MORS CORDIS "Das Prinzip" (Crossover/NDH)
(Sin Sin)

Oh Gott ,oh Gott. Wurde Musik nicht vor langer Zeit mal erfunden, um Auffanggeräte an den jeweiligen Kopfseiten zu erfreuen?

Naja, heute dient sie einer Reihe von Bands als psychosomatische Auffangstation für sozialkulturell gescheiterte Existenzen, welche wenigstens noch fünf Minuten von Warhol's Viertelstunde abhaben wollen. MORS CORDIS füllen diese fünf Minuten mit einem metallischen Cocktail aus Hip Hop, Death Metal, Metal und Gothic. Allein bei dieser Aufzählung sträuben sich mir die Haare. Grundsätzlich darf jeder Musikant die unterschiedlichsten Stile mixen, aber er darf nicht erwarten, dass ich dieses toll finde. Hip Hop steht nun mal auf meiner nach unten offenen Maslow- Pyramide an letzter Stelle. Das Gegrunze als Gegenwicht gehört natürlich auch nicht zum Hochgenuss der Gesangsakrobatik. Musik also passend für die dümmste Generation seit 33, wohl eher nein. Weil hier textlich (bes. "Die Seuche") einiges geboten wird und weil dieser vor nichts halt machende Crossover diese Hörerschicht Ton um Ton immer mehr verschreckt. Grundlage für die Euphorhythmen sind die metallenen Saiten, die sich wild und mit einer unbändigen Härte in den Kampf werfen. "Tief in mir" geht stark in die NDH und erinnert zuweilen mit seinen gothischen Elementen an Forthcoming Fire. Natürlich rein musikalisch, politisch steht diese Band ganz klar auf der anderen Seite. Das durchdringende Riffing wird immer wieder unterbrochen von verqueren Samples und Loops. Die moderne Musikszene vor dem Urknall. Die Band lebt in einer eigens neu geschaffen Galaxie, stößt Menschen (mir) musikalisch, gesangstechnisch vor den Kopf und lässt mich textlich zustimmend nicken. Und "stand up for your right" ist spätestens beim parolenhaften Refrain tiefverwurzelt im Punk.

Ein sehr politisches Werk, dessen selbstgebastelte Bombe die imaginären Genre-Grenzen sprengt und meine Einleitung hat sich erledigt, denn unabhängig von meinem persönlichen Musikgeschmack muß man dieser Band zugestehen, es ist nicht nur ein lieblos zusammengefügtes Einerlei der verschiedensten Stile, es ist ein perfekt inszenierter Mix, ein in sich sehr komplexes Gebilde voller wilder Eruptionen, verspielter Energie und bösartiger Darstellung der Realität. Gesanglich hab ich den Abwechslungsreichtum schon erwähnt, hinzu kommt noch cleaner Gesang des männlichen Parts und eine weibliche Komponente, welche dem Treiben ein wenig Harmonie schenkt. Info: www.morscordis.com. Kleine Anekdote zum Schluß, die Erklärung zum Wort Mors reicht von personifiziertem Tod bis hin zu niederdeutsch für Gesäß. Cordis könnte eine Verschmelzung von Herz (Cor) und einen Moll Akkord (dis) sein. (andreas)


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