ANUBIZ "17" (Goth/Doom Metal)
(Nicrothal Records)

Während der allgemein bekannte Goth Metal sich immer opulenter und poppiger gibt, bleibt es jetzt wohl nur dem Underground belassen, ein Genre noch zu retten. Momentan kenne ich kaum eine andere Band, welche derart geschickt den Spagat zwischen Düsternis und Härte, zwischen Hymne und Brachialität beherrscht. Dass diese Band mit Leichtigkeit Bands wie Nightwish und Konsorten hinter sich lassen könnte, ist hoffentlich nicht nur meine Meinung. Gott sei Dank begeht die Band aber den "Fehler", ihre Soundkreationen mit einem gehörigen Maß an Doom Metal zu zelebrieren. Dass man gesangstechnisch in männlichen Growls auch Death Metal Einflüsse glänzen lässt, macht sie endgültig gänzlich ungeeignet für VIVA-Goth Metal.
Anubiz sorgen auf ihrem dritten Werk erneut für bedrückende Stimmungstiefen. Die Texte sind beseelt von Alpträumen, in die man seinen ergsten Feind nicht entschlafen lassen möchte. Die Lieblichkeit des hellen Gesangs von Carolin läuft konträr zum Text, und Tieftöner Jörg growlt sich mit abgedrehter Vehemenz in romantisches Songwriting. Ein Widerspruch? Mitnichten. Der Aufbau von Spannungsbögen gelingt mit dezent verruchten Zwischenspielen oder soundtrackartigen Intros. Erst wenn man sich das Album mehrmals zu Gemüte führt, sticht der Facettenreichtum heraus. Als Beispiel sei mal "Sonnenwende" genannt. Genau passend die zurückhaltende Instrumentierung, die Heftigkeit beim Einsetzen der Growls, die Verspieltheit im Refrain, die Ruhe im Mittelteil. "Winternacht" zeigt die siebenköpfige Band von ihrer eingängigen Seite. Unterschwellig spürt man das Feeling für den Dark Wave. "Die fremde Saat" fesselt von Beginn an durch die weibliche Eleganz, was die Saiten fortan offenbaren, ist nicht nur durchdacht, es ist die perfekte Untermalung einer dunklen Rock Oper. Kommen wir zum Song, der mich von der Realität entrückte. Der Opener "ein letztes Mal" ist ein Stück, das in wunderschönen Depressionen ein Gefühl der Geborgenheit in Einsamkeit zeichnet. Zwischenspiele wie aus "Halloween" entnommen, Endzeitromantik in schwärzlichstem Glanz offenbart. Danach die Einleitung zu "Abschied", harmonisch und durchdringend, dann der Einsatz der weiblichen Stimme. Nachdem des Hörers Herz durchlöchert, lässt man die Saiten brachial die Friedhofsruhe stören. Die deutschen Texte sind zwar nicht frei von Pathos, aber sie verzichten weitestgehend auf Reime, das scheint ja vielen in Deutsch singenden Bands abzugehen. Da wir aber alle keine Pumuckl's sind, ist mir diese Art von betörenden Texten, die in Gedichtform weitab von Wilhelm Bush daherkommen wesentlich lieber. Wenn die männliche Stimme in Rezitation verfällt, kommt man sich vor, wie inmitten einer Beschwörungsformel. Und wie man musikalisch die Texte/Stimmen begleitet/unterstützt ist schon ganz große Kunst. Vergeblich wartet man auf einen Ausrutscher, aber Anubiz bietet nicht mal den Ansatz zu einer negativen Kritik. Als vorletzten Song einen mit Ecken und Kanten versehenen Song wie "Die Tat" zu bringen und ihn mit einer derart verspielten Ader pulsieren zu lassen, macht einfach Spass. Spass immer auf Bezug für Ohren, welche die Dunkelheit mit flirrenden Riffs zu paaren wissen. "Schwarzer Schatten" beschließt das Album und lässt die gesanglichen Protagonisten noch mal zum Duett antreten. Das Keyboard unterstützt den Kampf freudig, die Gitarren und die Drums setzen ihre Aggressivität ein, um Beiden die Umarmung in tiefster Harmonie zu empfehlen. Wut, Verzweiflung, Hingabe, Aufgabe. Ein Werk, welches mit Gefühlen spielt, sie dabei immer würdigt und mit einer musikalischen Vehemenz begleitet, welche auf dem ersten Ohr leicht beschwingt, auf dem zweiten Ohr bedrückt entseelt. Kopf-, Herz- und Seelenmusik einer ganz besonderen Band. Info: www.anubiz.de (andreas)


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