PANZER AG "This is my battlefield" (Industrial/Elektro/Noise)
(Accession Records)

Hinter dem martialischen Namen (könnte natürlich auch vollkommen unmartialisch in Richtung einer berüchtigten Einbrecherbande aus Mickey Mouse Heften gehen) verbirgt sich Icon of Coil Frontmann Andy LaPlagua. Sehr aggressiv von Produktion und Arrangement her, arbeitet er mit industrialen Flächen, welche ein dunkles Szenario zaubern. Dazu kommt ein aus einer kalten Wut und tiefer Verzweiflung entstehender Gesang, der die Worte mit brachialer Effektivität in des Hörers Hirn schießt. Die knarzenden und krachig-noisigen Soundstrukturen paaren sich im passenden Moment zur clubtauglichen Kollaboration und fegen über die Schrumpfhirne wie brachiale Wirbelstürme. Ruhige Momente, wie im Zwischenspiel von "Chemical breed" (Hallo Bernd) sind dezent gesetzte Objekte der Ruhe, die fortan mit brachialer Gewalt zum Einsturz gebracht werden. Es ist eine durchdringende Reise über ein chaotisches Schlachtfeld, wobei man mal mittendrin statt nur dabei agiert und gleichzeitig melancholisch die Leichen zählt. Dazwischen gibt es prägnanten EBM der alten Schule in "when death embrace me". So nah an Projekt Pitchfork waren Icon of Coil nie. Eingestreute Sprachsequenzen, verwegene Samples, Kriegs-Romantik und die damit verbundene Provokation wird Schröder bestimmt nicht als Geschenk zum D-Day nach Frankreich geschleppt haben. Wir alle wissen wie derartige Provokationen gemeint sind, aber in Verbindung mit dieser hemmungslosen Aggressivität und Titeln wie "Panzer", "Behind a gasmask", "bereit" oder "totale Luftherrschaft" (letzteres hat übrigens etwas von der atonalen Krachvehemenz früher Neubauten Platten) dürfte viele ungeübte Ohren ihre Verzückung in Form von Erhebung des rechten Ohrläppchen ausdrücken. Dem ist natürlich nicht so, was auch noch mal explizit im Info Blatt erwähnt wird. Aber der Anarcho-Stern hätte schon Schwarz- Rot ausfallen können und nicht Orange-weiß. Das mit melancholischer Atmosphäre beginnende "sick is the one who adores me" glänzt vor allem durch den dunkel-warmen Gesang, der konträr zur flächigen Krachorgie eine Melodie zaubert, deren betörende Eleganz sich in einer fast orchestralen Instrumentierung charakterisiert. Auch sonst benutzt Andy die Monumentalität, sei es mit chorälen Einlagen, klassischen Instrumenten oder weitgefächerter, verspielter Synth- Intonation. Um nicht im eingängigen Einheitsbrei unterzugehen, hat er sich eines Themas bedient, welches nicht gerade konsumfreudig daherkommt. Dazu dient auch die Melange aus Krach und Melodie, oder die Spagatierung von clubtauglier Tanzbarkeit und vertrakter Soundtrack Atmosphäre aus "das Boot" (natürlich von der unveröffentlichten Soundtrack Version :-). Wunderschön wenn es gelingt, Bowie mit Numan zu kreuzen und einen elegisch betörenden Song wie "tides that kill" entstehen zu lassen. Direkt danach das Schräge und bedrückende mit "gerülpsten" Vocals intonierte "god eats god" zu setzen, gleicht schon einem nicht unwesentlichen Sarkasmus. Eine experimentelle, dennoch tanzbare Eleganz, die in der Art wohl niemals von Icon of Coil vertont worden wäre. Elektro/Industrial Fans werden nach dem Zungenschnalz, selbiges Organ noch benötigen für das Ablecken aller zwei Ohren. Neben dem Genuss des Albums muß immer noch Platz bleiben, um Sprichwörter in die musikalische Variante zu zerren. (andreas)