UNTOTEN "Grabsteinland" (Märchen Gothic)
(Sonic malade)

In den letzten Jahren hatte man zunehmend das Gefühl, dass die deutsche Gothic Szene musikalisch immer mehr einzuschlafen droht. Es fehlten sowohl die Ideen, wie der Mut etwas neues zu machen. Dieses Gefühl wird sich mit diesem (sechsten) Album des Berliner Gothic Duos Greata Csatlos und David A.Line ändern. Gretas Gesang hat sich hin entwickelt zur dunklen Chansonesse, dessen Stil an Zarah Leander oder (hauptsächlich) an Marlene Dietrich erinnert. Die morbid, verträumten Töne sind sehr orchestral gehalten, behalten aber bis auf kleine Ausflüge in den Up Tempo Bereich eine gefühlvolle Ruhe, die die Aufmerksamkeit geschickt auf die Erzählung eines Märchens lenkt. Kaum eine Band hat es in letzter Zeit geschafft, derart geschickt mit begriffen wie Pathos oder Kitsch umzugehen. Natürlich wird man auch diesmal wieder etliche kritische Stimmen ernten, aber diese werden auch in Zukunft die Berlinern zu weiteren Höchstleistungen animieren. Denn "Grabsteinland" ist der Auftakt zu einer Trilogie. Untoten typisch gibt es ein schön bebildertes Booklet, welches leider viel zu dick ist fürs Jewel Case (einziger Kritikpunkt). Eine theatralische Ouvertüre ("wie klein diese Welt...") dient als Eingangspforte ins "Grabsteinland". Aufgebaut auf klassische Streicher und ein für die Rhythmik sorgendes Schlagwerk, schleicht sich Gretas Stimme mit erotischer Verruchtheit in den Vordergrund, die Geschichte beginnt. Dezent akzentuierter Wagner Bombast unterstützt "Grabsteinlied". Hervorragend wie man im sanft beginnenden "Cynthia" ein vollkommen betörenden Refrain integriert, der sich gleichsam fest in die Gehörgänge katapultiert. Balladesk mit inbrünstiger Hingabe wird das traurige "Du hast mir ein Haus erbaut.." intoniert. Morbid poppig erscheint zunächst "Alexanderplatz", bevor eine straighte Gitarre die Atmosphäre zu zerstören droht und der Gesang zurück auf den Thron des dunklen Gothic Waves zurückträgt. Die doomige Saitenhärte und sphärische Klänge dienen klagende Töne zur Begleitung vollendeter Endzeit-Romantik. "siehst du es denn nicht(ach du)" ist ein schräges Liebeslied mit dem dunklen Charme der Vorkriegszeit belegt. "Nibelungentreue" dient als neuzeitliche Schlager Hymne der Zwanziger. Auch das Soundtrack like mit Wolfsgeheul verfeinerte "Kristallgewand" könnte in diese Zeit passen und musikalisch durchaus "Metropolis" hätte begleiten können. Fast aus dem Nichts lassen sie mit "Willst du(Remix)" einen clubtauglichen Track ins Gesamtkonzept zu integrieren. Ein ganz großes, monumentales Werk und einzigartig im dunklen Musikbereich. Der perfekte sich selbst gesetzte Ritterschlag. Fesselnd, begeisternd und voller interessanter Ideen triefend. Weitere Infos unter www.sonicmalade.de und www.untoten.com (andreas)