ECHO AND THE BUNNYMEN "Siberia" (Wave Pop)
(Cooking Vinyl)

Wer in der nahenden Weihnachtszeit beim Einverleiben von Zuckerbomben wie Zimtsternen, Spekulatius oder Dresdner Stollen eine passende musikalische Kulisse sucht, dürfte mit dem neuesten Output von Echo And The Bunnymen genau richtig liegen. Tatsächlich bietet "Siberia" fast ausschließlich honigsüße Popmusik zum Dahinschmelzen. Dementsprechend werden vor allem verträumte und romantische Klangwelten präsentiert, die insbesondere von harmonischen und zugleich bedächtigen Gitarrenläufen geprägt sind. Dabei schreckt man auch nicht davor zurück, gelegentlich musikalische Ufer anzusteuern, die durchaus das Prädikat Kitsch verdienen. Besonders zielstrebig gelingt dies bei dem getragenen "Everything Kills You" - einem Song, der, obwohl er so gnadenlos süßlich daherkommt wie die von mir nicht besonders geschätzten Dominosteine, aufgrund seiner betörenden Melodie punkten kann. Ohnehin fällt allgemein auf, daß sich die Scheibe hinsichtlich ihrer melodischen Qualitäten auf einem sehr hohen Niveau bewegt. Ferner kann lobend erwähnt werden, dass das sehnsuchtsvolle Grundgefühl der CD durch den gefühlvollen und zuweilen etwas brüchig wirkenden Gesang Ian McCullochs durchaus passend in Szene gesetzt wird.

Es sollte aber auch nicht verschwiegen werden, dass "Siberia" bei den Hörern, die die Platten der Band aus den frühen 80er Jahren lieben, wahrscheinlich kaum vollste Zufriedenheit auslösen dürfte. Damals hatte die Musik der Gruppe nämlich auch rauhe, düstere und psychedelische Seiten - alles Wesenszüge, die auf der aktuellen Veröffentlichung nahezu überhaupt nicht vorhanden sind. Insofern präsentieren sich Echo And The Bunnymen im Vergleich zu den alten Zeiten in einem recht biederen Soundgewand. Dazu paßt, dass der Gesang von McCulloch im Gegensatz zu den frühen 80er Jahren fast keine schrägen, schrillen oder verstörenden Qualitäten besitzt, wodurch für meine Begriffe der besondere Charme der Band zumindest teilweise auf der Strecke bleibt. Einzig das vorletzte Stück "Scissors In The Sand" entfaltet sowohl aufgrund seiner druckvolleren Instrumentierung als auch durch den rauheren Gesang etwas von dem wilden Zauber, der in den alten Zeiten eben auch zum Wesen der Gruppe gehörte. Zumindest bei diesem Song könnte es dann wohl sein, daß dem ein oder anderen Fan der alten Platten vor lauter Begeisterung das Weihnachtsgebäck im Hals stecken bleibt. Weitere Infos: www.bunnymen.com (stefan)


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