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NENIA "C'alladhan" (Dark Folk)
(Trisol/EFA)

Uihuihuih, da wandert aber jemand auf einem ganz schmalen Grat zum Kitsch. Wenn ich die Texte mal außer acht lasse, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass meine Eltern hierzu im Takt schwingen. Verspielte klassische Eleganz trifft auf einen warmen, von tiefer Melancholie geprägten Gesang. Erkennen tut man ihn sofort. Derart zerbrechlich kann nur Anne Varney von Sopor Aeternus singen. Man pendelt zwischen Disney Soundtrack und tiefer Melancholie. Die lieblichen Gesangsknospen stehen in konträrer Existenz zu den morbiden Texten. Musikalisch erlichtet man die tiefe Finsternis mit tausend Kerzen aus Cello, Violine, Oboe, Klarinette usw. Eingehüllt in träumerische Klanglandschaften steigt man in den Bus der Trauer. Jede Haltestelle besetzt mit Zwischenspielen der Schwärze, das andauernde Überholen der dezent dahin schleichenden Leichenwagen wird mit einem melodischen Parfüm in erträgliche Todessehnsucht gepackt. Die dunkle, folkloristische Reise endet in tiefen Abgründen. Je weiter man in dieses Album eintaucht, desto mehr verliert der Liebreiz seinen Charme und die dunklen Mächte der Depression schwingen das Zepter. Jeder Song, jeder Takt zieht einen tiefer in das feuchte Grab. Annes warme, mystische Stimme und die kristallklare Verzweiflung von Constances Stimmbänder in Verbindung mit barocker Klassik sind wie ein Trauermarsch durch Ground Zero. "Der See des Vergessens" könnte eine Komposition von Ralph Siegel sein, bevor er die Rasierklinge in abgedrehter Harmonie durchs Handgelenk gleiten läßt. Den Zombies gleich tanzen wir um den Grabstein, die schwarze Messe ist längst vorbei, die Erinnerungen werden in unserem Unterbewußtsein begraben und im schweißgebadeten Aufwachen merken wir, dass die Melodie von Nenia unsere Gedanken lenkt. Ist der Tod der einzige Zufluchtsort des Lebens?? (andreas)


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