DIE ÄRZTE :: Bei Westerland brechen endgültig alle Dämme
Dortmund, Westfalenhalle 16.11.2007


Das war er nun. Der Abend mit "Die Ärzte" in Person von Farin, Bela und Rod. Was bleibt an Nebenwirkungen und medizinischen Wundern nach einem derartigen Konzertbesuch? Gibt es Folgeschäden? Ist man womöglich mit einem Virus infiziert, den auch "Die Ärzte" nicht beseitigen können. Ein Virus der Rock´n´Roll heißt? Der Reihe nach!

Vorausschicken muss ich, dass ich den ersten Abend die Dortmunder Westfalenhalle besucht habe. Gut 12.000 Leute standen von der ersten Minute an, egal ob Innenraum oder Sitzplatztribüne. Das Publikum war gut durchgemischt. Ich persönlich sah als jüngstes ein ca. drei (!) Jahre altes Mädchen. Der älteste Besucher ging auf die 60 zu. Das Ergebnis: Spaß hatten Sie alle.

"Himmelblau" begannen die drei ihren musikalischen Reigen durch eine jahrzehntelange Bandkarriere, die von Höhen und Tiefen begleitet wurde. Anschließend gab es das "Lied vom Scheitern", um darauf festzustellen: "Ich mag sie noch genau so, wie am ersten Tag." Der erste Klassiker und die Halle schwappte. Es wurde gebalgt, getanzt, geklatscht, gepogt. Ausgelassen und friedlich.
"Oft werden wir gefragt, warum wir nicht mal in großen Hallen spielen, aber die gibt es ja nicht" meinte Farin und stimmt "Hütchenspiel" an. Bereits jetzt nahmen die drei freudig zur Kenntnis, dass die ersten BH´s flogen.

So ging der medizinische Ritt durch die Dekaden weiter. "Ich eß Blumen" oder "Buddy Hollys Brille" wurden von Scharmützeln der drei auf der Bühne begleitet. Bela solidarisierte sich mit den Fans und verbrachte das gesamte Konzert im Stehen an seinen Drums.

Ein geballte Ladung Komik, im Großen und Ganzen stets jugendfrei, wurde in die Halle geschossen. So gab es La Ola einzig mit aktivierten Handydisplays, die das weite rund in einen Sternenhimmel kleideten. Bestaunt von der Bühne, kommentiert mit den Worten: "Sieht geil aus. Freue mich schon, wenn Juli das wieder probiert."

Und weiter ging der musikalische Streifzug. Das neue Album "Jazz ist anders" wurde freilich nicht ausgelassen. Doch immer wieder wurden Klassiker wie "1/2 Lovesong" eingestreut. Einmal wurde es dann doch ruhiger, als "Die traurige Ballade von Susi Spakowski" gesungen wird. "Die Ärzte" wären nicht "Die Ärzte", wenn man hier nicht auch Absicht unterstellen könnte. Denn das Publikum muss sich auch mal kurz ausruhen.

Und wieder wird gefeixt, auch wenn auf die Frage "Wird in dieser Stadt eigentlich Fußball gespielt?" und Bela "Im Moment nicht" antwortet, der Jubel nicht gerade grenzenlos ist. Versöhnlich dann aber doch, denn "Was brauch ich Rio, was brauch ich Paris, wenn ich Dortmund haben kann."

Bei Westerland brechen nun endgültig alle Dämme. Kinder liegen sich mit Erwachsenen klatschend in den Armen und haben ein Leuchten in den Augen. Dieses verschwindet auch nicht mehr, als das Ärzteteam nach über zwei Stunden erstmals die Bühne verlässt.

Doch irgendwann war es dann "Zu spät" und auch ein solcher Abend muss nach mehreren Zugaben zu Ende gehen.

Ich muss persönlich für mich sagen: Ich bin ein Fan der kleinen Konzerte, der kleinen Hallen. Aber die Zeit ist vorbei, an denen man "Die Ärzte" mit 2000 anderen sehen konnte. Dieses Konzert war absolut genial, keine Frage. Nur mir persönlich eine Nummer zu groß.

Und die musikalische Entwicklung der Band ist beängstigend. Mit wenigen Handgriffen Handwerkszeug ausgestattet spielten sie absolut professionell und homogen, was früher durchaus mal anders war.

"Die Ärzte" live sind ein absolut lohnenswertes Erlebnis, welches sich, gemessen an anderen Interpreten, auch für kleines Geld erleben lässt. (ludger)



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