STIMMKRAFT "mehr als 1 Gesicht" (Dark Pop/Singer+Songwriter)
(Freuqenz)

Hinter Stimmkraft verbirgt sich Andreas Buttler, der musikalisch in den frühen Neunziger auffällig wurde (unter seinem Namen veröffentlichte er "Gleichschritt" (MCD) und die CD "Achterbahn fahr'n"), ansonsten dürfte den Älteren von euch noch der Fernsehfilm "Der Drücker" (1987) bekannt sein, für seine Rolle an der Seite von Heinz Hönig bekam Andreas damals den Adolf Grimme Preis.

Das aktuelle Werk ist musikalisch schwer einzuordnen, weil es nicht nur abwechslungsreich ist, sondern auch Genre-Grenzen sprengt, bzw. diese erst gar nicht zulässt. Zu Beginn sind drei stampfende Elektrohammer, welche an der Schnittstelle von ASP, Unheilig oder Megaherz liegen und Andreas eher von der rauen Seite zeigen. Die Stimme wirkt zigarettengeschwängert und brachial bis druckvoll und dann gibt es den Bruch. Bereits im Opener "Gott" wird deutlich, wie persönlich dieses Album textlich angesiedelt ist, denn hier gibt es eine Unterhaltung mit seinem Spiegelbild. Mit "steh auf" hat man einen wahren Club-Hit in Petto. Verworrene Elektronik in den Strophen und ein Refrain, der sich ohrwurmartig durch Hirn und Knochen frisst. Wie aus dem Nichts lässt er dann eine triefende Ballade einfliessen. Zugegeben "Frei für immer" ist auf dem ersten Ohr Kitsch pur. Piano und Akustik-Gitarre verschmelzen mit warmen, von dezenter Trauer erfüllten Gesang. Andreas schrieb diesen Song für seinen 9jährigen Sohn. Eine Gute-Nacht Geschichte eingebettet in eine Entschuldigung und tief im Mark geprägt von der Hoffnung einer besseren Welt. O.K. lass es Kitsch sein, aber es ist wunderschöner Kitsch. Mit "Giganten" bewegt man sich im Electroclash. "Mach's gut" lässt orientalischen Western Touch in düsterer Form in die Musik fliessen. Da sämtliche Songs sehr textlastig sind, kommt man unwillkürlich auf die Idee, Stimmkraft mit einer düsteren, modernen Variante einer alten Singer/Songwriter Tradition zu vergleichen. Angefangen mit Rio Reiser, über Stoppock, Kunze, Grönemeyer und nicht zuletzt Westernhagen (deutlich in "hörst du"). Dass mir das Cover "sexy" von Westernhagen gar nicht zusagt, hat nichts mit der Interpretation des Songs zu tun (diese ist in ihrer brachialen Elektro Variante sehr gelungen), sondern allein damit, dass ich diesen Song schon im Original schlecht finde. Besser gepasst hätte hier "Freiheit". Meeresrauschen und Möwengeschrei leitet ein weiteres getragenes Stück ein, "Angst". Insgesamt eine gelungene Mischung aus hartem Gitarrensounds, gemischt mit Dance-Elementen und emotionalen Balladen. Wer ohne Vorurteile an dieses Album rangeht, wird ein gefühlvolles Kleinod entdecken, dessen Charme in die tiefsten Tiefen der menschlichen Gefühlswelt dringt. Info: www.stimmkraft.com (andreas)


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