ALWA GLEBE "Debüt" (Chanson Dark Wave)
(Cuptose Records)

Nachdem ihr letztjähriges Album "Irrlichter" in den einschlägigen Gazetten weltweit überragende Kritiken einheimste, ist es nur logische Konsequenz, das längst vergriffene Debütalbum von 1999 wiederzuveröffentlichen. Da man diesem akustischen Schauspiel meist mit einer gewissen Alltagsentrücktheit beiwohnt, ist die Beschreibung des Gesamtklangbildes nicht in einfache Worte zu fassen. Tiefdunkle Dark Wave Soundkreationen treffen auf dezent verspielte altertümliche Elektronik. Ein sonores Klavier/Keyboard ergeht sich im Rausch melancholischer Konstrukte. Eine weichfarbene Unterstützung für eine Stimme, die in klarer Dunkelheit ihren chansonesken Charme in eine Szenerie integriert, welche die Ambivalenz zwischen (Tag-)Traum und Realität liebevoll aber fast immer mit einem Trauerflor behaftet zur Einheit zusammenfügt.
Der Opener "Schicksal" könnte ebenso von einem düsteren Volkslied, wie vom französischen Chanson beeinflusst sein. In "Sinn" schleicht sich ein latenter 80er Wave/Pop ein, mit dem Unterschied, dass hier auf eine Hookline bzw. einen Refrain gesangstechnisch verzichtet wurde. Samtene Experimentalität schleicht sich in "Anfang" (verzerrte Saiten, Akkordeon ähnliches Gespiel). Wenn man, wie hier, eine unterschwellige Aggressivität in die Songstruktur fließen lässt, bildet Alwa die Brücke zur Harmonie. Dieser Steg lässt die Depression glänzen, die getragene Schwere der Ballast auf dem Weg zum Hoffnungsschimmer. Das wunderschöne "Trauer" erinnert mich an Marianne Rosenbergs Interpretation von Rio Reisers "Der Traum ist aus". Im minimalistisch verqueren "Melancholie" lässt man unterstützend aus dem Hintergrund Sprachgesang einfliessen, was dem Gesamten eine bedrückende Atmosphäre verleiht. Von der Stimmung her könnte man Parallelen zu Cure's "Faith" Album finden, allerdings geht Alwa Glebe eine Spur weiter. So zum Beispiel im monoton und langsam schleichenden "Glück", dessen letzter Satz wie ein bedrückendes Mahnmal auf den Titel lastet. Mit "Nichts" lässt man noch einmal fragile Pop-Vaganzen existieren.
Alwa Glebe ist eine der letzten Bastionen gegen die sozialisierten Mainstream-Ohren. Wer heute noch Musik in Einklang mit Kunst, Innovation, Gefühl und Anspruch sieht, der wird dieses Album lieben und in gewissen, sehr persönlichen Stunden könnte er dieses Werk auch leben. Nächstes Jahr wird Alwa Glebe dieses Album ebenso wie "Irrlichter" auch live präsentieren. Ich denke mal, dass das WGT nächstes Jahr einen kleinen, heimlichen Höhepunkt haben könnte. www.alwaglebe.de (andreas)


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