Zillo Festival 16.+17.06. in Losheim/Saar

Bericht von Andreas:

Allgemeines

Nachdem das letztjährige Zillo ausfiel, hat man nun mit dem Gelände am Losheimer See ein neues Zuhause gefunden. Beeinflußt vom fast zweitägigen Regen lief auch organisationsmäßig nicht alles glatt. So gab es am Samstag verspäteten Einlass und auch die Bändchenausgabe lies eine wartende Schlange die ersten Bands verpassen. Aufgrund des aufgeweichten Bodens konnte ein Zusatzzelt nicht aufgestellt werden. Hier sollten einige Mittelalterbands spielen und eine Disco stattfinden. Das fiel alles förmlich ins Wasser. Ansonsten gab es auch bei der Anreise am Freitag auf dem Campingplatz einige Unstimmigkeiten. Für mich persönlich war es pure Ironie, trotz des schlechten Wetters am Samstag einen heftigen Sonnenbrand im Gesicht zu bekommen.



Der erste Tag
Mit einer dreiviertel Stunde Verspätung betraten die melancholischen Elektroniker von INSCAPE die Szenerie. Ihr Beginn fand fast gleichzeitig mit dem Einlass statt, so daß nur wenige Gestalten den Weg zur Bühne fanden. Die Band machte das beste aus der Situation und begann mit dem bekannten Opener "quenbee". Bevor man mit Neonsonne erstmal die härteren Beats auspackte. Der melodisch, dunkle Gesang wechselte zwischen Deutschen und englischen Texten, wobei besonders der Song "Alligatorenfest" mit seinem, von böser Ironie geprägten Text in Erinnerung blieb. "mach mich kalt" und das energische "Leck mich" beendeten den Auftritt. Nun war es Zeit für die neuen Presselieblinge aus Amiland.

THE CRÜXSHADOWS (siehe Abb.) konnten erstmals die Fans richtig mitreißen. Häuptling Spitzhaar am Mikrofon überzeugt mit seinem tiefen Organ. Die Musik ist von einem dunklen, treibenden Beat beeinflußt. Das Besondere war die überzeugend gespielte Violine, welche die Band vom sonstigen elektronischen allerlei abhebt. Der Sänger erwies sich zudem als wahres Energiebündel und sprang des Öfteren wie wild über die Bühne. Lag aber auch mal ganz still da und lauschte einem Violinensolo. Am Schluß übernahm er dann höchstselbst das Streichinstrument. Mit Sicherheit eine Band von der man noch viel hören wird. Danach ging es mit elektronischen Klängen aus Norwegen weiter. ICON OF COIL spielen 80er EBM der neuen Generation. Dazu paßte auch die Bühnenpresentation mit zwei Keyboardern und einen Sänger. Letzterer überzeugte mit melodiösem Gesang, welchen er zwischen den ersten Nebelschwaden hindurch intonierte. Am Schluß gab es mit der Covenant Cover Version von "figurehead" einen Vorgriff auf dem zweiten Tag. Die stark vertretene Elektro Fraktion unter dem Publikum konnte zum erstenmal ausgelassen das Tanzbein schwingen. Elektronischer Düster Wave von der besseren Sorte lieferten DIARY OF DREAMS (siehe Abb.).
Das Gesangsduo war perfekt von X-tra eingekleidet worden. Und auch Schminktechnisch bediente man das Gruftie-Klischee. Das hat ihr atmosphärischer Synthiesound eigentlich gar nicht nötig und wirkte auch beim kurzen Erscheinen der Sonnenstrahlen fehl am Platze. Düstere, aber immer eingängige Melodielinien und die Mischung aus traurig, wehklagenden und rauhen, tiefen Gesang bestimmten ihr Set. Besonders kamen das bekannte "Mankind" und das Schlußstück "Butterfly Dance" an. Die Leute hinter und auf der Bühne hatten sich kräftig ins Zeug gelegt und beim Auftritt von CLAN OF XYMOX war man wieder im Zeitplan. Erstmals wurde auch ein Schlagzeug auf der Bühne sichtbar. Die Band spielte sehr viele Stücke aus den 80ern wie "a day" oder "stranger". Typisch für die Band ist das Bewegungsspektrum, welches auf die Größe eines Bierdeckels schrumpft. Auch sonst bietet man kühle Zurückhaltung und läßt einzig die Musik wirken. Als nächstes war dann Zeit für die Österreicher von L'AME IMMORTELL. Ihr Set bestand aus den Hits ihrer vier Alben. Soja überzeugte mit ihrer lieblichen Stimme, die als perfekter Kontrast zum düsteren, teils harten Industrial dienen. Mastermind Thomas sorgte für die Schrei Vocals, bewies aber auch, daß er die melodischen Gesangslinien mittlerweile auch Live hin bekommt. Warum er dazu seine Hose auflassen muß, ist mir nicht bekannt. Ein gelungener Auftritt, der seine Höhepunkte in "Bitterkeit" oder dem melancholischen "Life will never be the same" hatte. Atmosphärischen Gothic mit einem Hauch Metal bekam man dann von den Finnen AMORPHIS geboten. Die Songs vom aktuellen Album "am Universum" wurden Live wesentlich härter dargeboten. Mittlerweile hatte auch die Dunkelheit Einzug gehalten. So konnte man neben den sphärischen Metal Klängen auch eine Light Show bewundern, welche die einzelnen Songs perfekt einrahmte. Die Nebelschwaden und der düstere Himmel taten ein Übriges. Zu später Stunde überzeugten dann die ruhigen Songs. Danach betraten die Chartstürmer von PROJEKT PITCHFORK die Bühne. Sänger Peter Spylles schien nicht so gut drauf und sang seine Lieder fast emotionslos. Einzig der Keyboarder sorgte für Bewegung. Ihr Set bestand aus vielen neuen Songs wie "timekiller", ließ aber auch ältere Kracher mit einfließen. Diese schienen mir aber ein bißchen poppig aufgemotzt. Der verquere Charme früherer Tage ist auf Kosten eines eingängigen Sounds gewichen. Dieses ließ nach kurzer Zeit ein wenig Langeweile aufkommen. Und auch die Fans schienen nicht all zu begeistert. So blieb am Schluß eher das visuelle Erlebnis der perfekten Lichtspiele in Erinnerung. Dann hieß es: Vorhang auf, für die Spätvorstellung. VELJANOV und seine Musiker betraten gegen 1.30 Uhr die Bühne. Bereits der Opener "sweet Life riß das Publikum zu wahren begeisterungsstürmen hin. Während der Songs war es eine schweigende, den Klängen lauschende Masse, welche nach jedem Stück in wilden Applaus verfiel. Ganz ruhig war es auch bei "Jezebel", welches VELJANOV in unnachahmlicher Weise intonierte. Er spielte förmlich mit seinen Stimmbändern. Eine traurige Stimmung verbreitete er mit den in deutsch gesungenen "das Lied vom traurigen Mädchen". Sichtlich gerührt ob der Begeisterung verfiel er mit dem in seiner Heimatsprache dargebrachten "Blag Zhivot". Es war fast das gleiche Programm wie bei seiner Club Tour in den zwei Wochen zuvor. Also viel von seiner aktuellen CD, deren Lieder zwischen schwelgerischen Pop und getragenen, sehr melancholischen Charme pendeln. In der Zugabe brachte VELJANOV noch eine Akustik Version von "return". Der erste Tag und ein Teil der Nacht waren damit vorüber.

Der zweite Tag
Der Beginn des zweiten Tages, sorgte bei mir für einige Verwirrungen. Aimless sollten zunächst um 11.15 Uhr spielen. Aufgrund des Ausfalls von Zeromancer wurde ein neuer Plan aufgestellt, und diese Band nach hinten verschoben (laut Plan vom Samstagabend am Zillostand auf 12.15 Uhr). Als ich gegen 11.45 auf dem Weg zum Gelände war, hörte ich bereits die ersten Klänge der Band. Grund für den jetzt doch frühen Beginn war, daß mit Ordo R. Equilibrium eine Band eingeschoben wurde, welche zunächst im Zelt auftreten sollte. Dieses wurde aufgrund des aufgeweichten Bodens allerdings nicht genehmigt. Eine halbe Stunde bekam ich schließlich noch von AIMLESS mit. Zwei Dinge bestimmen die Musik dieser Band. Da ist zum einen die wundervolle Stimme von Sängerin Sandra Meyer, und dann das hervorragende Violinenspiel von Daniela Grünewald. Beides zusammen gipfelte in dem energisch rockenden "Königssohn". Sandras Vocals wurden vor allem im Refrain in ungeahnte Höhen gehieft, daß man froh war, kein Glas in der Hand zu haben. Ansonsten wurden viele Stücke des aktuellen Silberlings gespielt. Leider fällt sie im Vergleich zum Debüt etwas ab. Die Songs wirken etwas zu seicht und verspielt. Danach wurden, wie oben erwähnt" ORDO R. EQUILIBRIUM eingeschoben. Diese Band hat schon einige Jahre auf dem Buckel und erinnerte mit ihren neofolkischen Songs an Bands wie "Death in June". In einigen Songs untermalte man das ganze mit einem etwas experimentellen Sound, was aber auch die Langeweile nicht vertrieb. Ein Auftritt der bereits bei der folgenden Umbaupause aus dem Kurzzeitgedächtnis gestrichen wurde. So hatte man genügend Zeit sich einmal bei den zu Genüge vorhandenen Ständen umschaute. Aufgrund der Preise blieb meine Geldbörse aber fest verschlossen. Obwohl man auch sagen muß, daß einige Händler ihre Preise am Sonntag deutlich senkten.
Von UNHEILIG wurde ich dann sehr positiv überrascht. Ihre Musik war mir bisher unbekannt, aufgrund des Labels hatte ich sie im Elektro Bereich angesiedelt. Die international zusammengewürfelte Band überzeugte aber mit straighten Gothic Rock. Besonders erwähnenswert ist ihr charismatischer Sänger "der Graf" (Sah zu Beginn auch so aus). Seine dunklen Stimmbänder glänzen vor allem, wenn sie die Botschaft kraftvoll intonieren. Zwischendurch kommunizierte er immer wieder mit dem Publikum und forderte zum gemeinsamen vertreiben der Regenwolken auf. Songs wie "willenlos" oder "sag ja" überzeugten mit ihrer düster, melancholischen Härte. Die Fans forderten auch begeistert eine Zugabe. Da dieses wohl nicht eingeplant war, bekam man zum Schluß noch mal ihren Song "sag ja" zu hören. Als nächstens waren LETZTE INSTANZ angekündigt. Und mit einer kleinen Verspätung betraten die Dresdener dann auch die Bühne am Losheimer See. Ihr Tourbus war kurz vor Losheim stehen geblieben, undso wurde die Band samt Equiqment mit schnellstens organisierten Ersatzgefährten zum Gelände bugsiert. Etwas gestreßtaber voller Elan begannen sie ihren Set, der fast ausschließlich aus Songs des aktuellen Albums bestand. Ruhige Songs wie "Kopfkino" oder "Mein Todestag" wurden ebenso dargeboten, wie die heftigen, mit einem Hauch New Metal versehenen, energischen Stücke wie "Gewissen". Zwischen den einzelnen Liedern wurde dann immer wieder um eine Mitfahrgelegenheit nach Hause gebettelt. Der , wie ein Harlekin geschminkte Sänger versteht es auch in den härteren Passagen die Songs mit seiner dunklen, melodischen Stim,me in eingängige Harmonie zu verwandeln. Immer wieder überraschend wie man dem körperlosen Cello gar wilde Töne entlockt. Zusammen mit der, vom wahren Teufelsgeiger malträtierte Violine entsteht eine folkige Atmosphäre, welche durch direkte Riffs und perfekte Knüppelarbeit am Schlagzeug die nötige Härte hinzugefügt wird. Dazu sorgt der Co-Sänger immer wieder für aggressive, stimmliche Ausbrüche im Rap Gewand. Auch wenn ich mir mehr alte Songs gewünscht hätte, war man nach dem obligatorischen Schlußsong "Das Spiel" von der gleichnamigen CD doch überzeugt von der Energie des Siebeners. Mit dieser Energie ging es weiter. Allerdings in anderer Form. Die Finnen von 69 EYES boten straighten Goth'n Roll. Der Sänger (siehe Abb. oberhalb) betrat die Bühne mit den Worten: "Fuckin Goth, this is Rock'n roll". Die anderen Mitglieder öffneten beim Betreten der Bühne mal schnell noch ein paar Büchsen Bier. Auch der Wunsch bei "Gothic Girl", ein solches für die Nacht zu ergattern, förderte das Sex, drugs and Rock'n roll Image der Band. Die teilweise düsteren Rock Songs wurden in energischer Weise dargeboten. Natürlich durfte auch "Brandon Lee" nicht fehlen. Der einsetzte Schauer schien die Band noch zusätzlich anzustacheln.
Danach folgte der wirklich überzeugende Auftritt von OOMPH. Sänger Dero (siehe Abb.), ganz in Rot gekleidet mit schwarzen Slips schien einen Flummi verschluckt zu haben. Er nutzte die ganze Bühnenbreite um seine Performance darzubieten. Von seltsam anmutenden Breakdance, bis hin zu wilden Gehüpfe fand er auch noch Zeit mit seiner markanten Stimme Songs wie "Ego" oder die aktuelle Single "Supernova" zu intonieren. Die Bühne wurde ihm aber dann doch zu eng. Was liegt näher als das Publikum mit einzubeziehen, flux ein stagediver in die Menge und sich tragen lassen. Was zweimal gut ging, scheiterte beim dritten Versuch und Dero nahm sein Bad nicht in der Menge sondern im Matsch. Von oben bis unten beschmiert hielt er trotzdem bis zum Ende durch und brachte auch noch den Hit "das weiße Licht". Als man schon begann die Bühne für die nächste Band herzurichten, betrat Dero nochmals die Bühne und brachte Acapella "wie schmeckt dir mein Herz". Als Taktgeber benutzte er das Mikrofon, welches er immer wieder demonstrativ gegen sein Herz klopfte. Dieser Energie geladene Auftritt gehörte für mich zu einem der Höhepunkte des Festivals. Etwas enttäuscht war ich danach vom energielosen Auftritt der Mittelalter-Rocker von IN EXTREMO. Allerdings hatten sie auch ein wenig mit den schlechten Sound zu kämpfen. Der Typ am Mischpult schien seinen Alkoholpegel ein wenig überschritten zu haben. Die Dudelsäcke waren zu laut, Gesang und Gitarre waren zu leise. Und auch Showmäßig war von den Barden schon besseres zu sehen. Einige Pyrotechnische Effekte und wild begleiteten Musiker gaben zwar ihr Mögliches, aber bei dem Sound war es ein Kampf gegen Windmühlen. Danach gingen ein paar Zillo Presente an die Leute mit den buntesten Regenschirmen und zwei Pappnasen, die sich auf der Bühne entkleideten. Passend zum Auftritt der Schweden COVENANT hatte man wieder ein astreines Sounderlebnis. Beginnend mit "Leiermann" und "dead souls" hatte man das Publikum sofort im Griff. Trotz des rutschigen Matsches vor der Bühne, tanzte die begeisterte Menge in wilder Extase. Eine perfekte Lichtshow und multimedia auf der Bühne boten auch was fürs visuelle. Natürlich wurde auch ihr Hit "figurehead" gespielt. Und zwar wesentlich besser als das Cover vom Vortag. Das Publikum war begeistert. Ich wußte gar nicht, das so viele extra wegen Covenant gekommen waren. Und so gaben sie auch noch zwei Zugaben und wurden frenetisch abgefeiert. Nun war es schon Zeit für den Schlußact. PARADISE LOST hatten das Privileg die Fans in den dunklen Alltag zu entlassen. Die Band spielte eine gesunde Mischung aus alten und neuen Hits. So kam man in den Genuß das "say just words" in einer moderneren Variente zu hören, während neuere Songs wie "Mouth" mit der Energie von früher dargeboten wurden. Überhaupt nichts zu spüren war von dem neuen Pop Image. Die Songs wurden mit straighten Riffs und perfekten Bass Arbeit wesentlich härter gespielt als auf der aktuellen CD. Insgesamt ein würdiger Abschluß des Festival-Wochenendes.

Fazit
Eine sehr ausgewogene Bandauswahl. Es war für jeden was dabei. Sehr positiv, daß auch die "kleinen" Bands eine Spielzeit von einer Stunde hatten. Das gibt es nirgends und kann zur ganz persönlichen Note für die nächsten Zillos werden. Bandmäßig gab es Gewinner und Verlierer. Zu den Gewinnern zählen OOMPH, VELJANOV, UNHEILIG und THE 69 EYES. Eher auf der Verliererstraße unterwegs waren ORDO R.EQUILIBRIO, PROJEKT PITCHFORK und IN EXTREMO. Natürlich nur nach persönlichem Empfinden. Organisatorisch lief leider nicht alles glatt. Einige Security Leute waren aber auch wirklich schlecht informiert. Warum der Bändchenstand erst so spät öffnete (der verspätete Beginn des Programms ist mit dem Wetter zu erklären) wird wohl ein Geheimnis bleiben. Besucher, die am Freitag anreisten, wurden auf entlegene Parkplätze geschickt und über dieweitere Prozedur im unklaren gelassen. Die Getränkepreise, waren O.K., wenn auch gehobener Standard. Die Preise fürs Essn, waren total überteuert. Hier tat sich besonders der vegetarische Wagen hervor. Was die verlangten, war unverschämt. Die Händler fühlten sich beschissen, weil man ihnen 16000 (angeblich) Besucher versprach. Insgesamt sind ca. 8000 Leute da gewesen. Viel mehr sollten es aber auch nicht werden. Das Gelände ist schön gelegen, und wenn das Wetter mitspielt kann man auf die Rutschpartie vor der Bühne im nächsten Jahr verzichten. Hier hätte man mit Sägespänen eine Gefahrenquelle ausschalten können. Wenn im nächsten Jahr die organisatorischen Probleme beseitigt werden und es erneut ein derart gelungenes Programm gibt, steht der Fahrt nach Losheim nichts im Wege.