BERNSTEIN "Lichtwärts" (Synthie Pop)
(Island / Universal)

Da sitzen in einem Limburger Keller drei Jungs, namentlich Frank Weiß und die Brüder Jens und Dirk Eufinger, und basteln an elektronischer Musik. Man nennt sich BERNSTEIN, stellt 13 Stücke zusammen und lässt diese von Jose-Alvarez Bril produzieren. Der 18.04.2008 rückt näher und die Scheibe, die "Lichtwärts" genannt wird, wird veröffentlicht. Der Hörer legt sie in den Player und stellt fest, dass die Drei ein Debüt-Album raushauen, welches seines Gleichen sucht.

Wer das Album zum ersten Mal hört, wird sich an die Musik von Schiller, Wolfsheim, teilweise Camouflage erinnert fühlen. Gleichwohl formen die Hessen einen eigenen Klangraum, der sich letztlich genau in eine noch freie Nische setzt, die nur noch darauf wartete, gefüllt zu werden. Es gibt Musik zur Entspannung, Musik zum Träumen, Musik zum Tanzen, Musik zum Trauern, Musik zum Chillen und, und, und. Wer sich dieser CD bedient, erhält für alle Lagen des Lebens das "Rundum-sorglos-Paket". In deutscher Sprache eröffnet die Band eine faszinierende, tragende Sphäre, der man sich nicht entziehen kann. Wer sich hierbei fallen lässt, stürzt nicht ab. So singen sie denn auch "lass dich treiben, lass dich tragen, denn nur wenn du lichtwärts gehst, bleibt der Schatten hinter dir".

Begleitet von Texten, die teilweise regelrecht lyrisch sind, eröffnet sich dem Hörer eine mitreißende, synthesizergetriebene Welt, die mit zurückhaltenden, eleganten Computerbeats eine wunderbare Vielfältigkeit entwickelt. So widmet man sich auch zahlreicher Themen, ohne Klischees zu strapazieren und entdeckt diese jeweils neu. Natürliche Phänomene wie "Am Meer" oder "Eisenwind" werden ebenso liebevoll dargestellt, wie das Scheitern von Beziehungen in "Giganten". Doch selbst auseinandergelaufene Beziehungen werden toll definiert wie "Stein für Stein ein Königreich, hat für uns zwei nicht ausgereicht, das Paradies, als es verschwand, verschwand der Traum der uns verband". Und wer das Tanzbein schwingen möchte, kann dies zu mehreren Stücken auch noch. "Wir wollten doch Giganten sein" singen die Drei im Stück Giganten und bedienen sich hier zurückhaltend der Vergangenheitsform. Gut, das Stück handelt auch von einer gescheiterten Liebe. Musikalisch jedoch sind sie auf dem besten Wege, solche zu werden.

Wer Musik wie die angesprochenen Schiller, Wolfsheim, Camouflage, oder auch De/Vision und Witt mag, wird BERNSTEIN lieben. Einziger Wermutstropfen für mich ist das englischsprachige Stück "Home". Es ist zwar schön, passt meines Erachtens aber nicht so richtig ins Gesamtkonzept. Dies sei aber in einem Debütalbum verziehen. In "In 80 Tagen um die Welt" singen sie "Ich zieh jetzt los, ich heb jetzt ab". Bezeichnend, wenn man am Ende der CD angekommen ist, ist man auch abgehoben. "Lichtwärts" lässt den Tag tatsächlich eine Spur heller werden. Ich bin keiner, der schnell fünf Sterne vergibt. Hierzu muss alles perfekt sein. Aber ein erstes Album von solcher Qualität habe ich noch nicht gesehen. Es hat mich regelrecht aus den Socken gehauen. Daher haben sich die Musiker diese redlich verdient. Ganz, ganz große Musik. www.paradies.cc (ludger)


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