ELÄKELÄISET ::: Der Grand Prix der Herzen
Faust in Hannover am 17.04.2010
(Fotos by Chris)



ELÄKELÄISET sind bereits seit Jahren Stammgast im hannoverschen Faust, denn es vergeht kaum eine Tournee, bei der sie nicht in der niedersächsischen, vom Abstieg akut bedrohten Stadt halt machen. Aber beinahe hätte es mit dem Gig nicht geklappt. Warum? Weil in Island ein Vulkan ausgebrochen ist! Deswegen konnte die Band am Vortag in Hamburg nicht auftreten, weil kein Flug ging. Aber wer sich mit Leib und Seele dem Teufel und dem Humppa verschrieben hat, findet Mittel und Wege, den Naturgewalten zu trotzen! Die Band hat wirklich keine Mühe gescheut und sich per Fähre, Zug und Auto auf den Weg nach Deutschland gemacht, damit die Süchtigen ihre jährliche Dosis Humppa abholen können. Dafür meinen fetten Respekt.

Die Fans aus Hannover und Umgebung danken es ihnen mit einer ausverkauften 60er Jahre Halle (diese ist Bestandteil des Faust e.V. und dort finden auch die Konzerte etc. statt).
Womit ich noch ein, zwei Worte zum Faust loswerden muss: Es sind wirklich herzliche Leute dort am Werk, die den Gästen tatsächlich das Gefühl geben, dort willkommen zu sein. Allerdings nur, wenn man sich als Auswärtiger einen Parkplatz organisieren konnte. Das stellt sich in dem Wohngebiet, in dem die alte Bettfedernfabrik steht, als größte Herausforderung heraus. Anscheinend kein eigener Parkplatz und ohne Ortskenntnisse ist die Aufgabe nur mit richtig viel Glück zu bewältigen, welches wir aber hatten und zwar ein Knöllchen riskiert haben, aber es ist ja noch mal gutgegangen. Für weitere Veranstaltungen etc. checkt aber trotzdem mal unbedingt die Webseite www.faustev.de.





Kommen wir aber zurück zum eigentlich Anlass des Abends. Aus einem anderen Grund ist dieser gefährdet gewesen, denn am Abend vorher haben wir Rouvens Geburtstag gefeiert und bis drei Uhr nachmittags sah es eher so aus, dass ich sterben müsste. Überraschender Weise hat der Sensenmann ein Einsehen gehabt und mich noch einmal laufen lassen. Bis zur Abfahrt schaffte ich es noch mich zu duschen und etwas Nahrung zu mir zu nehmen, aber als dann Rouven und Michi zu Kathi und mir ins Auto stiegen, wusste ich instinktiv, dass wir bei einer Band, die übersetzt den Namen "Rentner" trägt nicht ganz deplaziert wirken würden, denn mit gefühlten 66 Jahren hat man es scheinbar nicht mehr so leicht.

Ziemlich zackig nach unserem Eintreffen geht auch schon das Licht aus und das "Oompah like a Clown"-Intro ertönt. Bitte verzeiht mir, liebe Leser, dass ich nicht versucht habe, die Tracks mitzuschreiben oder gar zu merken! So viele Ä's machen mich ganz Kirre, aber meistens, wenn nicht gar immer, kommt das Wort Humppa drin vor, das nur mal so als Hilfe für euch Humppa-Neulinge. Die Band besteht aus Kristian Voutilainen (d, v), Martti Waris (b, v), Onni Waris, (k, v), Lassi Kinnunen, (accordion, v) und Petteri Halonen (organ, v) und sie setzen sich wohlgekleidet an die Tische bzw. hinter das spartanische Drumkit und es werden zuerst die Alkoholika aufgebaut, aber auch das eine oder andere Mineralwasser wird aufgestellt. Dessen Zweck erschließt sich mir erst nicht, aber im Verlauf wird klar, dass man nach einem guten Schluck aus der hochprozentigen Pulle gerne etwas Verdünnung hinterher gießt.

Die Show selbst hat einen Unterhaltungsfaktor von 10 auf einer Skala von eins bis zehn und die meisten Coversongs im Humppa-Stil knallen rein wie Hölle. Die Band ist kommunikativ in alle Richtungen. Das Publikum wird mit einem deutsch-englisch-finnisch-Kauderwelch zum Mitmachen animiert, wenn man bereit ist, soll man die Hand heben und manche Songs werden angekündigt in der Art von "Das nächste Lied, was wir spielen, ist ein Humppa-Song" und so weiter. Sehr unterhaltsam und sympathisch, was die Herrschaften abliefern. Ebenso unterhaltsam ist es, zu beobachten, wie viel Spaß die Musiker auf der Bühne haben. Wenn Trommler Kristian lacht, bebt sein ganzer Körper und auch die anderen haben für den einen oder anderen Verspieler ein herzliches Lachen über. Daneben wird schon einmal das Keyboard mit Füßen gespielt und man merkt einfach, dass die Band aus Freunden besteht, was ein schönes Gefühl ist.
Zum Ende der Show steigt der Alkoholpegel auf der Bühne in schwindelerregende Höhe (und erreicht fast den Höchststand, den wir am Vorabend auch vorlegen konnten) und die beiden Organisten lassen es sich nicht nehmen, sich per Crowdsurfing durch die Halle reichen zu lassen, um mit dem Publikum rumzublödeln, während die verbliebenen Musiker tapfer weiter "Love will tear us apart" in ihrer Version präsentieren und auch schon mal den Keyboardpart imitieren.



Wie gesagt, was alles gespielt wurde ist beinahe zweitrangig, denn was zählt, ist die Stimmung die ELÄKELÄISET verbreitet haben, und diese war einfach sensationell. Aber es schien mir, dass vor allem die alten Tracks (ich schreibe mal ihre ursprünglichen Namen, da ich mir sonst einen Wolf suchen müsste) wie "Livin' on a Prayer", "No Limit" oder die sensationelle Bandhymne "Eläkeläiset" die Stimmung richtig zum Kochen gebracht haben. Zum Kochen brachte einen auch die Temperatur in der Halle, die so voll war, dass es unmöglich wurde, von A nach B zu kommen, was sehr schade war, denn so musste ich auf mein ersehntes Wasser sehr lange warten und wenn ich ehrlich bin, habe ich dem Merchandise-Stand auch nicht gefunden. Vielleicht steht der ganze Merch-Kram auch noch auf einem Flugplatz irgendwo in Finnland und wartet, bis sich die Aschewolken verzogen haben.

Die Band ist das Bindeglied zwischen Punks und Metallern, Normalos und Skinheads, Emos und Gruftis, jeder war willkommen und hatte seinen Spaß, und das ist es, was eine Band wie ELÄKELÄISET so wertvoll macht. Und der Spaß natürlich. Naja, vielleicht auch noch der Alkohol. Und die Musik auch.

Wisst ihr eigentlich, dass ELÄKELÄISET um ein Haar die direkten Konkurrenten von LENA MEYER-LANDRUTH beim Eurovision Song Contest (im Folgenden nur noch Grand Prix genannt) geworden wären? Leider sind sie im Finale nur auf dem 3. Platz gelandet und jetzt fahren zwei blonde Damen statt der fünf Rentner nach Oslo. Ok, die Damen sehen besser aus und riechen wahrscheinlich auch besser, aber wenn man sich den Song von ELÄKELÄISET "Hulluna Humpasta" im Vergleich zu den Trällermiezen, die laut ARD "Finnische Weltmusik" spielen, anhört, weiß man, wer wirklich Chancen gehabt hätte. Den Grand Prix der Herzen haben die alten Säcke aber bereits ganz klar für sich entschieden!
Apropos das Lenchen: fast hätte man einen Grand Prix-Abend veranstalten können, denn gerüchteweise soll sich das Lenchen auch öfter mal im Faust als Stammdisco herumtreiben. In dem vollen Laden hat sie sich aber nicht entdecken lassen, aber vielleicht hat sie sich ja einen Sombrero aufgesetzt und sich einen Schnauzbart angeklebt. Ach nee, dass waren WIR ja am Abend zuvor.

Checkt auf jeden Fall die Tourdaten, denn der Wahnsinn geht weiter! Klickt auf www.humppa.com, um euch mit den notwendigen Daten zu versorgen!
Mein Dank geht an die flexiblen Finnen, die keine Mühen gescheut haben, für uns zu spielen und an Christian von Nordic Notes (www.nordic-notes.de). (chris)



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