PRONOIAN MADE "Cherubim" (Gothic Rock)
(Equinoxe / Alive)

Mit ihrer Scheibe "Cherubim" hat die Band Pronoian Made ein vorzügliches Stück Musik vorgelegt. Wer auf klassischen Gothic Rock steht, kann bei dieser Veröffentlichung bedenkenlos zugreifen. Die Band schafft es, eine Klangwelt zu erschaffen, die vollständig ohne Durchhänger auskommt. Es werden ausschließlich gute bis geniale Songideen präsentiert. Dabei ist die handwerkliche Umsetzung der Ideen absolut professionell! Beispielsweise ist die Stimme des Sängers einfach klasse! Sie tritt zumeist in einer gemäßigt tiefen Tonlage und einer sonoren Beschaffenheit in Erscheinung. Die Stimme macht auch voll Laune, wenn sie sich immer wieder in andersgelagerten Tonlagen und in kratziger bzw. stark gepreßter Form in Szene setzt. Durch die besondere Vielfalt des Gesanges läßt sich das stets abwechslungsreiche und oftmals dramatische Wesen der Songs natürlich bravourös unterstreichen. Die Gitarrenpräsenz reicht von akustisch gehaltenem Spiel bis zu gelegentlich sogar ziemlich ruppig anmutenden Einlagen. Auch die Arbeit am Schlagzeug überzeugt durch äußerste Differenziertheit. Dabei wird oftmals recht wuchtig hingelangt. Ferner ist das Baßspiel, wie in diesem Genre üblich, häufig relativ markant. Schließlich stützt sich das Gesamtklangbild von Pronoian Made auf atmosphärische Keyboardeinsätze, die überwiegend in dezenter Form ihre Wirkung entfalten. Die beschriebene Instrumentierung der Songs schafft in der Regel eine Klangwelt, die zwar alles andere als karg ist, aber auch keineswegs überladen daherkommt. Dabei sind die Songstrukturen eher kompakt gewählt. Allerdings gibt es auch Vorstöße in relativ großzügig angelegte Gefüge. Schließlich kann der Scheibe bescheinigt werden, dass sie durchgängig sauber produziert ist. Die ersten beiden Songs der CD sind zwar eindeutig guter Stoff, jedoch werden sie ebenso eindeutig von den folgenden Stücken an Qualität übertroffen. Dementsprechend ist der dritte Song der Scheibe, der den Titel "Inner Circle" trägt, dann auch ziemlich genial geraten. Zunächst wird ein faszinierendes Wechselspiel zwischen beschwörendem Gesang und bedrohlich auflodernden Gitarrenwänden geboten. Nach etwa vier Minuten deutet sich ganz langsam ein Tempowechsel an, der dem bislang eher getragenen Wesen des Song letztendlich eine geradezu atemberaubende Rasanz verleiht. Mit anderen Worten: Es wird ordentlich Gas gegeben! Dabei jagt die nun teilweise relativ hohe Stimme des Sängers durch ein raues Gelände aus treibendem Schlagzeug und tollwütig gewordenen Gitarren. Offenbar ist die musikalische Welt des "Inner Circle" kein Ort, an dem man einfach nur träge in der Sonne liegen und die Seele baumeln lassen kann. Nach dem Orkan des dritten Songs dürfte wohl jedem Hörer das anschließende Stück "The Storm" als eine Oase des Friedens erscheinen. Tatsache ist, dass sich dieses wunderschöne Lied darin gefällt, die Gitarren ausschließlich in gemäßigter Form rocken zu lassen. Der Song lebt vor allem von seinem betörenden Refrain, bei dem der Sänger von einer Gastsängerin begleitet wird. In ihrem Zusammenspiel schaffen beide eine äußerst romantische Aura, die auch einen Hauch Melancholie beinhaltet. Das Duett wird bei seinem Vortrag von einer klassisch anmutenden Keyboardschleife überaus passend begleitet. Beim folgenden "The Secret" zeigt der Organismus Pronoian Made wieder etwas mehr Zähne und präsentiert dabei die wohl am schnellsten ins Ohr gehende Verführung der gesamten Scheibe. Das Stück überzeugt durch einen äußerst kompakten, präzisen und in sich stimmigen Aufbau. Hier ist in der Tat alles wie aus einen Guß! Ein Rocksong wie aus dem Lehrbuch! Danach werden mit "Recurrence" ziemlich bedächtige und zugleich feierliche Töne angeschlagen. Der Song gewinnt lediglich beim Refrain durch orgelnde Keyboards und dezent dröhnende Gitarrenläufe etwas an Fahrt. Hingegen herrscht bei den einzelnen Strophen eine sakral anmutende Kerzenlichtatmosphäre, bei der man die Engel durch die eigenen vier Wände gleiten sieht. Beim anschließenden "World Bizarre" werfen die vier Einheizer der Rocklokomotive Pronoian Made zur Abwechslung wieder mehr Kohlen in den Ofen. Wobei insbesondere beim Refrain durch großflächige Keyboardbriketts ein hoher Druck im Kessel erzeugt wird. Außerdem sorgen bei den Strophen die ordentlich pulsierenden Gitarrenriffs dafür, daß der Kesseldruck nie zu stark abfällt. Beim folgenden "Last Respite" wirft man schließlich die ganz schwergewichtigen Kohlenbrocken in den Ofen. In der Tat präsentiert sich der Song auf allen musikalischen Ebenen in einer herrlich kraftvollen Gestalt. Der äußerst leidenschaftliche Gesang schafft eine pathetische Stimmung erstklassigster Güte. Nicht zuletzt dadurch werden im Refrain eindeutig hymnische Ufer erreicht. Zudem rumpeln die Gitarren in höchster Vollendung. Ferner sorgen atmosphärische Keyboardschübe für die extra Portion Nervenkitzel. Schließlich ist das Schlagzeugspiel aufgrund seiner auffälligen Differenziertheit eine pure Freude. Besondere Anerkennung verdient, dass das Stück nicht im klassischen Strophe-Refrain-Raster verharrt, sondern mittels eines perlenden Pianoeinsatzes den Sprung zu einer unerwarteten und wahrlich majestätischen Schlußsequenz vollbringt, bei der der Sänger vor dem Hintergrund einer wilden musikalischen Szenerie ausnahmsweise sogar einmal die ganz tiefen Tonlagen erkundet. Kein Zweifel: "Last Respite" ist ein großartiger Song, der ähnlich intensiv zu begeistern vermag wie der Geniestreich "Inner Circle"! Nach dieser furiosen Präsentation wird der Hörer beim Abschlußstück "A Wedding Song (fragment)" behutsam an der Hand genommen und von sanften Pianoklängen zum Ausgang aus der musikalischen Welt von Pronoian Made geführt. Am Ausgang angekommen, blickt man zurück und ist sich sicher, dass hier eine Band ein sehr gutes Werk abgeliefert hat, das nicht zuletzt durch seine Eigenständigkeit und seine ergreifenden Melodien überzeugt. Weitere Infos www.pronoianmade.com (stefan)