HAGGARD "Eppur si muove" (Klassik Dark Metal)
(Drakkar/BMG)

Nachdem sich das Orchester um Sänger/Songschreiber Asis Nasseris" auf dem Vorgänger "awaking the Centuries" mit dem französischen Arzt und Astrologen Michel' de Notredame beschäftigte, geht es diesmal um eine weitere Lichtgestalt des Mittelalters. Passend zum Albumtitel "Eppur si muove (ital. Für "und sie bewegt sich doch") steht diesmal die historische Figur Galileo Galilei im Mittelpunkt.

Was 1991 als experimentales Death Metal-Quartett begann wurde von VÖ zu VÖ immer monumentaler. Aktuell werden 17 Musiker als festes Mitglied zu Haggard gezählt, hinzu kommen für diese Produktion 10 Gastmusiker.

Dass man sich, trotz des orchestralen Klangbildes, seiner Wurzeln bewusst ist, dafür stehen die brachialen Gitarren und der Grunzgesang. Die raue Stimme erinnert in cleaneren Passagen ein wenig an In Extremo und eine weitere Verbindung zu dieser Band entsteht mit dem traditionellen Song "Herr Mannelig". Konträr zur männlichen Boshaftigkeit sorgen zwei Sopranistinnen für die liebliche Seite. Aber auch Asis selbst lässt cleane und melodische Gesangspassagen einfliessen, teilweise unterstützt von einem Tenor. Musikalisch schwebt man zwischen barocker Verspieltheit und klassischer Eleganz der Renaissance. Die Soundstrukturen leben von einer teils sehr dramatischen Intonierung, welche in ihrer Komplexität immer die Überlagerung der einzelnen Stücke als Gefahr sieht. Hier gelingt es aber immer, auch durch eingestreute Ruhepole, den Bogen perfekt zu spannen, den Pfeil aber doch nie abzuschießen, sondern ihn leidend in den Schoß der Romantik fallen zu lassen. Perfekt wie man "of a night divine" erst sanftmütig und dezent instrumentiert dahinfliessen lässt um später eine Explosion ohne gleichen heraufzubeschwören, die von wilden Schlagzeug und Gitarren Gewittern zur Feuerwalze wird. Die klassischen Instrumente integrieren sich perfekt in den Geschwindigkeitsrausch und die hellen weiblichen Stimmen scheinen sich von keiner Härte beeinflussen zu lassen. Das Gesamtbildnis eingebettet in eine fast hauchzarte Melodie der Finsternis. Eine pestverruchte Dramatik, deren lieblich dahingleitender Pinselstrich bedrückende Epen wie "Herr Mannelig" erzeugt, oder auch mal verzweifelt die Wut in unterschwelliger Aggression manifestiert wie im orchestralen Death Metal Stück "per aspera ad astra". Immer wieder eingestreut überraschende Breaks, Stil-und Tempiwechsel. Haggard ist ein Gesamtkunstwerk gelungen, welches das enge Korsett eines Konzeptes mit geschickten Variantenreichtum, sowohl bei den Stimmen wie der Instrumentierung zu einem interessanten Intermezzo voller Entdeckungsmöglichkeiten macht. Die Schatzkarte zu lesen/zu hören ist nicht immer ein leichtes Unterfangen, aber sie Ohr für Kopf zusammenzusetzen macht einfach Spaß. www.haggard.de (andreas)