The Escape + Silvery
Bielefeld, Elfenbein 17.01.2004

Das modern Yuppiemäßige Ambiente des Bielefelder Elfenbeins ist nicht gerade die Location, wo man ausgiebig dem Gothic Rock frönen will und doch finden immer wieder Bands dieses Genres ihren Weg dorthin.

Heute waren es die Bielefelder Goth Rocker The Escape, welche nun auch schon fast 15 Jahre auf dem Buckel haben, und die Newcomer von Silvery aus Herford, die kurzfristig für Neon Dream eingesprungen sind, die sich von Bandinternen Problemen nicht lösen konnten

Trotz eines im Gegensatz zur Gesundheitsreform sehr sozialen Preises von 7 Euro (Dafür gibt es seit diesem Jahr nicht mal mehr den gelben Urlaubsschein) fanden nur wenig Leute den Weg ins Elfenbein. Knapp 40 Gestalten hatten sich versammelt als gegen 21 Uhr SILVERY die Bühne betrat. Ihre tief im Batcave/Deathrock verhangenen Songs konnten vor allem durch die teils lasziv-erotische Gesangsleistung der Sängerin überzeugen. Erstmals gab es neben Songs ihres Debüts auch Stücke des neuen Albums zu hören. Musikalisch beeinflusst von Cinema Strange oder alten 80ern wie The Plague und Xmal Deutschland ist es ihnen gelungen, in kürzester Zeit (Sie erfuhren erst eine Woche vorher von der Absage von Neon Dream und sagten sofort zu) einen Set zu formen, der geschickt den Dark Rock frühester Wave Zeiten mit modernen Saitenarbeit verbindet.

Die kurze Umbaupause brachten nicht den Zustrom von massig Fans, dafür hatten The Escape für ihr Heimspiel extra noch alte Songs neu eingespielt. Den Opener machte "Inside" vom 99er Album "Faith and Decay", welches die Gitarren noch sehr zurückhaltend in den melancholischen Gesamtsound integrierte. Leider hatten hier die Regler am Mischpult das seltsame Eigenleben offenbart und spielten die Stimme ein wenig zu leise ein. Mit "willow" vom aktuellen Album war nicht nur diese Kleinigkeit behoben, nein, auch die Gitarren wurden bestimmender und lieferten entspannten Gothic Rock, der sich treibend aus dem etwas spärlich gestreuten Nebel erhob. Ingo, neben Heiko einzig verbliebenes Mitglied der Urbesetzung und mittlerweile dritter Sänger von The Escape, besitzt nicht das dunkle Timbre der ganzen anderen Goth Rock Combos und macht mit klassisch orientierten Stimmbandakrobatiken eine ganz eigene Faszination aus. Er ist die melancholische Seite des heute sehr saitenorientierten Sets. Er ist das perfekte Bindeglied zwischen Key und Gitarre. Das folgende "Waiting for Jon Wayne" dürfte zu den Klassikern gehören und lieferte in der Vergangenheit meist einen perfekten Schlusspunkt unter den Auftritten von THE ESCAPE. Heuer stand es quasi als Einleitung für einen komplett neuen Song, "falling". Hier wurde deutlich, dass die Band in Zukunft die eher rockigeren Töne des letzten Albums weiter verfolgen wird. Hervorragend wie man das vom Debüt stammende "Never" zwar in ein neues Gewand kleidet, aber gleichsam die Originalität wirken lässt. Allein mit dem Keyboard präsentiert uns Ingo das elegisch-dunkle "God?". Der Übergang in das druckvolle "Manderley" lässt man nahtlos erscheinen. In bester Hitchcock Manier erzeugt man geschickt einen Spannungsbogen, der sich in einer elegischen Melodie zum Gipfelpunkt manövriert. Ingo, der anfangs noch behütet die Bühne erstürmte offenbart mittlerweile mit seiner nur noch dezent vorhandenen Haarpracht sein Alter. Und mit dem Schlußstück vom 97er Album (Amaryllis) "danced" hat er selbst für eingefleischte Fans eine wahre Überraschung parat. Das Intro ein Gemisch aus Dramatik und Gefühl, die Saiten elegisch im Sturm des Keyboards schwebend erhebt sich der Gesang und hat wohl hier in der heutigen Darbietung seinen Höhepunkt. "Tears of December" setzte dann den rockigen Schlusspunkt unter einen Auftritt, den man in dieser Art wohl nicht noch mal erleben wird. THE ESCAPE waren gleichzeitig Veranstalter dieses Events und die Enttäuschung über die mickrige Zuschauerzahl war vor allem zu Beginn der Zugabe deutlich auf dem Gesicht abzulesen. Jenige begannen sie mit "This life" und Ingo bewies fortan, dass er auch der deutschen Sprache mächtig ist, denn man coverte den Song "Stern" von L'ame Immortelle. Selbige Band hätte heute nicht geklatscht, sondern sich verbeugt. Hätten sie noch "Lost Page" und "normal day" gebracht hätte ich das gleiche getan, so habe ich eine Band erlebt, die in der deutschen Dark Szene eine Einheit mit Pink turns blue, Love like blood und Secret Discovery bildet und außerdem kann man einen derartigen Auftritt, wie in Pula nicht wiederholen. Letzte Bemerkung wird keiner verstehen, aber unser Interview (siehe Interviews) lässt euch nicht dumm sterben. www.the-escape.de (andreas)

1.) Inside
2.) Willow
3.) Waiting For John Wayne
4.) Falling (ganz neu!)
5.) Psychosis
6.) Closed
7.) Locked In
8.) Never
9.) Believe (auch recht neu)
10.) Piano-Version von God?
11.) Manderley
12.) Devil Dance
13.) Danced
14.) Tears In December

Zugaben:
This Life
Stern (Cover von L'ame Immortelle)