FAIR SEX, THE "Thin Walls-Part2" (Dark EBM)
INVINCIBLE SPIRIT, THE "Anthology 1984-2004" (Dark EBM)
INVINCIBLE SEX, THE "Same" (Dark EBM)
(Endless Records)

Nervt euch auch die moderne Billig Electro Beschallung in den ganzen "Düster"-Discos, bei der man immer denkt, dass Scooter Sex mit Gigi D'Agostino auf dem Friedhof hat? Nun, es gab auch andere Zeiten. Es war Mitte der 80er als vor allem im Ruhrgebiet Bands damit begannen, Dark Wave mit treibendem, tanzbaren Elektro zu paaren. Damals lohnte es sich noch, freitags ins Kalai (Essen), Samstags ins Zwischenfall und Sonntags in Point One (Hemer) zu fahren. Mit diesen drei VÖ's können die Älteren nochmal in Erinnerungen schwelgen und die Jüngeren werden den Spruch: "Früher war alles besser" endlich verstehen.

Mit einer genialen Zusammenstellung beweisen TIS, dass man mehr zu bieten hatte, als ihren Überhit "Push". Während "Contact" in die gleiche Kerbe schlägt, zeigen vor allem Songs wie "Devil Dance" oder "Love is a kind of Mystery" (ursprünglich entstanden als Invisible Limit) wie abwechslungsreich man agierte. Ein monotoner Beat, verspielte Synths, harte Vocals und eindringliche Refrains wurden mit verwegenen Intonationen in eine düster, leicht morbide Atmosphäre manövriert. "Love is a kind of Mystery" mit leicht verzerrten Vocals (hier in der Original Version von '84) hat im Mark etwas tief bedrückendes, gleichzeitig ist existiert das Gefühl Wut, wenn Thomas Lüdke den refrain mit unterschwelliger Aggression dem Hörer entgegen schreit. "Make a Device" kommt als wahre Geschwindigkeitsattacke daher, hier werden keine Gefangen gemacht, kompromisslos ist der Übergang zwischen Strophe und Refrain ein unbändiger Fluß voller Energie. Eine kurze Atempause während des Stückes erweist sich als Fake. Anfang der 90er experimentierte Lüdke dann auch mal mit fast träumerischen Parts und getrageneren Soundstrukturen. Zwar haben diese Songs nicht mehr die Brachialität der ersten Werke und zeigen den Kopf hinter TIS auch mal von der melancholischen Seite.

The Fair Sex schlagen mit "Thin Walls" zum zweiten mal das Tagebuch der Vergangenheit auf und endlich ist mein persönlicher Favorit in CD Form erhältlich. "Divine Service" mit dem herrlich verstörenden Hänsel und Gretel Intro. Von der Atmosphäre her, vom Songwriting/ Songaufbau für mich einer der besten Dark EBM Songs ever. Ansonsten gibt es auf diesem zweiten Teil eine Zusammenstellung der ersten drei vergriffenen Alben der Band zu hören ("The House of Unkinds", "Demented Forms" und Oddities"). Die Band zeigt sich meist von ihrer raueren Seite, zeigt aber trotz aller ungezügelter Härte ein Gefühl für Melodien und Refrains. Daneben gibt es noch eine 2004er Version von "House of Unkinds" und "drop of Blood", der 2002 für den Film "Kinder der Nacht 2" geschrieben wurde.

Nach diesen Reisen in die Vergangenheit gibt es auch eine nagelneue Split CD, mit neuen Songs der beiden Bands und zwei gemeinsamen Tracks. Hier wächst zusammen, was zusammengehört. "Spirit" schließt nahtlos da an, wo man mit "Push" aufgehört hat. Treibend, dunkel und eindringlich fetzt der Song. Die Vocals kommen ein wenig klarer, trotzdem sind sie mit der gleichen Aggressivität versehen. Soundmäßig verzichtet man auf Experimente und konzentriert sich auf durchdringende Linien und eingängige Passagen. Etwas verspielter agiert man und arbeitet mit Stil und Tempiwechseln und setzt auf einem Refrain, der in seiner Einfachheit die Komplizietät offenbart. Ungezügelt mit vehementen Druming kommt "alphasex" daher. Von TFS gibt es eine nagelneue knallende Version von "The naked and the dead" (Mit Guest Vocals von T. Lüdke) und den Song zum Film (s.o). Drei Songs wurden dann komplett gemeinsam erarbeitet, während "The Fair Spirit" eher als Intro zur CD dient, vereinigt man auf "red glow Horizon" die traditionellen Seiten beider Bands mit einer modernen Zugabe. Überraschend balladesk erklingt "your God in me". Zurück in die Zukunft auf Dark-elektronisch. Info: www.endless-records.de www.thefairsex.de (andreas)