V.A. "Lightwaves" (Romantic Wave/Heavenly Voices)
(Kalinkaland)

Hyperium ist tot, es lebe Kalinkaland. Ich kann mich nicht erinnern, dass es in der jüngeren Vergangenheit ein Label gab, welches derart eng mit einer bestimmten Musikrichtung verbunden war wie das Hyperium Label. Mit dem Ende des Labels schien auch dieses Genre in Vergessenheit zu geraten. Ein großes Problem bestand auch darin, dass die noch existierenden Bands irgendwo ein neues Zuhause fanden, in dem sie aber als Randgruppen Musik bezeichnet wurden, ausländische Bands/Labels fanden teilweise gar keinen Vertrieb mehr. Kalinkaland gelingt es, diese wunderschöne Musik wieder geballt der Öffentlichkeit zu präsentieren und gleichsam erfahrene Leute an den richtigen Stellen zu haben, deren Liebe zur Musik noch über kommerzielle Interessen liegt (rein persönliche Meinung ohne Kenntnis von Bankkonten und Hierarchien).

Der aktuelle Sampler ist ein Beweis dafür, wie Vielfältig der Romantic Wave sein kann und wie Ländergrenzen überschreitend er existiert. Bands wie OPHELIA'S DREAM, BLACK TAPE FOR A BLUE GIRL, UNTO ASHES oder STOA setz ich mal als bekannt voraus und eigentlich sollte man auch keine andere Band besonders hervorheben, doch lasst mich eine Ausnahme machen. Es sind "ELANE" aus Deutschland. Eine Stimme voller elegischer Hingabe (mal flüsternd, mal durchdringend, mal lieblich), eine Melodie, welche den Folk Pop neu zu erfinden scheint und ein Stück dessen eleganter Charakter lieblich glänzt. Dieses bis ins kleinste Detail perfekt intonierte Stück ("Crystal clear water") besitzt eine derart faszinierende Anziehungskraft...., man kann sich dieser seichten Melancholie, der betörenden Atmosphäre einfach nicht entziehen.

Dunklen Piano Wave zelebrieren die Italiener ALL MY FAITH LOST, welcher von dunklen weiblichen Stimmbändern intoniert wird. Die dunklen, teils geflüsterten Vocals erzeugen eine leicht bedrückende Atmosphäre und lassen die Romantik ein wenig morbid erscheinen. Die Amerikaner von AUTUMN'S GREY SOLACE rücken die melancholische Komponente ins Licht, bleiben aber voller Schwermut. Aus dem gleichen Land kommt JO GABRIEL, dessen musikalischer Teppich an Tori Amos erinnert und dessen Stimme als einzigartige Mischung aus Tori und Kate Bush daherkommt. Etwas exotischer wird es mit Ukrainern von FLEUR und auch musikalisch geht man ein wenig schräger in den Song bevor man sich einer Melodie hingibt, deren spielerisches Keyboard einen Teppich bildet auf dem eine Flöte bittere Tränen weint. Trotz eingestreuter Ruhepole gehört dieses Stück eher in den Up-Tempo Bereich des Samplers. Die Akustik-Gitarre darf dadurch ruhig auch mal etwas heftiger gezupft werden. Bei den Bulgaren IRFAN liefern Streicher ein dramatisches Intro, bevor verwegene Percussions den Weg weisen in ein chorales Intermezzo zwischen Oper und Klassik. Von der Stimmungslage sicherlich eines der depressivsten Songs. TERADELIE aus Frankreich lassen sich von einer Langsamkeit treiben und instrumentieren den Song dezent minimalistisch. Die Bedrohlichkeit samt ummantelt von Trauer. Etwa gleich geartet sind die Australier von ARTEMIS, allerdings beherrscht das Mikro hier mal warmer männlicher Gesang. Das Ende dürfte viele überraschen. Es handelt sich um 1972, das Projekt von Leander Körfer, der im letzten Jahr einen absolut bedrückenden Soundtrack ("Coma") gegen Tierversuche veröffentlicht hat.

Fazit: Fragmente der Schönheit zusammengefasst im Buch der Harmonie. "Lightwaves" ist der vertonte Herbst. (andreas)