Spiritual Cramp + End + Silvery
Falkendom, Bielefeld 03.11.02

Kinder, schämt euch! Da findet in Ostwestfalens grauer Metropole mal ein wirklich cooles Düster-Underground-Konzert statt, und gerade mal gut vierzig von euch Nasen bevölkern den Falkendom... Was der Rest von euch sich hat entgehen lassen, lest ihr hier:
Die ersten Minuten von SILVERY verpaßte ich, was ich danach hörte, klang vielversprechend. Klar: Das Grundkonzept, dunkle Wavesongs mit charismatischen female vocals und fetten Gitarren aufzurüsten (ganz grober Querverweis: THE GATHERING), ist nix Neues. ABER: SILVERY haben durchaus eigenen Charakter, ausgefuchste Synthiearrangements und genug coolen Traditionsbezug (am deutlichsten wurde dies am Rozz Williams-Cover "Into the light"), um aus der Masse hervorzustechen. Gut!
Danach demonstrierten END bei ihrem ersten Heimspiel ever, warum sie momentan wohl einer der besten Gothic-Doom-Newcomer im Lande sind. Die beherzt bangende Saitenfraktion brachte Leben in die Bude, es wurde gelitten, wie es Düsterkoryphäen wie MY DYING BRIDE kaum besser können, Songs wie "Der Diplomat" kamen noch bedeutend besser - weil intensiver - als auf dem (guten!) Debüt-Album "Out Of Eden". Vielleicht mit das Wichtigste: END nehmen ihre schlechtgelaunte Mission spürbar verdammt ernst. Das unterscheidet sie aufs Wertvollste nicht nur von den pathologischen Spaßbacken unserer Zeit, sondern auch vom Gros der schätzungsweise zehntausend TYPE O MOONSPELL-Klon-Poser, die einem von der Industrie momentan so vorgesetzt werden.
Als SPIRITUAL CRAMP mit "Compassion" in ihren Set einstiegen, wurde es schlagartig rein elektronisch im Saal. Was nach zwei Gitarrenbands eigentlich ein gewagtes Experiment war, funktionierte hier prächtig. Von einer gelungenen Lightshow untermalt, stimmte die Atmosphäre von Anfang an, in der sich ebenso anspruchsvolle wie ohrwürmelige Electro-Wave-Nummern wie "The Witch" oder "Illusion" entfalten konnten. Spätestens beim BAUHAUS-Cover "Passion of Lovers" war die Charme-Offensive der Ostwestfalen von Erfolg gekrönt. Komme mir hier keiner mit "Gruft-Techno"- diese Band läßt im Gegensatz zu vielen Genrekollegen auch schon mal Tanzfläche Tanzfläche sein; dann liegen über dem Donner der Maschinen subtile, teils klassisch beeinflußte Arrangements, gleich drei kompetente SängerInnen (oder sagt man "Singende"?) verleihen den Songs Stimme und Gesicht, und atmosphärisch-zerbrechliche Stücke wie "Raven" bringen genug Abwechslung in die Sache - kurzum: Hier wurde alles richtig gemacht, was eure Lieblings-Electroband garantiert falsch macht.
Pünktlich um Mitternacht war dann Schicht im Schacht; wer da war, ging mit zufriedenem Grinsen nach Hause. Fazit: Der Underground lebt. Wer's heute verpaßt, bereut es in zwei Jahren.
In diesem Sinne,
Zulu