GUNS N' ROSES "Chinese Democracy" (Rock)
(Geffen)

"China" + "Demokratie"? Passt nicht zusammen. "GUNS N' ROSES" + "Chinese Democracy"? Passt eigentlich auch nicht zusammen.

15 Jahre nach dem letzten Release der (damals) legendären Hard Rock Band GUNS N' ROSES legt Axl W. Rose sein Solowerk mit wechselnden Künstlern vor und verkauft es unter dem Banner GUNS N' ROSES. Genau da liegt der Fehler. Was Axl in den letzten 15 Jahren musiziert hat, hätte nie unter dem Namen seiner ex-Band veröffentlicht werden dürfen, da es mit der Mucke und dem Spirit der Band von damals nichts mehr zu tun hat. Vielmehr läuft der geneigte Altfan ins offene Messer und bekommt (mit etwas Abstand betrachtet) guten Rock mit teilweise bombastischen Untertönen und viel gute Melodien serviert, die einem Axl Rose-Soloalbum sehr gut zu Gesicht gestanden hätten. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich erwarte kein "Appetite for Destruction Part 2" oder "Use your Illusion III" (schließlich lagen zwischen den Alben damals stilistisch Welten), denn ohne die dazugehörigen Musiker ist dies sowieso ein hoffnungsloses Unterfangen, aber ich erwarte nach so vielen Jahren nicht weniger als ein Hammeralbum. Es ist ja schließlich nicht so, dass Axl die Tracks mal eben im Studio hätte schreiben müssen, weil die Deadline drückt, harghhargh.

Der Opener und Titeltrack rockt gut und wächst, wie das ganze Album auch, mit jedem Hören. Es ist auch schön, Botoxls Stimme mal wieder zu hören. "Shackler's Revenge" ist ein moderner Track geworden, dem ich über die gesamte Laufzeit nichts abgewinnen kann und der für mich verzichtbar gewesen wäre. "Better" ist der erste Song, bei dem Axl's Melodien voll ins Schwarze treffen und "Street of Dreams" kann durch die orchestrale und Klavierbegleitung punkten. "If the World" klingt wie 70er-Jahre -Porno-Disco und ist der schlechteste Track der Scheibe. Dann folgt aber gleich einer der besten Tracks, denn "There was a Time" hat Melodie, Bombast, zur Abwechlsung gute Soli und erinnert ein wenig an "Estranged". Ob "Catcher in the Rye" mich aufgrund des Titels an die BEATLES erinnert weiß ich nicht, aber der Einfluss ist definitiv vorhanden. "Scraped" und "Riad N' The Bedouins" sind wieder moderne Rocker und nicht schlecht und nach dem saublöden "Sorry" folgen mit "I.R.S." und "Madagascar" die beiden schon bekannten Tracks, die auch sehr geschmeidig ins Ohr gehen. "This I Love" ist dann wieder eine Hammerballade, die beinahe schon Musical-mäßig klingt und der Midtemporocker "Prostitute" schließt die 70 Minuten angenehm, aber unspektakulär ab.

Wen man auf dem Album am schmerzlichsten vermisst, ist definitiv Slash. Hätte er auf dem Album die sechs Saiten zum Vibrieren gebracht, wäre automatisch ein höherer Rock'n'Roll-Faktor zustande gekommen, aber die beteiligten Gitarristen haben einfach dieses Gefühl nicht und verleihen den Songs keine Emotionen. Gefühle kommen am ehesten auf, wenn Axl zum Klavier singt. Aber auch Axls Gesang stößt des Öfteren an Grenzen, die ich nicht zwingend schön finde, denn manchmal geht er verdammt hoch und ab und an klingt es, als hätte man auf der Festplatte noch einen Schrei oder BEE GEE-Refrain gefunden, den man unbedingt noch einbasteln wollte.

Die lange Produktionszeit hört man dem Album an und an manchen Stellen klingt es für mich totproduziert und seelenlos. Ein besonderes Schmankerl sind dann die Credits, bei denen man sehen kann, wer bei welchem Tracks mitgespielt hat und vor allem, wer die Vocals von Axl recorded, engineered, re-edited und processed hat. Es steckt schon viel Technik in dem Album und wenig Rotz'n'Roll und organische Alben klingen anders.

Man sollte dem Album ein Ohr leihen, denn wenn man erst mal akzeptiert hat, dass es sich in keiner Weise um ein typisches GUNS N' ROSES-Album handelt (obwohl es das eigentlich nicht gibt), kann man so manche Perle entdecken, die sich zu hören lohnt, auch wenn es nicht das erwartete Hammeralbum geworden ist. Wegen der Vollständigkeit hier der Weblink: www.gunsnroses.com. (chris)


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