AT HOME "almost forgotten tales" (Melancholic Wave)
(athomemusic/ Alive AG)

Hinter At home verbirgt sich der Sänger/Songwriter Nitze, der Mitte der 90er mit seiner Band Calyx of Rose unterwegs war und auch einen unterschriftsreifen Vertrag beim Label Semaphore vorliegen hatte. Das Label versank, die Band zerbrach ohne einen nachhaltigen Eintrag im Lexikon der Musikgeschichte zu hinterlassen. Derartigen Wirren wollte er sich nicht weiter aussetzen, gründete vor zwei Jahren ein eigenes Label und veröffentlicht nun sein erstes Werk. Entstanden ist ein verwirrendes Werk voller ruhiger Akustik- und exzessiver elektronischer Elemente. Schwer einzuordnen in heutige Kriterien muss ein erster Verweis auf Bands des Hyperium oder Projekt Labels genügen. Verträumte Passagen ergehen sich in harmonische Ruhepole, die Stille als Mahnmal existierend wird krachend harmonisiert. Vertrackte Soundbögen unterwerfen sich keiner Melodie, sie begleiten jenige, die Stimme wird zum Messer, deren zerschneidende Sonorität Texte voller Hingabe und realen Alpträumen intoniert. Die teils exzentrischen Lyriks entstammen der Feder des Dichters Dylan Thomas oder der ganz eigenen Gefühlswelt Nitze's. Neben Gitarre und Programming gibt es auch überraschende Instrumente wie ein euphorisierendes Saxophon im Opener "being but men" oder klassische Instrumente wie Cello, Violine, welche sich sehr tränenreich bei "Lights become stars" geben. Die vorliegende Herbststimmung wird sehr unterkühlt dargeboten. Nicht das Schöne der Melodie glänzt, sondern die rohe Fassung der naturellen Existenz. Nitze erschafft keine Hymnen, auch wenn er im Chorus von "the hand that signed" nah dran ist. Er lässt eine Kälte regieren, die perfekt das gesungene Wort unterstützt, welches in den meisten Passagen die Gestalt eines Erzählers einnimmt. Insgesamt ein bedrückendes Musikwerk, welches sich phobisch der Schönheit in unterschwelliger Harmonie hingibt. Manche Tonagen wirken verwirrend, manche Texte aufgrund ihrer Klarheit verstörend. Das Album könnte als sanftfließender Fluss bezeichnet werden, wäre da nicht das Abwasserrohr der Chemiefabrik. Ein kleines, minimalistisches Kunstwerk, deren surrealer Instinkt erst mit der Zeit zur vollen Entfaltung kommt. Info: www.athomemusic.de (andreas)


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