Underground-Musik anno 1983 erinnern. Alles weitere im kurz beantworteten Interview. www.twinmachine.de (andreas)


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Euer Debüt "Neo" wurde 2001 veröffentlicht. Warum habt ihr euch für das Nachfolgewerk drei Jahre Zeit gelassen?
Zuallererst war da unser Labelwechsel. Es war lange Zeit unklar, ob die Zusammmenarbeit mit unserer ersten Plattenfirma weitergehen konnte. Aber versprochen: mit dem dritten Album werden wir uns nicht soviel Zeit lasssen.

Wo seht ihr den Unterschied zum Debüt?
Ich denke, dass die "Generator" geradliniger ist als die "neo"-Scheibe. Unser erstes Album war doch um einiges experimenteller. Wir wollten ein Album machen, das zwar unsere experimentelle Seite noch zeigt, dabei aber straighter und härter daherkommt.

Gibt es ein verstecktes Konzept hinter "Generator"?
Ich gebe zu, wenn man die "Generator" hört, könnte der Gedanke aufkommen. Es lag aber nicht in unserer Absicht ein Konzeptalbum zu machen. Irgendwie hat sich alles zusammengefügt und was dann herauskam klingt vielleicht etwas konzeptionell.

Musikalisch ist euer Werk schwer einzuordnen. Ist es im Endeffekt eine direkte Verbindung von Underground-Elektronik und modernen Synth Pop?
Das klingt gar nicht mal so schlecht. Ich weiß nicht, wir machen uns keine Gedanken darüber, wo man uns musikalisch einordnen sollte. Dass das wohl auch nicht so einfach ist, sehe ich an den unterschiedlichen Berichten in der Fachpresse. Ich glaube, es gibt wenige Bands mit denen wir noch nicht verglichen wurden. Das wird in Zukunft auch nicht einfacher werden. Die neuen Songs fürs dritte Album klingen seltsamer und eigenständiger als alles was wir bisher gemacht haben.

Gerade die Synths wirken sehr eingängig, wenn dieses aber die Oberhand übernimmt, arbeitet ihr mit schrägen Samples, wollt ihr partout Undrground sein?
Erwischt! Es ist tatsächlich so, dass wir gerne Stimmungen zerstören, um sie anschließend wieder aufzubauen. Für den Mainstream ist das natürlich nur bedingt geeignet. Sollten sich jedoch die Hörgewohnheiten eines Tages ändern, würden wir uns nicht mit Händen und Füßen gegen Ruhm und Reichtum wehren.

"take me down" ist nicht nur von der Musik her sehr düster, auch der Text scheint von einer Verzweiflung umgeben. Was steckt hinter dem Song?
Der Song erzählt die Geschichte eines Menschen, der an den Ort zurückkehrt, an dem er seine Kindheit verbracht. Die Erinnerungen, die dabei geschildert werden sind sehr düster und alptraumhaft. Nebenbei bemerkt, glücklicherweise keine autobiographische Geschichte.

Wo wir dann bei Text und Musik sind. Ihr habt eine komplette Arbeitsteilung. Text/Songwriting auf der einen, Programming/Arrangement auf der anderen. Wie werden die kontroversen Gesichtspunkte besprochen und wer hat das endgültige Sagen?
Wichtig ist, dass wir uns irgendwie einigen. Dabei werden auch hin und wieder deutliche Worte gewechselt. Wir habe die grundsätzliche Vereinbarung, dass wir solange an einem Song arbeiten, bis wir beide zufrieden sind. Ich erinnere mich nur an einen Song, bei dem es uns nicht gelungen ist, uns zu einigen. Dieses Stück ist sozusagen Opfer unserer beiderseitigen Dickköpfigkeit geworden und wird wohl nie zu hören sein.

Das Album scheint sehr durchgestylt, soll heißen, die Reihenfolge ist passend, die Abwechslung ist gegeben, es sind keine Ausfallerscheinungen erkennbar. Gab es Songs, die ihr komponiert habt, welche den Weg auf das Album nicht gefunden haben?
Beim ersten Album haben wir noch stark ausgesiebt. Die Songs, die in der letzten Zeit entstanden sind, wurden auch alle verwendet.

In der Elektro Szene ist das remixen Gang und Gäbe. Welchen Song würdet ihr gerne von wem remixt sehen und welchen Song würdet ihr mal selber gerne remixen?
Dann scheinen wir in dieser Hinsicht eine Ausnahme zu sein. Wir haben weder das Bedürfnis, Songs anderer Künstler zu remixen, noch unsere eigenen Stücke remixen zu lassen.

"TV" setzt sich kritisch mit der Fernsehlandschaft auseinander. Du versetzt dich textlich in die Person des Zappers. Sehnst du dich nach den drei Programmen, die in den 80ern die Szenerie beherrschten?
Mit DDR I und II waren es ja sogar fünf Programme. Nein, ich bin eigentlich schon froh, dass wenn ich schon mal fernsehe, ich mich nicht zwischen Drehscheibe und Blauem Bock entscheiden muss. Was in dem Song zum Ausdruck kommen soll, ist dass zu viele Menschen, zu viel Zeit mit TV-Glotzen verbringen. OK, jeder soll sein Leben so gestalten, wie er es für richtig hält. Doch Fernsehen ist letztendlich nur Leben aus zweiter Hand.

Denkt ihr, dass die Medienlandschaft durch private Sender hinzugewonnen hat?
Etwas. Man findet trotz 90%igem Mist, der so läuft, meist irgendetwas Interessantes. Und von der Werbung ganz abgesehen, finde ich es schlimm, dass heute grundsätzlich keine Filmabspanne gezeigt werden. Das gehört einfach dazu, ich reiss ja beim Buch auch nicht einfach den Buchrücken ab. Auch damit haben die Privaten angefangen.

Ihr spielt auch in verschiedenen anderen Electro Projekten. Welchen Stellenwert nimmt hierbei "Twin Machine" ein?
Twin Machine hat bei uns eindeutig Priorität. Momentan haben wir aus Zeitmangel eh alles andere auf Eis gelegt.

Wo wird man euch Live bewundern können?
Momentan sind noch keine Termine bestätigt, aber wir werden Dich auf dem Laufenden halten.

Wie würdet ihr einem Viva Moderator eure Musik beschreiben?
Zunächst würde ich ihm erklären, dass EBM kein Computerhersteller ist. Vielleicht würde ich es auch gar nicht erst probieren. Soll er sich's doch anhören und selber n' Kopf machen.