DESPAIRATION "Music for the night" (Trip Hop/Dark Rock/ Experimental Pop)
(My kingdom Music/ rough Trade)

Wer Despairation samt Umfeld kennt, weiß, dass man es hier nicht mit leicht konsumierbarer, auf dem ersten Ohr eindringlicher Musik zu tun hat. Der Musikkosmos, in dem sich die Band mit ihrem aktuellen Album befindet, ist ebenso wenig greifbar wie die Kunst eines Joseph Boys. Da die Putzfrauen unseres Gehörs keine Kulturbanausen sind, sondern samt schwingende Häärchen, überlassen wir ihnen mal kurzzeitig die alleinige Herrschaft. Was sie nach innen transportieren, ist ein vollkommen eigener Mix aus Pop, Metal, Wave und Jazz, die Ruhe wird durch den warmen Gesang getragen, während der musikalische Untergrund von derart vielen Stil und Tempiwechseln beherrscht wird, das man sich schnell in einer Achterbahn mit Endlos-Looping befindet. Trotz der straighten Heavy Gitarre, welche als zentrales Bindeglied das Keyboard des Vorgängers ersetzt, ist es eher ein getragenes Werk geworden. Würde man nicht des öfteren derart verstörend mit Experimenten umgehen, würde ich gar von tiefer Melancholie sprechen. Der Fluß der Musik nicht in Kanäle gezwängt, nicht begradigt, nein bunt durch die Landschaft geleitet. Man mag es kaum glauben, was an den unterschiedlichen Ufern los ist. Jointrauchende Hippies tanzen mit Schwarzgekleideten, grauhaarige Jazzmusiker feiern eine Session. Ein einsames Didgeridoo schwelgt in Verlorenheit. Ein Geschichtenerzähler lässt seiner Phantasie freien Lauf und verstört mit einer ganz eigenen Auffassung der Philosophie. Ein Scratcher lässt seine Finger über Vinyl gleiten. Eine Violine weint im Hinterland. Die Melodie ist das fahrende Schiff, welches mit dem letzten Ton in ein Meer der Leere versinkt. Es war eine 80-minütige Reise, verwirrend, elegant, verstörend, wunderschön, sie hinterlässt ein Fragezeichen, welches sich nie ganz bis auf's Ausrufezeichen entkleiden wird. www.despairation.de (andreas)