REBENTISCH "Intimität" (E-Dark Pop)
(Eigenproduktion)

Dieses Werk fristete sein Dasein längere Zeit auf einem Haufen von CDs, welche ich besprechen wollte, aber irgendwie wusste ich, hierzu braucht es Zeit und Muße und besondere Stimmungen. Ganz nebenbei hatte ich natürlich auch auf ein komplett neues Werk von Sven gewartet.

Nun gut, ich werde hier nicht auf das Gesamtwerk zurückblicken und neue Versionen mit Alten vergleichen. Gleich der Opener glänzt mit einer getragenen Traurigkeit. Sven selbst manövriert sich mit verspielter elektronischer Unterstützung in eine leicht klagende Traurigkeit. Getragen der Untergrund und darauf thront ein latent monotoner Sprechgesang, der klagt. Die Verzweiflung wird nicht nur durch Worte greifbar, auch dieser Faden des Leids manifestiert sich in Stimmbändern. Eine mystische Facette bekommt das Ganze durch rückwärts-gesprochene Zeilen. Dazwischen lodert der Funke der Lieblichkeit, dieser Funke wird am brennen gehalten, obwohl die Worte schon lange dem Mund zum ausblasen der letzten Flamme aufforderten. "Der Biss" könnte perfekt zum Club-Hit werden, der latent erotisierende Rhythmus, die monoton schleichende Melodie. Es scheint, als könnte bis zum Ende kein Haar die Atmosphäre krümmen. "Ich spür den Tod" ist ein erzähltes Kleinod voller Wahrheiten, im Mark der Worte kompromisslos. Sven begibt sich hier nicht zum ersten Mal auf ein Terrain, welches sehr experimentell daherkommt. Den Hörer kurz geschockt, vollzieht er sodann die andere Seite von REBENTISCH. Lieblicher Elektro, melodisch leichtgängig, konträr bleiben hier nur die Worte. Trotz aller vorhandenen samtenen Melodielinien befriedigt das Album kaum das Völlegefühl der stumpfen schwarzgekleideten Disco-Tänzer. In jedem Lied und fast mit jedem Wort wird das Gehirn gezwungen zu denken, nachzudenken. Die Erzählung "an deiner Seite" ist so messerscharf, dass eigentlich jegliche Interpretation sich im Kosmos der eigenen Eitelkeiten verlieren würde. Teilweise könnte man vermuten, Sven haut uns den Spiegel ins Gesicht. Es ist anders, er schwenkt damit solange, bis wir ihn uns bei vollem Bewusstsein selbst um die Ohren hauen. Herrlich dann ein Song wie "Kindertotenlied", welches sich irgendwie zwischen Grauzone und frühen Ärzten einordnet. Bestechend die leicht naive Ader im Rhythmus, welche sich im Text leicht nekrotisiert. Inmitten ein realitätsnahes Hörspiel, welches derart bedrückend echt klingt, dass unsere jugendlichen Handy Hippies sogleich ein Video dazu runterladen möchten, um mal wieder anzugeben.

Ich könnte hier jetzt einfach ein Fazit ziehen und von einem tiefgetragenen, traurigen, mit sozialkritischen Texten verzierten Album sprechen. Aber es ist mehr, es ist ein Werk, das (mich) berührt. "Intimität" ist nicht einfach ein Titel, denn hier gibt ein Mensch eine ganze Menge eigene Gefühle der Öffentlichkeit preis und er verpackt eine verständliche Portion Wut in seinen Texten. Auch wenn hier zwangsläufig Kraftausdrücke fallen, es gilt (natürlich nicht nur) zwischen den Zeilen zu lesen, es gilt vor allem Nachzudenken. Teilweise begeistert die einfache Ehrlichkeit, welche sich im Gesamtkontext für das Massenohr aber zu anspruchsvoll anhört. (Fast) vorurteilsfrei gesagt: Der Mensch an sich vermag seine Dummheit nicht mal für den Blick in seine Seele zur Seite zu schieben.

Das Album "Intimität" wird am 23. Mai offiziell über af-music.de re-released und das mit neu überarbeitetem Cover und 3 Bonustracks, die da wären: "Versprechen verbluten" ( (Jan_Solo RMX), "An Deiner Seite" (The Dark Unspoken RMX) und "Single" (Analogmix by Jan_Solo). Alles weitere unter www.rebentisch.de (andreas)


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