Die Toten Hosen + The Briefs
Minden, Kampa Halle am 09.12.02

Ab und zu brauche auch ich eine Abwechslung von dem ganzen düsteren Kram unserer Seite. Seit fast 15 Jahren hilft mir dabei eine Band, Die Toten Hosen. Die Kampa Halle war an diesem verfrorenen Tag (es gab Leute, deren Thermometer die Anzeige verweigerte) bis zum Bersten gefüllt. Hart, wie die jugendlichen Fans in ihrem Wahn nun mal sind, stellten sich einige brav in T-Shirts an und ließen fortan ihre unterkühlten Körper mit Altbier wärmen.
Doch bevor die große Party losging, musste noch die Vorgruppe überstanden werden. The Briefs aus dem Armee - ääh Amiland versuchten sich mehr schlecht als recht in dieser Position. Während die ersten Reihen sich bereits selber feierten und der Zwischenmusik in der Umbaupause wesentlich näher standen, mühten sich die tapferen Amis mit absolut belanglosem Fun Punk ab. Das war nichts Jungs, verbrieft und ab zurück in die Heimat. Natürlich ohne Porto, dass zahlt der Empfänger, wer auch immer dieser Scharlatan war.
Kurz nach 21 Uhr betraten dann Campino samt seiner Gefolgschaft die Szenerie und ließen sich nicht lang bitten und legten gleich mächtig los. Mit "Opel Gang" fand eine ganz alte Hymne ihr zuhause im zweitem Song. Danach begann 'ne riesen Party mit einer Menge alter und neuer Songs. "Schön sein", "unsterblich" oder "pushed again" ließen die Massen toben. "Wir haben uns einen Virus eingefangen", waren die einführenden Worte Campinos, Gott sei Dank war davon über zwei Stunden nichts zu merken. Campino springt ins Publikum und heizt die Leute mit Sprüchen, welche weder Schröder noch Uli Höneß gerne hören, ein. Aber auch er findet in all dem Gepoge, dem unermesslichen Glücksgefühl, einen Moment der Getragenheit und intoniert das tiefmelancholische "nur zu Besuch". Fast bewegungslos mit starrem Blick steht er im dunklen Lichterschein und erzählt eine Geschichte voller Traurigkeit. Fast übergangslos findet er den Weg zurück und lässt Trinklieder ertönen zwischen Pub und deutscher Feten Kultur. Die 5000 Fans feiern begeistert ihre Helden und ich erreiche mit dem vorletzten Lied endlich meinen Orgasmus. Ich musste wirklich lange auf "das Wort zum Sonntag" warten. Natürlich durfte auch der ganz spezielle Gruß an die Frauen aus Minden nicht fehlen, denn Campino veränderte bei "Frauen dieser Welt" so manche Zeile und huldigte damit das langweilige Frauenvolk in der Provinz (kleiner Scherz an die Frau, welche mich begleitete/ Hey, war ein toller Abend). Zwei Stunden dauerte die Party und bot für politisch interessierte Hörer eine ganze Menge an Aktualität. Egal aus welchem Jahr Songs wie "Hier kommt Alex" oder so sind, sie treffen den politischen Dummschwätzer direkt ins Mark. "1000 gute Gründe" nahm Campino dann auch zum Anlaß die aktuelle Regierung zu kritisieren. Nach mehr als zwei Stunden beendeten die Düsseldorfer ihr Konzert mit der Fußball Hymne "you'll never walk alone" und irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass mein geliebtes St.Pauli bald diesen Song im Rheinstadion von Düsseldorf anstimmen wird. (andreas)