PERSEPHONE "Letters to a stranger" (Chanson Dark Wave)
(Curzweyhl)

Tja, etwas derartiges hätte ich der weiblichen Stimme von L'ame Immortelle auf ihrer dritten Solo Scheibe nicht zugetraut. Komplett weg vom Elektro Rock ihrer Bandheimat. Komplett entrückt von wavigen Verzückungen ihrer Vorgängeralben legt uns die holde rotgelockte Maid ein Album in den Schoß, welches zunächst das fabulöse Wort "Anspruch" beherbergen muß. Ein orchestrales (authentisch, nichts mit Computerspielereien) Output voller kleiner Oden an die Harmonie.

Schon zu Beginn begibt sich Sonja auf dem Weg der Klassik und schreckt im Opener nicht mal vor jazzigen Versatzstücken zurück. Das Klanggebilde bleibt dabei und herrlich unaufgeregt. Ihre Stimme legt sie aber immer in die Waagschale und gerade bei dieser dezenten, teils Kammermusik-artigen Begleitung weiss sie zu begeistern, mehr noch, sie scheint ein Zuhause zu finden. Die Songs sind nicht immer der Harmoniebedürftigkeit der schwarzen Herzen geopfert, es gibt durchaus schräge Tonagen und Sonja gibt sich des öfteren mehr als verrucht. Einiges erinnert an Dalbello oder die Saitenprojekte von Siouxsie. Die betörend galant gespielte Klassik in Verbindung mit dieser latenten Erotik erinnert zudem an die Untoten.

Sonja geht aber heuer einen Schritt weiter und entdeckt den französischen Chanson, verbindet ihn geschickt mit darkwaviger Melancholie und kredenzt uns Harmonielinien, welche betörend die Schrägheit der einzelnen Instrumente negieren. Sonja gelingt es dabei geschickt, die Balance zwischen Geschichtenerzählerin und Sängerin zu halten und den Hörer spannungsgeladen an die Boxen zu klemmen. Dazwischen erklingen ihre Stimmbänder immer wieder unheimlich zerbrechlich. Schräg verworren ergibt sich "Wishful" dem Refrain hin. Das Ganze ist wie ein verstörendes Hörspiel für Kinder inszeniert, welche hernach allerdings auf die Geschichte zur Nachtruhe verzichten werden. Sonja gelingt, die dezent vorhandene Soundtrack Faszination galant mit betörenden, meist minimalistisch inspirierter Klassik darzubieten. Der Klagegesang einer Geige unterstützt den Trauerflor der Stimmbänder. Teilweise ist es wie in Schönheit sterben, weil die Harmonie nie das glänzende Licht des Pops bestimmt, sondern die ruhige Eleganz mit einem Hauch Bitternis dargeboten wird.

Ein wunderschönes Klanguniversum, welches jeglichen Alltagsstress zu negieren scheint. Sonja liefert hier ein enormes Gesangsspektrum, welches über flüstern, Chanson bis hin zum typischen Dark Wave mit weiblicher Eleganz reicht. So großartig der Inhalt dieser Box, muß man doch die Aufmachung kritisieren. Schön und gut, eine Box macht sich im Regal immer gut, aber diese mit einer Pappcover CD zu füllen und die Texte unleserlich als einzelne Papiergabe beizulegen mag eigentlich nur bei der heutigen Plastikgeneration noch interessante Gesichtszüge erzeugen. www.persephone-home.de (andreas)


Startseite www.amboss-mag.de