The Crüxshadows + Fictional
Bielefeld, Forum 11.12.2003

Für einen Donnerstag Abend war das Forum recht gut gefüllt und so versammelten sich knapp 250 schwarze Gestalten, um wohl eine der momentan besten Live Bands im düsteren Bereich zu sehen. Doch vor der Kür hieß es, mal sein Gehör der Pflicht in der Form einer sehr mäßigen Vorband zu unterziehen.

Fictional hieß das Duo, welches sich mehr schlecht als recht live präsentierte. Gerrit Thomas ist musikalischer Kopf von Funker Vogt und sie hatten auch schon einen Remix für die Hauptband des Abends gemacht. Dabei wären sie besser geblieben. Denn ihr belangloser Synthie Pop konnte mich wenig überzeugen. Ich könnte jetzt noch weiter ausholen und euch diesen Quatsch näher bringen, aber meine bissigen Bemerkungen musste bereits meine Begleitung ertragen, euch verschone ich hier mal.

Es gab ja auch wichtigeres. Und außerdem war die Beschallung während der Umbaupause wesentlich besser, aber das meine ich gar nicht. Nach kurzem Intro füllte sich die Bühne mit Musikern und zwei Tänzerinnen, die es sich links und rechts auf der Bühne bequem machten. So ein banales auf-die-Bühne-kommen ist für den charismatischen Sänger Rogue natürlich nichts. Er zelebrierte seinen Auftritt, indem er von ganz hinten durch die Zuschauerreihen marschierte. Sein Headphone gab ihm die Beweglichkeit, die er noch des öfteren bis zum Exzess auskostete. Das Hauptset bestand zum größten Teil aus Songs der vergangenen zwei Alben ("Wishfire" und "Ethernaut") wobei besonders das energische "Winterborn" herausstach. Bei einem derart extrovertierten Sänger kann die Musik leicht zur Nebensache werden. Dass dies nicht geschah, dafür sorgte vor allem Rachel McDonnel, die sowohl die klassische (Violine) wie die betörende Komponente (Keyboard) perfekt verstand und für den akustischen Genuss sorgte. Natürlich ist sie auch für's visuelle verantwortlich, aber um ihr nicht zuviel aufzubürden hat man ja die beiden hübschen Tänzerinnen. Und zudem waren die Augen des öfteren damit beschäftigt, Rogue im Zuschauerpulk zu suchen. Manchmal machte er es den Leuten auch leicht, so nahm er sich einem Barhocker, um im Pulk der Tanzenden einen eher ruhigen Song zum Besten zu geben. Dieser Barhocker wurde nach Vollendung des Songs dann brav an seinen Ausgangspunkt zurückgesetzt. Rogue verstand es, das doch eher zurückhaltende Publikum in OWL in eine kompakte, tanzende Masse zu verwandeln. Neben knallendem Elektro Wave gab es mit "a stranger Moment" auch melancholische Momente, bei dem die Violine tränenreich in den Vordergrund drang. Zum Schluß gab es dann noch ein wenig Deutsch mit Rogue, bei dem er sich dem berühmten gelben Lexikon mit L drauf bediente. Nach siebzig kurzweiligen Minuten und einer ganz kurzen Pause kam die Band zurück, um vor allem die alten Fans zu beglücken. Erste Zugabe war dann "Marylin, my bitterness" und von da an gab es kein Halten mehr. Damit es vor der Bühne nicht zu eng wurde, holte Rogue die ersten Reihen höchstselbst auf die Bühne. Den Platz, den er geschaffen hatte, nutzte er fortan, um von "unten" den Song zu beenden. Danach folgten kurze Aufräumarbeiten, bevor man mit "eurydice" einen weiteren Klassiker darbot. Den Satz im Refrain "don't follow me" übernahm das Publikum und dachte doch das Gegenteil. Obwohl man bei den vergangenen Konzerten weit mehr Besucher hatte, ließ es sich die Band nicht nehmen, noch ein drittes Mal aus den Katakomben ins Licht zu kommen. Für mich war es eins der besten Konzerte in diesem Jahr (einzig übertroffen von Pink turns blue) und selten habe ich in OWL eine derartige Stimmung erlebt. (andreas)