ADVERSUS "Winter, so unsagbar Winter" (Goth Klassik/Elektro Wave)
(Sonorium)

Kaum zu glauben, dass es sich hier um ein Debüt handelt. Ausgereiftes Konzept, perfektes Artwok (selbst gestaltet), abwechslungsreiche Eigenständigkeit, lyrische Texte, virtuose Instrumentierung. Das Ganze musikalisch einzuordnen ist angesichts der Vielzahl an verschiedensten Strömungen ein Ding der Unmöglichkeit. Elektronik trifft auf Mittelalter, Neoklassik trifft auf Dark Wave usw. Noise-artige Sequenzen werden mit barocken Tönen veredelt und das Wechselspiel zwischen weiblichem Mezzosopran und männlichem Shouter lässt keine Wünsche offen, vor allem weil Sänger und Projektgründer Rosendorn alias Torsten Schneyder das gesamte Stimmrepertoire der schwarzen Szene beherrscht, sei es das melodisch dunkle Timbre, Elektroshouting, aggressives Black-Metal Gegrunze oder Sprachgesang. Das Album ist aufgebaut wie eine Goth Oper (die Band hat diese reißerische Bezeichnung übrigens absichtlich nicht gewählt) und beinhaltet elf episch-lange Stücke und neun kleine, atmosphärische Zwischenspiele, die sich aneinander reihen. Ein jedes Stück trägt die Geschichte um ein kleines Kapitel voran. Göttlich die von Gastmusiker Thomas Zöller (Estampie) gespielten Dudelsäcke, die sich des Öfteren ein explosives Duell mit Querflöte und elektronischen, teils Industrial Sounds liefern. Bei "mein Hass treibt nadeln" gelingt es Selbige in ein musikalische Gewand zu packen und den Hörer immer wieder damit zu malträtieren. "Klingentanz" ist in seiner tanzbar, verqueren Ausführung (oder sagt man besser Aufführung) und dunklem Zwischenspiel ein morbid treibender Song voller Endzeitromantik. Bei der auf der CD erzählten Geschichte handelt es sich um eine lyrische Beschreibung einer Entwicklung, die mit dem Sinnbild eines, langen stürmischen Winters treffend umschrieben ist. Um beim Bildnis zu bleiben, der Band gelingt es, die Winterdepression in kühlem Glanz zu malen, aber liefert auch gleich die musikalische Wolldecke und entzündet mit warmen Klängen den Docht der Dunkelheit. "Schwarze" Musik auf höchstem Niveau, die allerdings vom Hörer auch ein gehöriges Maß an Aufmerksamkeit verlangt. Ich verzichte absichtlich auf die Aufzählung der Bands, welche hier evtl. als Einfluss dienen, weil das Gesamtkunstwerk nicht mit Vergleichen geschmälert werden sollte. (andreas)