BORN FROM PAIN + SUICIDE SQUAD :: Unglaublich intensiv
Musa in Göttingen am 14.03.2009
(Fotos by Chris)

Die MUSA in Göttingen ist ein schönes Kulturzentrum am Rande der Stadt, welches neben "Rock gegen Rheuma" (genialer Titel) und anderen Parties, Konzerte, aber auch Proberaummöglichkeiten, Tonstudio und vieles mehr bietet. Ab und an verirren sich auch mal einige härtere Bands in den "Großen Saal" und nach dem BEATALLICA-Gig 2007 war es (leider erst) das zweite Mal, dass ich den sympathischen Veranstaltungsort besuche. Erstaunlich und nicht selbstverständlich ist, dass es in der MUSA noch Flaschenbier und Weizengläser gibt und trotzdem nichts passiert. Es ist halt eine friedliche Szene und völlig egal, was Außenstehende denken oder von dem teilweise martialischen Auftreten der Hardcorefans halten, es geht nur um den "good friendly violent fun" und um ein politisches und gesellschaftliches Gewissen, was in der Szene doch zum Glück sehr stark ausgeprägt ist. Aber von welcher Szene spreche ich eigentlich? Weiß ich jetzt selber nicht so genau, denn heute Abend treffen sich in der MUSA Metaller mit Kutte, Hardcoreler, Skins, Alternative und Emos zu einem Stelldichein. Den typischen Hardcore- oder BORN FROM PAIN-Fan gibt es also nicht und das ist für die Vielseitigkeit auch gut so. Deswegen sind Veranstaltungsorte wie die MUSA so wichtig für das Funktionieren des Untergrunds. Also: Daumen hoch für die MUSA und das Team!




Und wo wir doch beim Thema "Daumen hoch" sind: den Opener machen heute Abend die Göttinger Hardcore-Recken vom SUICIDE SQUAD und den Job erledigen sie definitiv souverän. Gute 50 Minuten bratzen uns Till Jüttner (v), Benny Grapp (g), Heiko Dix (b) und Sascha Leonhardt (d) ihre Songs um die Ohren und als Stil denke ich, greift der gute alte NYHC, HATEBREED, AGNOSTIC FRONT und auch ein wenig BORN FROM PAIN ganz gut. Die Songs sind griffig, mit fetten Breakdowns versehen und dank Till gibt es ordentlich Bewegung auf der Bühne. Vor der Bühne wird sich zwar auch bewegt, aber dann eher noch recht zaghaft und die Anheizersprüche für BORN FROM PAIN werden im Laufe des Gigs mit immer lauteren Beifallsbekundungen quittiert, was schlussfolgern lässt, dass die Band mit zunehmender Spielzeit die Leute immer mehr in ihren Bann zieht. Mir persönlich gefällt der Auftritt sehr gut, auch wenn mir der Gesang über die gesamte Spielzeit doch eine Spur zu eintönig rüberkommt. Das erste Demo der Band könnt ihr hier anchecken: www.suicidesquad-hc.de und die zweite Veröffentlichung "We'll all be dead tomorrow" könnt ihr über www.myspace.com/suicidesquad ordern.




Dann kommen BORN FROM PAIN, deren 2006er Album "War" zum Besten gehört, was der Thrash/Hardcore-Crossover zu bieten hat und eines meiner absoluten Lieblingsalben ist. Aber auch die neue Langrille "Survival" ist ein absolut starkes Stück Musik geworden, was sich definitiv zu hören lohnt. Im letzten Jahr gab es einige Line-up-Wechsel und der Auffälligste ist der am Mikro, denn der ehemalige Bassist Rob hat nun die Frontposition inne und den Bass bedient jetzt Andries Beckers. Den vakanten Posten an den Kesseln besetzt der extrem jung aussehende Roy Moonen, der aber trommelt wie ein alter Hase. Für die brutalen Rifforgien ist wie gewohnt das Doppel Dom Stammen und Karl Fieldhouse zuständig.




Der Schritt vom Bassisten zum Frontmann scheint aber unbedingt notwendig gewesen, denn ich weiß gar nicht, wo Rob all seine Energie abgelassen hat, als er noch den Bass gezupft hat. Überhaupt ist er der absolute Aktivposten der Band, er springt und sprintet über die (für die Größe der Halle) komfortable Bühne, animiert das Publikum unermüdlich mitzumachen und vor allem seine Ansagen zeigen, dass BORN FROM PAIN mehr als nur eine normale Band sind. So plädiert er für den Zusammenhalt aller untergründigen Szenen, seien es Metal, Punk oder Hardcore, da diese Szenen für sich genommen alle nicht sehr groß sind, oder er gibt zu bedenken, dass Touren wie die BORN FROM PAIN-Tour keine Selbstverständlichkeit sind und die Fans diese auch nicht als solche hinnehmen sollten. Aber glücklicher Weise gibt es genug Bands und Veranstalter etc. die diese Risiken auf sich nehmen.
Seine Gedanken zum Thema "Wenig Leute haben Viel" unterstütze ich auch, zumal Vorzeige-Gutmensch Bono von U2 sich ja öffentlich entblödet hat und den Firmensitz in die Niederlande verlegt hat, damit er weniger Steuern zahlen muss als in Irland. Wie kann ich die Armut der Welt bekämpfen wollen und von den westlichen Industrienationen verlangen, anderen Ländern die Schulden zu erlassen, wenn ich, von Geiz zerfressen, mich wehre, in meinem Heimatland Steuern zu zahlen? Es ist ja nicht so, dass Bono und seine irischen Kumpels am Hungertuch nagen. Practice what you preach! Ich habe das große Glück, einen "echten" Job zu haben (keine Zeitarbeit etc.) und freue mich nicht darüber, Steuern zu zahlen, aber wenn ich ein bestimmtes Einkommen habe, habe ich dem Staat gegenüber auch Pflichten, das beinhaltet nun mal auch das Zahlen von Steuern. Diese ganzen "Steuerflüchtlinge" sollte man öffentlich an den Klöten aufhängen!

Musikalisch haben uns die fünf Oranjes aber auch einiges zu sagen, denn der Querschnitt des musikalischen Schaffens der vergangenen 10 Jahre lässt fast keine Wünsche offen (auch wenn ich ganz persönlich meine Lieblingstracks "Grey Life" und "The War is on" vermisst habe): "Final Nail", "Rise or die", "Behind Enemy Lines", "Sons of a Dying World", "State of Mind", "Never die", "Here lies Civilization", "The New Hate", "Kill it tonight", "Hydra", "Stop at nothing", "Relentless", "Scorched Earth" und "Black Gold". Alle Songs, die fetten Breakdowns und Moshparts kommen kompromisslos, hart und perfekt getimt aus den Boxen gekracht und die Soli von Dom sind einfach erstklassig und lockern den harten Sound perfekt auf. Die Songs, die Rob nicht eingesungen hat bekommen zwar seine Handschrift verpasst, aber er bringt die Songs ebenso geil rüber, wie die, die ihm auf seine Stimme geschrieben wurden. Großes Kino!




Die Aufforderung, die Bühne zu bevölkern oder mitzusingen, lassen sich die Anwesenden nicht entgehen und die klassischen Tugenden, wie jemandem, der im Pit gestürzt ist, zu helfen, werden in einer Zeit, in der immer mehr Leute nur an sich denken, zum Glück noch gelebt. Auch die Crowdsurfer werden, obwohl es in der Zuschauermenge so manche Lücke gibt wortwörtlich auf Händen getragen.

Auch wenn (oder gerade weil) der Gig nur gute 70 Minuten gedauert hat, war es unglaublich intensiv, die Energie, die von der Band ausging, wurde dankbar von der Crowd aufgenommen und in den bereits erwähnten "good friendly violent fun" umgemünzt. BORN FROM PAIN haben gezeigt, dass sie nicht nur eine der tourfreudigsten Bands des Planeten, sondern auch eine unglaublich starke Liveband sind, die man mal in einer kleinen Halle, wie der MUSA erlebt haben muss! Mir jedenfalls war es eine Freude und Ehre, der Show beiwohnen zu dürfen. Webseite: www.bornfrompain.com.

Mein Dank geht diesmal an Tourmanager Herald, natürlich an die beiden Bands und da besonders an Dom und Rob sowie M.A.D. Tourbooking und Metal Blade für den Support! Stop at Nothing! (chris)



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