BELOVED ENEMY "Enemy Mine" (Goth'n'Roll)
(Twilight)

Mein Gott haben wir gelacht, als wir diesen Beipackzettel lasen. Die Leute nennen sich "Kafka" und "Dead L-vis", erzählen im Infoblatt von mitreißendem Heavy Goth Rock und einzigartigem Gesang. Dazu ein Cover, welches ich als grobschlächtige Interpretation des schwarzen Proletentums betrachte. Solche CD's lässt man behandschuht dann mit einem komischen Gefühl in den CD Player gleiten, man will ja seinem Laser nicht wieder die Schuld geben.
Doch weit gefehlt. Der Laser ist entzückt und meine Ohren sind es auch. Sänger "Dead L-vis" hat aufgrund seiner Stimme Graceland für einen symbolischen Preis von 1 Euro zum Kauf angeboten bekommen. Songwriter und Gitarrist "Kafka" wird trotz anders lautender Hinweise nicht Botschafter des Goethe Instituts.

Der Opener dürfte bei reichlicher Rotation der Frühlingshit in schwarzen Discos werden. Druckvoll und kompromisslos mit einem betörenden Refrain gesegnet, erinnert er an die allerbesten Momente von 69 Eyes. Der Song fetzt einfach nur und die Drums sind der lebende Dr. Avalanche bei der modernen Variente von "Adrenochrome". Der Tieftöner Ski versteht es, dem Fragment Spaß in helle Stimmungen zu versetzen, die Keys ergeben sich dem Orgasmus der Harmonie in Geschwindigkeit. Und die Band reicht gleich einen Hit nach, der DJ braucht keinen CD Wechsel, um das Auditorium in Schweiß zu versetzen. Diese Energie kannte man zuvor nur vom EBM oder vom Power Metal, hier vereinen sich beide Paraden des Exzesses zu einer Einheit, dessen elegante Melodieführung eingängig in den (die) Körper dringt. Keine Atempause... doch..., mit dem getragen, bedrohlichen "the Other Side" bedient man die romantische Seite, lässt orchestrale Versatzstücke einfliessen, begegnet dem Bombast und erzeugt so eine Hymne, welche gerade im mehrstimmigen Segment fast Stadiontauglich daherkommt. Unglaublich, schon die dritte Hit-Single, haben diese Leute das Geschäft verstanden, oder sind sie wirklich so gut?

Bei "Lorraine" wird klar, beides sollte man in Betracht ziehen. Was mir ein bisschen Bauchziehen macht, ist diese unglaubliche Leichtigkeit, diese poppige Variante, dieses einfache in die Gehörgänge dringen. Schnörkellos und ohne Ecken und Kanten (für meine Ohren jedenfalls), kann im Endeffekt Musik (besonders schwarze) so einfach sein?

In "enemy mine" gibt es ein wenig zuviel New Metal, aber hier holt der Sänger wieder die Kohlen aus dem Feuer. "Fuck me back to life" ist gleich gestrickt, hier gelingt es dem Sänger nicht ganz. Allerdings hat dieser Song eine galante Rhythmik.

Nach einem seltsamen Zwischenspiel kommt die Band ungezügelt zurück, liefert Power Metal mit dunklem Untergrund in "The Others". Sänger Ski lässt seinen warmen Gesang der Dunkelheit mit rauen Untertönen begleiten. Die Band befindet sich noch immer mitten im Rock'n'roll. Eher ruhig und mit einer pulsierenden romantischen Ader lässt man "Cyanight" erklingen. Hier nimmt man sich dann auch pianoeske Auszeiten. Mit der akustischen Saiten-Ballade "Rain" streichelt man dem Kitsch sanft über den Schädel, um selbigen im weiteren Lauf dann trommelartig zu zertrümmern. Das Innenleben wird musikalisch mit neugieriger Hingabe betrachtet. Trauer paart sich hingebungsvoll mit Gewalt, welche sich pathetisch in Harmonie windet.

Fazit: Diese CD hat weder das Poser Image (siehe Cover), noch die seltsame Namenswahl, noch die unnötige Zusatzzahl bei myspace, noch einen euphorisierenden Beipackzettel nötig. Ich hab euch jetzt mal einfach ernst genommen und genieße die Verschmelzung von Energie, Düsternis, Heavyness und Eindringlichkeit. www.myspace.com/belovedenemy666 / www.belovedenemy.com (andreas)


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