CASCADES, THE "Spells and Ceremonies" (Dark Pop/Wave Rock)
(Rabazco/ Soulfood)

In zwei Jahren drei Alben auf den überfüllten Markt zu schmeißen, da gehört einiger Mut zu, oder ganz einfach viele Songideen. Letzteres besitzen die Berliner zu Hauf. Und so ist auch ihr aktuelles Werk wieder voll von darkig, leicht poppigen Melodien, düsterer Atmosphäre und melancholisch, leicht verträumten Keys. Das tiefe Timbre W.W. Wilds schwebt wieder mal über den sehr komplexen Soundstrukturen. Er besitzt dieses betörende Zittern in den Stimmbändern, welches sich effektvoll als Hauptantriebswelle einer romantisch, verspielten Musik wiederspiegelt. Und erneut besticht der Abwechslungsreichtum der Songs, dieser reicht von Straighten Goth Rock, betörenden Balladen bis hin zu elektronischen Eskapaden. Der Titelsong erinnert an die besten Momente von 69 Eyes. Eine Melodie wie eine schwarze Decke, mit der man sich an kühlen Novembertagen gerne zudeckt. Auch wenn man dieses Werk wieder als typisches Herbstalbum bezeichnen könnte, bleibt doch die konträre Verbindung zwischen Kerzenschein und Frühlingsflirt. "Sea of Love" wartet mit einer eingängigen Melodie auf, besitzt einen betörenden Refrain, behält sich aber das Recht vor, auch mal am schwarzen Kitsch zu kratzen. Hier stirbt man nicht in Schönheit, hier tanzt man auf den Gräbern mit dem wohligen Kuss der Finsternis. "Spiritual symphony" besitzt eines dieser massig vorhandenen eindringlichen Refrains, die dafür sorgen, dass man direkt einen Einstieg in die Songs findet, für die technischen Feinheiten hat es noch Zeit bis zum 10ten Durchlauf. In Schönheit glänzender Düsterrock. So könnte die Band weitermachen und hätte ein geniales Album für die kommende Tour im Gepäck. Aber The Cascades gehen weiter, werden in "Ground Zero" heftiger und im Text politisch. Ein bisschen Michael Moore im Düstergewand. Energischer Rock mit brachialen Saiten bietet "4 Elements", lässt aber kleine elektronische Finessen einfliessen. Nahtlos der Übergang in das elegische "eternal funeral", ein Song über ewig wiederkehrende Dinge. "forever a fool" ist eine wunderschöne Ballade, beginnt minimalistisch, steigert sich in einem Ruhepol voller getragener Klänge. Die Keys erzeugen eine sphärische Stimmung, traumwandlerische Zwischenspiele dienen als Einstieg in effektvollen Goth Rock mit einer hochmelancholischen Ader. In "7 deadly Sins" werden die sieben Totsünden mal in einem dezenten Liebeslied untergebracht. Die Musik wird traurig intoniert, bevor man erneut in ein Intermezzo aus Gitarren, Keys und Drums eintaucht. Altertümliche EBM wird mit modernen Facetten in "disappointed" aufgearbeitet. Erinnert teilweise(musikalisch) an die Interpretation von "Hexeneinmaleins" des Vorgängers. Wenn auch wesentlich härter an die Sache herangegangen wird. Zum Schluß ("ihr werdet sein") gibt es noch einen rein deutschen Text (In "4 lements" wurde auch eine Strophe in Deutsch gesungen). Wild, roh und ungezügelt agiert man hier. Growlend flüsternd erklingt der Gesang zu Beginn. Von verzweifelter Wut beherrscht, ergibt sich Wild dann dem melodischen Refrain. Passend zur aktuellen Musik wird das Stück mit Kinder-Refrains aufgepeppt, überraschend die Violine. The Cascade haben ein neues Album gemacht, welches mal bedrückt, welches sich geschickt auf eine Gefühlswelle legt, welches verschlossen wirkt, welches die schönsten Refrains beherbergt, welches sich Ohrwurm-artig in den Gehörgängen festsetzt. Kurzum ein Werk das heraussticht. Kein Einheitsbrei und besser als alles was uns monatlich aus Finnland erreicht. www.thecascades.de (andreas)