EISHEILIG "Imperium" (Gothic/Dark Metal)
(Drakkar Records)

Nachdem EISHEILIG auf ihrer letzten Scheibe "Auf dem Weg in deine Welt" relativ sanfte Töne anschlug, geht die Band nun auf "Imperium" ziemlich brutal zur Sache: Wutschnaubende Gitarrenriffs, zornige Schlagzeug-Attacken, kalte elektronische Kulissen und der düstere Sprechgesang von Dennis Mikus dominieren die zumeist recht ungemütliche Musikreise der aktuellen Veröffentlichung. Dass EISHEILIG ein äußerst bedrohliches Klangungetüm erschaffen hat, liegt natürlich nicht zuletzt an dem bitterernsten Thema, das die Gruppe in ihren Texten schwerpunktmäßig behandelt. Denn über den Skandal, dass rund eine Milliarde Menschen hungern, lässt sich eben auch kaum beschaulich klimpern.

Bereits der Titel des atmosphärisch dichten und dunkelschwer rockenden Eröffnungssongs "Imperium der Schande" macht deutlich, dass sich EISHEILIG der Kapitalismuskritik Jean Zieglers verpflichtet fühlt. Ziegler, der jahrelang UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung war, hat vor ein paar Jahren ein Buch mit dem besagten Titel vorgelegt. In dem Buch wirft er etlichen transnational agierenden Wirtschaftskonzernen vor, ein Herrschaftsimperium errichtet zu haben, das für den Hunger auf der Welt maßgeblich verantwortlich ist.

Während EISHEILIG dieses politische Thema beim Auftaktsong noch mit einer gewissen feierlichen Nachdenklichkeit behandelt, ruft die Gruppe im anschließenden brachialen Eruptivsong "Lauft" zum unnachgiebigen Kampf gegen die herrschende Weltwirtschaftsordnung auf. Dabei kritisiert EISHEILIG auch, dass die meisten Menschen dem gierigen Lebensmotto des "Höher-Schneller-Weiter" verfallen sind, wodurch das wirtschaftliche Monster weiter genährt wird, dessen ausbeuterische Herrschaft doch eigentlich im Interesse der Ärmsten der Welt beendet werden müsste. Die brisante politische Botschaft von "Lauft" wird musikalisch schlichtweg grandios in Szene gesetzt. Bei dem Track handelt es sich auch aufgrund seines atemberaubenden dramaturgischen Aufbaus um den wohl stärksten Song der Scheibe.

Auch im weiteren Verlauf gelingt es EISHEILIG, ihr ernstes politisches Anliegen in überaus würdige Klänge zu packen. So appellieren die Polit-Aktivisten beim langsam rockenden Song "Erben der Erde" an die junge Generation, sich nicht länger vor den Karren des herrschenden dekadenten Konsumfetischismus spannen zu lassen, sondern stattdessen für wahre Werte im Zeichen einer globalen Mitmenschlichkeit einzutreten. Das Lied begeistert insbesondere durch seinen erhabenen und emotional sehr berührenden Refrain. Zudem kann die Nummer gegen Ende durch eine wundervoll sphärische Instrumentalpassage punkten. Kurzum: Das Stück hätte das Zeug dazu, die offizielle Hymne von Attac zu werden!

Dass die Bandmitglieder von EISHEILIG keine naiven Zukunftsoptimisten sind, wird nicht zuletzt im getragenen Song "Das letzte Gericht" deutlich. Tatsächlich scheint der Text des apokalyptisch anmutenden Stücks darauf hinweisen zu wollen, dass es wohl mehr als fraglich ist, ob der Kampf für eine bessere Welt wirklich in naher Zukunft von einem durchschlagenden Erfolg gekrönt sein wird. Doch selbst im Fall des Scheiterns steht fest, dass dieser Kampf nicht vergebens ist. Denn alle am Kampf beteiligten Menschen stärken langfristig das Ideal und die Realität universaler Solidarität und können zudem nach dem Tod darauf hoffen, in einem transzendentalen und überzeitlichen Kontinuum Frieden und Gerechtigkeit zu finden. Aus der metaphysischen Perspektive dieses Textes hätte dann freilich auch die angeblich unmittelbar bevorstehende Apokalypse ihren Schrecken verloren. Bei all dieser religiösen Gedankenschwere sollte die ebenfalls beachtenswerte musikalische Ebene des Songs nicht vergessen werden, denn die Band arbeitet hier - wie übrigens sehr oft auf dieser CD - überaus wirkungsvoll mit Chorgesängen. Direkt im Anschluss bietet EISHEILIG mit "New World Order PT.2" einen kurzen filmmusikartigen Wundersong, der besonders durch seinen lautmalerischen Frauengesang immens zu verzaubern vermag.

Gegen Ende der Scheibe wird mit dem bombastischen und dynamischen Hammersong "Blut der Wölfe" nochmals mächtig Gas gegeben. Gleichzeitig eröffnet die Band bei diesem urgewaltigen Musikstück erneut eine idealistische Perspektive auf eine wirklich freie Weltgesellschaft, die ohne Ausbeutung, Hass, Krieg und Unterdrückung auskommt. Doch auch bei diesem Track macht EISHEILIG deutlich, wie wichtig es ist, dass jeder Mensch selbst herausfindet, ob er der vorgetragenen Fundamentalkritik an den herrschenden politischen Verhältnissen beipflichten kann oder nicht. Denn ganz allgemein ist es eine der zentralen Botschaften der CD, sich selbst schlau zu machen, was wirklich Sache ist.

Unterm Strich hat EISHEILIG mit "Imperium" ein sehr durchdachtes Konzeptalbum vorgelegt, das sowohl in musikalischer als auch in politischer Hinsicht stark beeindruckt. Ein paar Jahre nach der genialen Jahrhundertscheibe "Elysium" gelingt der Band doch tatsächlich das Wunder, abermals ein außergewöhnlich packendes Klangkunstwerk vorzulegen. Und so gehört auch "Imperium" in den Kreis der wichtigsten Musik-CDs des neuen Jahrtausends! www.eisheilig.de (stefan)


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