EVER EVE + TEARS OF MYSTIGMA
Ibbenbüren, Scheune (27.10.)

Wo liegt Ibbenbühren? Konzert in einer Scheune? Fragen, die man sich stellen kann, aber nicht muß. Es war ein fast spontaner Entschluß, dieses verschlafene Dorf im Norden Ostwestfahlens anzusteuern. Aber einer, den man nicht bereute. Als wir das rustikale Innenleben des Veranstaltungsortes erreichten, versuchte gerade die erste Band, sich einem größerem Publikum vorzustellen. Das Größe genau so relativ wie Zeit ist, bewiesen uns die 73 zahlenden Gäste. Die lokale Band "Deicide" (oder so ähnlich) spielten progressiven Metal mit der typischen Eunuchen Stimme. Aber damit ist mein kurzzeitiger Entschluß, meinen Samstagabend zusammen mit einheimischen Hinterwäldlern zu verbringen, nicht beantwortet. Hey, nicht aufregen, war nur Spaß. Denn als zweite Band spielten "Tears of Mystigma", welche eine wirklich überzeugende Debüt CD veröffentlichten (siehe Reviews).

Eingehüllt in Nebelschwaden betraten die Musiker die Bühne, um ihre getragene Variente des düsteren Rocks darzubieten. Der Opener "desillusion" besticht neben dunkler Atmosphäre mit fast poppigen Melodielinien. Sänger Torsten unterstützt das straighte Riffing mit fast balladesker Monotonie. Seine dezente Rückhaltung zu Beginn entwickelt sich beim traurig angehauchten "Weakness" zur dezenten Ausuferung. Die Gitarren erzeugen ein wenig Sisters Atmosphäre. Auch das ruhige "supreme suffering" lockt die Kulturbanausen nicht aus ihrer Umklammerung. Die Band gibt sich sichtlich Mühe und bis auf den knarzenden Sound vom Bass schadet man auch kein Gehörknöchelchen. Aber der Funke scheint nie überzuspringen. Was eher am Publikum, als an der Band liegt. Neben Songs ihrer aktuellen CD gab es mit "adrenalized", "pre final eyes" und "elusive existance" auch drei neue Stücke zu hören, in denen die Gitarren ein wenig bestimmender agierten. Und, welch wunder, mit der ersten Zugabe lockte man die Besucher doch aus seiner Lethargie. "Love is a shield" von Camouflage vereinigt in perfekter Weise die Spielarten der Band. Verspielte Melodien zwischen Dunkelheit und getragener Schwere. Das Ganze aber immer weit weg vom depressiven Suizid-Sound. Und der Schlußpunkt mit "to dread a new horizon" könnte in seiner Erhabenheit zum perfekten Schlußsong der Band werden. Ein gelungener Auftritt, allerdings erwarte ich beim Heimspiel mehr Zuspruch. Was nun folgte war eine der genialsten Darbietungen der letzten Zeit.

Ein orchestrales Intro begleitete Ever Eve beim Betreten der Bühne. Und gleich der erste Song "mysery dawn" von ihrer besten CD, "regret", ließ eine düstere Gefühlswelt erwachen. Sänger MZ Eve 51, wie er sich seit neuestem nennt, überzeugte mit einer extrovertierten Darbietung. Nicht nur seine Stimme war beseelt von Ausdrucksstärke, auch seine wohl gesetzten Gesten, das Spielen mit dem Mikrofonständer und die Maskierung mit seinen eigenen Haaren erzeugte ein Gefühl der Trance. Das folgende "someday" ihrer aktuellen CD verzichtet auf die elektronische Verspieltheit und liefert puren Gitarrensound aus einer finsteren Welt. Auch die folgenden Stücke präsentierten das aktuelle Album, bevor man mit "fall into oblivian" erneut ein Stück von der "regret" darbot. Fast schon als dunkle Ballade erschien "Suzanne" im explosiven Soundgewitter. Im ganzen Wall of Sound fand man auch die Zeit, an den verstorbenen Sänger Tom zu erinnern. Mit "on lucid wings" ließ man die Vergangenheit aufleben. Das folgende "Fade to grey" erfüllte die Scheune mit einem Hauch der 80er. Perfekt wurde dieser alte Visage Song in die neue Gitarrenwelt verfrachtet. Nach einer kurzen Unterbrechung explodierte die gesamte Band bei "pilgrime", um im folgenden Cover "House of the rising Sun" dem Auftrittsort auf seltsame Weise zu huldigen. Diese kleinen Konzerte sind ein Hort der Innovation. Es sind die Kleinode, welche Musik zum Erlebnis machen. (andreas)

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