BOYTRONIC "The working model (Reverse)" (Synthie Pop)
(Strange Ways)

Als das Album erstmals die Hörnerven vergnügte, schrieb man das Jahr 1983. Politisch war es der Beginn der Ära einer großen Gemüsepflanze, musikalisch ging soeben die NDW schnurstracks dem Abgrund entgegen, der Punk verfrachtete sich wieder in den Underground. Dieses Jahr war aber auch der Beginn der Synthie Pop Ära (damals Wave Pop genannt), bzw. machte dieses Genre auch für den Chart-Konsumenten praktikabel. Für heutige Zeitgenossen sollte noch kurz erwähnt werden, dass es damals weder Boygroups, singende Soap-Püppchen noch gecastete Pappnasen gab. Eine wundervolle Zeit, na ja, es gab auch viel Schrott, auch wenn wir es damals nicht wahr haben wollten und uns auch heute noch ein "Ja, aber" schwer über die Lippen kommt. Und dann gab es diesen Song, den man fast überall hörte und den nach kurzer Zeit jeder kannte, aber irgendwie schien es Boytronic damals nicht zu gelingen, die Leute zu binden. So werden heute noch viele von einem typischen One-Hit-Wonder sprechen. Die Rede ist natürlich von "You" , darf heute auf keiner 80er Compilation fehlen und muß zwangsläufig bei 80er Parties gespielt werden. Weil aber Boytronic viel mehr zu bieten hatte, ist diese Wiederveröffentlichung umso wichtiger. "Diamonds and loving arms" floppte danach als Single und damals war es so, dass Fehler bei Auskopplungen gnadenlos bestraft wurden. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, dass an Dead or Alive erinnernde "red Lips" oder das melancholische "i want to live in harmony" auf 12" zu bannen. Die Neuauflage dient als perfekte Zeitreise für die Alten - und die Jungen werden wehleidig ihre Eltern für die späte Geburt mit Undank bestrafen. Um den heutigen anspruchsvollen Hörer diese CD näher ans Herz zu legen, gibt es neben dem Original auch noch 8 Bonustracks, wobei drei vollkommen unveröffentlichte Stücke dabei sind. Allesamt zeigen die Band von einer eher ruhigen Seite, wobei "Once there is a sailor" schon den Charakter einer Schnulze hat. Zwar interessant, aber hier wusste wohl jemand ganz genau, warum diese Songs nicht veröffentlicht wurden. Auf dem Original hatte Boytronic die Spreu vom Weizen getrennt und das war auch gut so. Ein einfaches Remaster hätte vollkommen ausgereicht und auch das neue Cover Artwork ist positiv ausgedrückt, gewöhnungsbedürftig. (andreas)