Poesie der Elemente
Transit Poetry (Goth Pop)

Der Despairation Sänger Sascha Blach hat sich für sein Solo Projekt die vier Elemente zum Thema gemacht. Mit dem Debüt "Themes from the desolate Ocean" gelingt ihm der Spagat zwischen tiefgreifender Poesie und eingängigen Melodielinien. Die Sounds fließen auf einem elektronischen Teppich sehr seicht in die Gehörgänge. Bestechende Chorusse liefern einen leichten Zugang, während die Texte, auch wegen ihrer Interpretationsfreiheit, die Gehirnnerven zum Arbeiten auffordern. Das düstere Timbre sorgt für eine gothische Atmosphäre, während man musikalisch dem Pop frönt. Letzteres reicht von balladesk über romantisch bis hin zur betörenden Midtempo-Nummer. Man darf gespannt sein wie das folgende Element "Feuer" musikalisch umgesetzt wird. www.transitpoetry.de (andreas)


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Ein Ausbruch aus einem Bandgefüge hin zum Solo Werk ist nichts neues. Allerdings legst du dieses Werk gleich auf vier+ (X) Alben fest. Wie entstand die Idee zu diesem Projekt und in wiefern spielt Narzismus eine Rolle?
Sascha: "Das Band-Projekt Transit Poetry entstand um das Jahr 2001 herum, als ich begann, neben Despairation noch selbstständig in anderen musikalischen Gewässern zu experimentieren, was in dieser Form erst durch die Anschaffung eigener Studiotechnik möglich wurde. Transit Poetry in der heutigen musikalischen und konzeptionellen Form kristallisierte sich erst nach einer Weile heraus, da ich zunächst einmal für mich selbst heraus finden musste, wohin der Weg gehen sollte. Die Sache mit den vier Alben, die jeweils einem der vier Grundelemente zugeordnet sind, ergab sich dann ab einem bestimmten Punkt wie von selbst, da ich anstrebe alle vier Alben von Transit Poetry als ein Gesamtwerk zu konzipieren, in dem einzelne Teile (Songs) zwar auch für sich stehen können, die sich aber genauso gegenseitig bedingen. Ob man hier jedoch von Narzissmus sprechen kann, möchte ich anzweifeln, denn Narzissmus ist ja vor allem eine übertriebene Selbstliebe und damit hat Transit Poetry wenig zu tun, denn es geht mir weniger um mich, als um das Werk und darum, meine kreativen Energien in geordnete Bahnen zu lenken. Dass man sich dabei als Künstler auch immer ein Stück weit selbst darstellt, ist ja legitim."


Es gibt Parallelen zum Songwriting von Despairation (Chorus/Melodie). Wo liegen für dich die Hauptunterschiede?
Sascha: "Bei Despairation bin ich in erster Linie Sänger und Texter, während unser Gitarrist Martin 80% aller Songs schreibt und sie dann von der gesamten Band umgesetzt werden. Bei Transit Poetry schreibe ich alle Songs und Texte allein, habe den Großteil aller Instrumente eingespielt und die Produktion übernommen, es ist also eher ein Alleingang. Lediglich in der Endphase des Entstehungsprozesses haben noch ein paar Gastmusiker zusätzliche Parts eingespielt. Somit ist der kreative Prozess ein gänzlich an anderer. Und auch in musikalischer Hinsicht sehe ich große Unterschiede, die mit dem kommenden Despairation-Album "Music For The Night" noch klarer zu Tage treten werden. Klar gibt es gewisse Parallelen, da ich meine Art zu singen habe und ich muss in mancherlei Hinsicht in Zukunft auch noch auf größere Trennlinien hinarbeiten. Aber alleine schon der massive Einsatz elektronischer Instrumente und technoider Beats wäre bei Despairation undenkbar, da die Band viel gitarrenlastiger und progressiver ist, während Transit Poetry eher für traditionelleren Gothic mit Electro- und Pop-Einflüssen steht. Letztendlich liegt es meiner Meinung nach weniger am Song an sich, sondern immer daran, was eine Band daraus macht, denn ein Song kann auf ganz unterschiedliche Weisen interpretiert werden und darin liegt für mich der große Unterschied."


Die Tetralogie beschäftigt sich mit den vier Elementen. Gibt es Gründe, warum sich das Debüt um das Element Wasser dreht?
Sascha: "Natürlich. Allerdings ist die Reihenfolge der Elemente austauschbar, denn meiner Meinung nach befinden sich alle Elemente auf einer gleichen Stufe und ich möchte keine Hierarchisierung vornehmen. Letztendlich steht die materielle Seite hier aber auch nur symbolisch im Vordergrund, denn im Endeffekt stellen alle Elemente nur verschiedene Ausdrucksformen ein und des selben Urgrunds dar. Das Ziel der Tetralogie ist also eine Statuierung eines Weltbildes, in dem die Kräfte des Geistigen die treibenden und schöpfenden Mechanismen sind. "Themes From The Desolate Ocean" beschreibt ebenso wie die folgenden Alben eine Art Geschichtstriade, in der das Sein im Geistigen Anfangs- und Endstufe ist und die mittlere Stufe der körperlichen Welt als unvollkommen erscheint, so dass alles Sein, das seinen Anfang im Nichtmateriellen hat, danach strebt, dorthin zurück zu kehren. Die vier Elemente dienen dabei gleichsam als ein Medium der Überführung und eine Ausdrucksform des Geistigen. Ich denke man wird klarer verstehen was ich meine, wenn alle vier Alben fertig sind."


Wenn man weiß, es wird vier Alben geben, schreibt man dann gleichzeitig an den anderen, oder beschränkt man sich allein auf das wichtige Erstlingswerk?
Sascha: "Nun, man sammelt natürlich Ideen, aber das vor allem in textlicher Hinsicht. Was das Musikalische angeht, so konzentriere ich mich lieber auf ein Album und wähle die besten Songs dafür aus. Ich sehe auch nicht unbedingt die eine musikalische Ausdrucksform, die einem bestimmten Element zugeordnet sein muss. Klar meint man zunächst einmal, dass ein Luft-Album leicht sein sollte und ein Album über Erde eher düster und bedrückend, aber letztendlich kann man in jedem Element ganz verschiedene Erscheinungsformen sehen und sie musikalisch beschreiben, es liegt somit an der Phantasie des Hörers, ob er die entsprechenden Bilder vor sich sieht oder nicht. Denn Musik ist meiner Meinung nach neutral und die Bilder, die sie im inneren Auge des Hörers hervorruft, sind vor allem von dessen Denkweisen und Erfahrungen geprägt."


Das nächste Element "Feuer" schreit förmlich nach heftigeren Sounds, oder wird dieses Element auch eher seicht fließend musikalisch erzeugt?
Sascha: "Sicher werden die Sounds teils heftiger sein, aber ich zweifle nicht daran, dass man Transit Poetry wiedererkennen kann und Feuer impliziert für mich nicht unbedingt, gnadenlose Zerstörung in aggressiver Musik zu vermitteln. Stattdessen verbinde ich mich dem Feuer auch idyllische Dinge wie die Sonne oder den Kerzenschein. Es geht also vielmehr darum, die mannigfaltigen Ausdrucksformen eines Elementes einzufangen."



In meiner Review hab ich geschrieben, dass du auf der Suche des perfekten Pop Songs bist, andere kritisieren fehlende Abwechslung, Breaks usw. Kann man die Kritiker nur noch mit komplizierter Musik auf seine Seite ziehen?
Sascha: "Nein, das denke ich nicht. Aber es wird wohl auch niemals möglich sein, alle Kritiker mit seiner Musik zu überzeugen, denn Geschmäcker sind subjektiv und jeder legt seine eigene Schablone an Musik an, sprich jeder hat einen anderen Erwartungshorizont. Und während dem einen das Anspruchsvolle und Ausladende fehlen mag, fühlt sich der andere gerade durch die Reduktion auf das Wesentliche eines Songs angesprochen. Ich persönlich mag Songs, die auf den Punkt kommen und ins Ohr zu gehen, ohne dabei zu penetrant zu sein und ich denke, das ist mir auf "Themes From The Desolate Ocean" - unanhängig von subjektiven Vorlieben - gelungen. Ich kann also sagen, dass das Album in meinen Ohren so klingt, wie es klingen sollte, was natürlich nicht ausschließt, dass ich viele Dinge gelernt habe, die sich beim nächsten Mal besser machen lassen, vor allem in der Produktion."


Wenn man, wie du sehr viel Wert auf einen eingängigen Chorus legt, ist es da nicht unheimlich schwer gleichsam einen poetisch anspruchsvollen Text zu formen?
Sascha: "Nein, im Gegenteil. Ich mag Dichter wie William Blake, der in teils sehr einfachen Versen eine unheimliche spirituelle Tiefe und Energie vermittelt hat und genau das strebe ich auch an. Es geht mir eher darum, mit den Texten Bilder zu malen und dazu braucht man keine komplizierten Fremdworte oder endlos ausladende Textzeilen, die in keinen Rhythmus passen. Der Anspruch liegt eher darin, dass meine Texte nicht unbedingt auf den ersten Blick komplett durchschaubar sind, weil ich es nicht mag, Gedanken eins zu eins unpoetisch in Worte zu übersetzen, sondern mir lieber entsprechende Bilder suche. Und auch wenn der ein oder andere Text auf Anhieb verständlich scheint, so gibt es doch immer mehrere Dimensionen des Ganzen, denn eine vielfältige Interpretierbarkeit ist mir ebenso wichtig."


Dazu scheinen für dich Reime sehr wichtig zu sein. Bei den Meisten klingt es billig und gezwungen, dir gelingt es sehr unbeschwert damit umzugehen. Bleibt da nicht doch mal die Angst ein wenig kitschig daherzukommen?
Sascha: "Ich verbinde Reime nicht mit Kitsch, sondern mit Formvollendung. Ein Gedicht oder ein Songtext hat für mich ohne Reim immer den Anschein des Unfertigen und Unlyrischen, so dass ich ganz intuitiv dazu neige, die Texte mit einem klaren Reimschema zu versehen. Klar versuche ich schon tausend Mal gehörte Floskeln und Billig-Reime zu vermeiden, um einem individuellen Ausdruck möglich nahe zu kommen, aber selbst wenn mal ein oft verwendeter Reim dabei ist, hat er im Text seine Berechtigung und steht nicht nur da, weil ich keine eigenen Ideen habe. Aber es mag schon sein, dass manche Leute Lyrik mit Kitsch gleichsetzen und vor allem wenn man, wie ich, die teils sehr bildhafte und im positiven pathetische Dichtung der Romantik mag, kann man das wohl nicht vermeiden."


Deine Texte sind verschieden interpretierbar, gibt es eine klare Aussage hinter "Themes from the desolate Ocean"?
Sascha: "Ja, es gibt für mich ein klare Aussage hinter jedem einzelnen Text von "Themes From The Desolate Ocean". Aber das impliziert nicht, dass sie für jeden Menschen gleich sein muss, denn jeder nimmt die Welt mit eigenen Augen wahr und genauso wie mein Baum vielleicht etwas anders aussieht als dein Baum, mag sich deine Textwahrnehmung von meiner unterscheiden, so dass sich letztendlich die Frage stellt, ob es überhaupt einen objektiv richtigen Baum gibt. Ich betone diese Subjektivität immer wieder, da das für mich ein wichtiger philosophischer Ansatz ist, denn ich bin davon überzeugt, dass sich jeder Mensch seine eigene Welt kreiert und das wirklich auch in letzter Konsequenz. Genau darum geht es in gewisser Hinsicht ja in der Tetralogie."


Du schreibst/singst für Despairation, hast neben "Transit Poetry" auch "Eden weint im Grab" am Laufen. Nebenbei bist du Reviewer beim Legacy. Gibt es überhaupt noch ein Leben abseits der Musik?
Sascha: "...und beim Zillo und bei Subkultur.com bin ich auch noch als Redakteur aktiv, um die Liste komplett zu machen;-) Nun, ich denke schon, dass der Großteil meines Lebens sich im weitesten Sinne mit Musik beschäftigt, während der andere Teil meinem Studium gewidmet ist. Schließlich sind Musik und Literatur meine großen Leidenschaften. "Im weitesten Sinne" heißt aber auch, dass ich für alle drei Bands zusätzlich noch Sachen wie Management, Booking, Promotion, Design, Webgestaltung und die Finanzen mache, was mitunter sehr zeitraubend ist und einen von der eigentlichen Kreativität abhält. Und recht brotlos ist das ja auch alles, so dass man praktisch tagelang für umsonst arbeitet, nur für den eigenen Idealismus."


Wenn man weiß, welche Schweißperlen bei der Entstehung eines Albums fließen, fällt es da nicht schwer über andere Bands zu urteilen?
Sascha: "Manchmal ja. Wobei man manchen Bands aber auch anhört, dass da nicht viel Schweißperlen geflossen sind und zudem kaum Leidenschaft und eigene Ideen vorhanden sind. Da ist auch bei mir irgendwann die Grenze erreicht, noch dazu wenn der Sound oder die Aufmachung schlecht sind. Schließlich sollte es heutzutage für keine Band mehr ein Problem sein, ein qualitativ halbwegs ansprechendes Album zu veröffentlichen, denn das kostet dank gereifter technisches Möglichkeiten im Privatbereich keine Unsummen an Geld mehr, sondern allenfalls etwas Zeit und Mühe. Ansonsten stelle ich meinen eigenen Geschmack - im Gegensatz zu vielen anderen Journalisten - nicht als Maßstab über alles andere, denn ich verreiße keine Band, deren Musik mir nicht gefällt, solange sie gut gemacht ist und Potential hat. Ich versuche also zunächst einmal alles aus einem positiven Blickwinkel zu betrachten, denn ich weiß selbst wie weh es tut, etwas Negatives über die eigene Musik zu lesen, noch dazu wenn man es für ungerechtfertigt hält. Man sollte als Rezensent also immer versuchen, alles möglichst objektiv zu sehen, wenngleich das in letzter Konsequenz nie möglich sein wird. Aber das macht es ja auch wieder interessant."


Da die Live-Mannschaft für Auftritte praktisch steht. Hast du dir schon Gedanken gemacht, wie die Songs Live ein bisschen visueller erscheinen? Kurzum, was darf man von den Auftritten erwarten?
Sascha: "Die Live-Band von Transit Poetry steht schon seit über einem Jahr und wir haben im letzten Herbst bereits einige Gigs gespielt. Gestern Abend haben wir dann auch erfolgreich unsere CD-Release-Party im Vorprogramm von Das Ich absolviert und ich bin sehr zufrieden. Was das Visuelle anbelangt, ist das leider in vielen kleinen Clubs gar nicht möglich und wenn dann mit einem erhöhten finanziellen Aufwand verbunden, den wir momentan nicht tragen können, da man im Anfangsstadium einer Band schon froh sein muss, wenn man sein Spritgeld erhält. Ideen hätte ich viele, vor allem was Videoprojektionen angeht und ich hoffe, dass wir eines Tages die Möglichkeit haben werden, das umzusetzen, aber momentan müssen wir uns leider auf unsere bloße körperliche Präsenz beschränken."


Wie würdest du einem Fan von Despairation die aktuelle Scheibe schmackhaft machen?
Sascha: "Da die Leute, die die Musik von Despairation mögen, aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen, lässt sich das nicht pauschalisieren, aber ich denke mal, dass all jene, die die Gothic-Seite von Despairation und die eingängigen Stücke des letzten Albums mochten, auch bei Transit Poetry nicht ganz falsch sein werden. Ansonsten sind alle Freunde von eingängigem Gothic/Wave, Electro und düsterer Pop-Musik eingeladen, mal bei uns herein zu hören. Auf unserer Homepage www.transitpoetry.de gibt es ein paar Hörbeispiele und wir freuen uns über jede Reaktion im Gästebuch oder per Mail."