MAINPOINT "Planet Paradise" (Goth Rock)
(Eigenproduktion)

Irgendwie lange her, dass ich über eine Eigenproduktion im Goth Rock Bereich schreiben durfte. Scheint, als wären alle mit irgendwelchen Knebelverträgen an irgendwelche Labels gebunden. Allerdings hatte die Band, die '96 in Rostock das Licht der Welt erblickte, auch schon einen Vertrag in der Tasche, und zwar mit Morbid Records, dort wurde 2000 auch ihr Debüt "Heaven/Earth" veröffentlicht und dort sollte auch das aktuelle Werk erscheinen. Probleme bei der VÖ führten dazu, dass man sich entschloss, den Release aus eigener Kraft zu realisieren.

Soweit zur Vorgeschichte, kommen wir nun zum Wesentlichen, der Musik. Das Quartett ist eindeutig im Goth Rock zu Hause, verbindet dabei Old School mit modernen Melodielinien. Wenn ich schreibe, es ist ein sehr atmosphärisches, teils balladeskes Album, werden mich die Leute beim Hören der ersten Songs für verrückt erklären (hätten sie in gewissen Schattierungen meines Daseins auch Recht), denn nach einem theatralischen Intro herrscht durchdringender Dark'n'Roll, während der Folgesong "a strange day" gar punkige Züge aufweist und auch das ein verspieltens Gitarrensolo beinhaltende "red god" ist sehr druckvoll arrangiert. Aber spätestens bei "sober" regiert die Melancholie, eine düstere Schwermut legt sich nicht nur über die Stimmbänder, auch die Saiten werden ein wenig in Moll gepackt, bleiben aber ihrer klaren Linie treu. Wer also Goth Rock mit verwaschenen Gitarren erwartet, wird eines besseren belehrt. In Verbindung mit den treibenden Drums könnte man auch von gemäßigtem Goth Metal sprechen. Das folgende Instrumental erzeugt das Bildnis eines verregneten Novembertages in des Hörers Kopf. Fortan regiert eine fast bedrückende Düsternis das Werk. Die Saiten werden zum Pinsel für traurige Klanggemälde. Die Ruhe kehrt ein, ein Trauerflor legt sich über die immer noch eingängigen Melodien. Sänger Axel wird von hellen, weiblichen Vocals begleitet. Dieses "all these bad lies" sollte allen denjenigen als Beispiel dienen, die meinen, derartige getragene Musik funktioniert nur mit schmachtendem Pathos und klischeehaftem Klonen. "Seven Numbers" ist von dramatischem Songwriting bestimmt, der Ruf der Melancholie wird zum Schrei der Verzweiflung. Ganz dezente elektronische Spielereien vervollkommnen das Werk. "Paradise" ist wieder etwas aggressiver konzipiert, besitzt aber diesen elegischen Ruhepol. Der Refrain wird dann vom betörenden männlich/weiblichen Wechselgesang beherrscht. Einen derartigen Song würden andere sofort als Single veröffentlichen, auf diesem Album erscheint es als verstecktes Juwel. "Dark deep down" zeigt Alex dann von seiner rauen Seite, die Instrumentalisierung wird wieder härter. Die Verbindung von gegrowlten (angedeutet) Schrei Vocals und cleanen, melodischen Gesang erinnert an Crematory, während der Song ein wenig an Secret Discovery erinnert. Das verträumte, mit einer tränenreichen Violine verzierte "for a child" bildet den perfekten Schlusspunkt eines durchgängig tollen Albums, welches facettenreicher nicht sein könnte. Kurze Vergleichskunde: Die ruhigen Songs erinnern an Dreadful Shadows, The Cascades oder 69 Eyes, die heftigeren Stücke an Moonspell oder Paradise Lost ohne Pop. Weitere Infos erfahrt ihr unter www.mainpoint.de (andreas)