Die Atmosphäre der Szenerie glänzt schwärzlich

No Pride (Epic Goth/Death Metal)

Warum opfert man ein Großteil seiner Freizeit für ein Internet-Magazin? Neben Geldbeutel-freundlichen Nebenerscheinungen gibt es einen wesentlichen Grund: neben den Labels gibt es immer wieder ungesignte Bands, welche uns CDs schicken. Und dabei befinden sich immer wieder Perlen, wie das aktuelle Zweitwerk der Österreicher NO PRIDE. Wahrscheinlich hätte ich als normaler Konsument nie etwas von dieser Band gehört. Wenn ich mir das Interview so durchlese, sticht Pink Floyd ins Auge, wenn man das Album hört sticht es gar ins Ohr, denn diese atmosphärische Dichte und Songs über einen Zeitraum von 8 Minuten spannungsvoll zu interpretieren, hierfür hat die Band ein Gespür. Dadurch, dass man gleich mit drei unterschiedlichen Stimmen aufwartet, hat man in Puncto Monumentalität den 70er Heroen sogar einiges voraus. Death und Gothic Metal schwängern die Melancholie und gebären ein sehr lebhaftes Kind, das die Traurigkeit als Gefühl existent werden lässt. Aber es versinkt nicht darin, es versteht es, Gefühle zu zeigen. Es ist nicht verschämt, es ist ein Mensch mit Gedanken, deren bedeutungsvolle Erzählungen aus dem Meer von Wut, Verzweiflung, Resignation immer auch mal die Hoffnung heraus fischt. NO PRIDE legen viel Wert auf das Songwriting, bestechen dabei durch die Kollaboration von Death- und Goth Metal mit verträumten, fast Musical-artigen Passagen. Wäre das Musik Geschäft nicht hierarchisch, sondern anarchistisch, hätten einige Bands Probleme ihren Thron zu behalten. Eine Unterstützung dieser Band ist nicht nur erwünscht, sondern zwingend gegeben. www.nopride.at (andreas)


-> Review "Der Quell des Lebens" lesen


Trotz der 12jährigen Bandgeschichte, dürftet ihr nördlich von Österreich wenig bekannt sein. Erzähl uns ein bisschen zu No Pride.
Im April 1992 gründeten Andreas Müller (Gesang und Keyboards), Manuel Plöchl (Bass & Erzähler), Andreas Fuchshuber (Gitarre & Stimme) und Christian Sibera (Schlagzeug) die Band "Pride". Da uns das Nachspielen von Stimmungssongs aus der damaligen Grunge und Rock/Pop Szenerie bald zu öd erschien, beschäftigten wir uns damit, eigene Songs zu kreieren die unsere Persönlichkeit eher widerspiegeln. So definierten wir unsere musikalischen Ergüsse bald als eine atmosphärische, abwechslungsreiche, melodische Mischung, die dem Gothic- Death- und in manchen Stellen möglicherweise auch dem Blackmetal zuzuordnen wäre. In den Songs findet sich eine vokalistische Vielfalt aus Clean- und Grunt-Gesängen sowie auch Sprech-Passagen wieder. Unserer Musik wurde auch schon mal meditativer Charakter attestiert. Der Name "Pride" erschien uns dann nicht mehr "passend", da wir ihn für zu überheblich fanden, und uns eben genau dieses überheblich arrogante Gehabe von so manchen Bands widerstrebte, beschlossen wir uns "no pride" zu nennen. Unsere Musik ist unser Ventil, quasi der Ausgleich zum tristen Alltagsleben, womit sich wahrscheinlich auch die lange Existenz von no pride begründet. Auch personelle Umbesetzungen mussten erst einmal vorgenommen werden, und die zwangsweise, da Schlagzeuger Christian aus gehörtechnischen Gründen im Zuge der Aufnahmen zu "black bared trees" die Band verlassen musste. Entsprechender Ersatz wurde in Mick Mayer gefunden, der im April 2000 das Schlagzeug übernommen hat.
Diskographisch haben wir mit der neuen CD "der quell des lebens" erst unser zweites Gesamtwerk veröffentlicht. Der Erstling nennt sich "black bared trees" und erschien im Jahr 2000. Dazwischen verewigten wir unsere Werke auf diversen Samplern wie "visions of metal, vol.1", astan magazin sampler, arising realm magazin sampler, etc. Über 80 Livegigs brachten uns mittlerweile nach Tschechien, Slowakei und leider erst einmal nach Deutschland.


Mit "der quell des lebens" besitzt euer aktuelles Album einen markanten Titel, welches textliche Konzept steckt hinter dem Werk?
Die Idee zum Titel der neuen CD bzw. dem darauf befindlichen gleichnamigen Song geisterte schon seit längerer Zeit in meinem Kopf herum. Mich stört der sorglose Umgang mit der Grundlage des Lebens, der in wasserreichen Regionen betrieben wird. Wenn man mit diesem Gut mehr als reichlich gesegnet ist, und das sind wir, dann verliert man irgendwie den Bezug dahingehend, dass es für viele Menschen nicht selbstverständlich ist, über ausreichend Trinkwasser zu verfügen. Im Text selbst wird das dahingehend aufgegriffen, dass wir unsere Lebensgrundlage selbst zerstören, da viele einfach nicht darüber nachdenken ("den quell des lebens, du selbst dir nimmst"). Eines steht fest, die nächsten großen Kriege werden ums kostbare Nass geführt ("wenn du dein leben, an ihn verlierst").
Menschen bekämpfen immer nur Symptome und viel zu selten die Ursachen; diese Kurzsichtigkeit kann man in vielen Bereichen des Lebens wieder finden, und wir wollen mit unserer Musik für solche Themen sensibilisieren.
Diese Thematik findet auch in der Covergestaltung seine Umsetzung, wo die Bandportraitfotos in einen ruhigen fließenden Teil einer Wasseraufnahme integriert sind, sozusagen der ausgewogene "passende" Teil, dem gegenüber steht eine dynamische Wasseraufwirbelung, die die Energie und die Unausgeglichenheit symbolisieren soll, wenn ein Gleichgewicht durch Sorglosigkeit aus den Bahnen gerät. Die Unendlichschleife, die sich über das gesamte Artwork legt steht für die Selbstreinigungskraft und Eigenenergieladung des Wassers. Acht offizielle Werke finden auf der CD ihren Platz. Dem "quell des lebens" wurde die 8 zugeordnet, weil sich daraus die Unendlichschleife herleitet.


Die Musik ist sehr theatralisch und vereinigt Anteile aus Musical, Death Metal und Gothic. Gibt es Wurzeln, die ihr gerne wässert?
Unsere Einflüsse sind sehr vielfältig. Wir hören Musik quer durch den "Gemüsegarten"; wir sind keine "reinen" Metaller, aber mit Sicherheit bewegen sich unsere Geschmäcker abseits des Radio-Mainstreams. Wenn wir Blumen gießen, dann kann ich hier gerne ein paar auflisten:
Pink Floyd, Ennio Morricone, Nick Cave, Tori Amos, Ludwig Hirsch, Radiohead, U2. Um der Szene Tribut zu zollen sollten auch Type 0 Negative, Paradise Lost, Moonspell, Theatre of Tragedy, Hypocrisy, Nightwish, und Evanesence erwähnt werden. Wir werden oft auch mit Bands verglichen bzw. als von Bands beeinflusst bezeichnet, die wir persönlich gar nicht hören oder oft sogar gar nicht kennen, womit man rein durch Auflistung einzelner beeinflussender Bands gar nie auf die Gesamtheit unserer Musik schließen kann.


Österreich ist musikalisch nicht gerade eine Hochburg. Gibt es genug Unterstützung, genug Auftrittsmöglichkeiten?
Leider ist das mediale Interesse und die österreichische Infrastruktur hinsichtlich der Unterstützung von Undergroundbands eher dünn, wobei nörgeln da nichts hilft; man muss sich halt selbst engagieren um etwas zu erreichen. In Anbetracht von Starmania und Popstars sollte man meiner Meinung nach jedoch schon mal sinnvolle Überlegungen anstellen.
An Locations mangelt es nicht, eher an Veranstaltern, die dem Underground eine reelle Chance geben wollen, ohne sich "einkaufen" zu müssen. Ich könnte mir vorstellen, dass es bei Internationalen Acts durchaus möglich sein sollte, dass jeweils ein Local Support engagiert werden kann. Es müsste dann halt auch für den Veranstalter aus wirtschaftlicher Sicht lukrativ sein, vielleicht könnte man da mit Förderungen einsteigen.


Prägend für die Songs sind die drei Stimmen (Erzähler, Sänger, Growler). Ist hier sofort klar, welcher Stil einen bestimmten Part übernimmt?
Nein, nicht immer. Wir tüfteln beim Songwriting ziemlich lange herum, da werden dann oft clean Parts gegrowlt bzw. umgekehrt. Das trifft auch auf die Erzählerparts zu. Man kann jedoch sagen, dass bestimmte Parts einfach gegrowlt werden müssen, da es die Musik einfach verlangt.





Das Werk ist durchzogen von tiefer Melancholie, teilweise scheint die Verzweiflung spürbar. Würdest du zustimmen, wenn ich von einem gefühlsmäßig negativem bzw. traurigen Album sprechen würde?
Ich möchte es eigentlich nicht als negativ bewerten. Es hat für mich eher ausgleichenden und stellenweise beruhigenden Charakter, wobei die Sichtweise des agierenden Musikers immer einen andere ist. In den härteren Parts bauen wir Aggressionen ab, somit könnte man sagen, dass die Musik eher mehr therapeutische Zwecke erfüllt, als negative Stimmung verbreitet. Sie stimmt mitunter nachdenklich, was jedoch keineswegs schadhaft sein kann.


Gerade Songs wie "der ast", der Titelsong oder "die krähe" sind sehr monumental dargestellt. Das Songwriting verzichtet trotzdem auf Überlagerung und setzt eher auf Stil und Tempiwechsel. Was steckt dahinter Songs über 8 Minuten zu zelebrieren?
Definitiv keine Absicht. Wir sind beim Songwriting von unserer Musik immer so gefangen, dass wir die Dauer absolut nicht mitbekommen. Erst wenn der Song fertig ist, wird die Zeit "gestoppt". Die Melodien brauchen einfach ihren Freiraum, die Vergangenheit brachte noch längere Epen hervor. Wir wollen aber kein Werk auf Hitcharakterlänge herunterkürzen.


Die Geschichten, welche in den einzelnen Stücken erzählt werden, haben etwas von einer Fabel. Ist es euch wichtig, gerade textlich den Hörer zu inspirieren?
Sehrwohl auch! Vor allem bei Texten wie "richtung", "das bin ich", "der ast", "sceptic", werden Themen wie Lebensweg, Persönlichkeit, Leben zeugen, Sterben und Glaube aufgegriffen. Das sind Angelegenheiten mit welchen sich jedermann mal auseinandersetzt. Unsere Texte sollen sicherlich auch als Denkanstoß verstanden werden. Einzelne Fragen wie sie z.B. "der quell des lebens" aufwirft, bedürfen einer persönlichen Antwort.


Der Verzicht auf klare Aussagen und die Verwendung von geflügelten Worten regt zum Nachdenken an. Wie wichtig ist dabei die instrumentale Untermalung in den "Erzählungen"?
Die Texte verlangen unterschiedliche Formen von Musik. Egal ob der Song oder der Text zuerst geschrieben ist, beides muss eine Einheit bilden, sonst funktioniert das bei so vielen Emotionen nicht. Die textlich offenen Aussagen werden durch die Musik genauer definiert, sie gibt eine Richtung vor die unsere Sichtweise widerspiegelt. Die "Erzählungen" leiten ein, bilden einen ruhigen Zwischenpunkt oder besiegeln das Ende eines Songs, und erzeugen durch ihre Klarheit die meiste Aufmerksamkeit, wo Musik es ermöglicht den nötigen Nachdruck zu verleihen.


In meiner Review hab ich geschrieben, dass eure Musik ohne die Growls nicht funktionieren würde. Dienen diese Growls auch als Abwehrmechanismus des Kitsches?
Nicht bewusst. Die Passagen, wo gegrowlt wird, kommen so einfach druckvoller rüber als mit cleanen Gesängen. Die Aussagen werden dadurch effektiver. Als Abwehrmechanismus ist es eigentlich nicht gedacht; womöglich aber dienlich für Schwiegermütter und Britney Spears Fans!


Was ist der Hintergrund des Kinderchors am Anfang von "Quell des Lebens"?
Das Intro ist von einer Theatergruppe aus Uganda, die durch ihr Land zieht, um auf die Notwendigkeit von sorgfältigem Umgang mit der Ressource Wasser hinzuweisen. Darüber singen sie. Das ist ihre Mission. Es passt thematisch genau zu unserer Aufgabenstellung und ereilte mich inmitten der Vorbereitungsarbeiten zum Album. Wenn sich hart betroffene Länder mit dieser Thematik auseinandersetzen, dann ist es in unseren Breiten schon mehr als notwendig. Das Intro ist sozusagen eine Hommage an die Mitglieder der Theatergruppe, damit sie nicht ungehört verschallen...


Wie sieht die Zukunft aus, wo wird man euch Live sehen?
Wir sind nach wie vor bemüht ein Plattenlabel zu finden, dass unsere Qualitäten erkennt, und unserer individuellen Musik die entsprechende Basis für den Fortschritt bietet. Dies ist die eigentliche Kernaufgabe. Livegigs zu spielen was das Zeug hält, gehört da natürlich auch dazu, und all unsere weiblichen Fans mit der no pride unterwäsche aus unseren Fanshop auszustatten sowieso ;o)

Die nächsten Liveauftritte sind:
01.01.2005 München, Club Titanic City bei "new years evil party"
05.03.2004 im Jazzkeller Krems (Österreich)
und Anfang März im "the monastery" im Zuge eines "decadance-festivals" in Wien.
Aktuelle Daten kann man unter www.nopride.at in Erfahrung bringen.


Wie würdet ihr einem MTVIVA Moderator eure Musik beschreiben?
Hm, gute Frage. ich würde ihm unsere CD vorspielen, und wahrscheinlich die Standarderklärung aus dem Hut ziehen: ..atmosphärische, abwechslungsreiche, melodische Mischung, die dem Gothic- Death- und in manchen Stellen möglicherweise auch dem Blackmetal zuzuordnen wäre. In den Songs findet sich eine vokalistische Vielfalt aus Clean- und Grunt-Gesängen sowie auch Sprech- Passagen wieder, die zum nachdenken, träumen und abreagieren anstiften.. Da ist dann glaub ich alles drinnen, was man so brauchen kann.