FRONT LINE ASSEMBLY :: Neue Energie dank neuem Line-Up
Stil: Industrial / EBM - Review zu "Improvised Electronic Device" lesen


Während meines Ausflugs zum Gig in Hamburg der mittlerweile als Legendär zu bezeichnenden Formation "Front Line Assembly" hatte ich gehofft, ein Interview mit Bill Leeb zu führen. Jedoch bis zum Tage X war leider keine Bestätigung für das Gespräch eingegangen. Zu meinem Glück jedoch waren die "neuen" Front Line Jungs gerade noch beim Soundcheck, als ich eintraf. So konnte ich Bill direkt fragen und neben sehr interessanten Eindrücken seiner Deutschkenntnisse auch noch vor dem Konzert mit ihm im Tourbus einen "Wodka O" genießen. Da ich relativ unvorbereitet war, weil ja keine Freigabe für ein Interview, war das Gespräch daher auch eher kurz. (oliver garrandt)
www.myspace.com/thefrontlineassembly



Hi Bill, erst mal vielen Dank für das kurzfristige Gespräch. Ich hatte ja ehrlich gesagt nicht mehr die Hoffnung gehabt. Umso schöner ist es, dann doch noch die Gelegenheit zu haben.
Euer neues Album, welches ihr auf der aktuellen Tour präsentiert, ist ja eingeschlagen wie eine Bombe. Für mich persönlich war, oder ist es bisher auch, das Album des Jahres. Wie kommt es dazu, dass es unter dem Namen "Front Line Assembly" nach über drei Jahren wieder ein neues Album veröffentlicht habt? Zumal du ja selbst mit Noise Unit oder Delerium auch noch andere Projekte hast.
Vielen Dank! Ja, es ist umwerfend wie das Album bei der Presse und den Kritikern angekommen ist. Ich bin selbst sehr erstaunt, denn es ist doch ein klassisches Front Line Album.




Woher habt ihr diese neue Energie genommen? Und wie kam es zu dem Zusammenspiel mit Al Jourgensen, der ja auch einen Song besungen hat? Auf dem Inlay ist sogar zu lesen, dass es eigentlich sein Song ist.
Das liegt wohl eher an den Jungs (und meint die drei neuen Mitglieder der aktuellen Besetzung). Die haben einfach dem Ganzen neue Energie eingehaucht. Ohne deren Unterstützung wäre es wahrscheinlich nicht so gelaufen. Al und ich kennen uns ja nun sehr lange. Er hatte gerade eine Trennung hinter sich und kam mit dem Text auf uns zu. Wir besprachen das alles und so haben wir dann nur die Musik hinzugefügt. Er selbst hat dann aber natürlich das auch singen wollen.




Und was macht Rhys Fulber derzeit? War er doch über Jahre ein fester Begleiter von dir und natürlich Front Line.
Er lebt mittlerweile in L.A. und produziert weiterhin Musik. Ich bin doch eher der von uns, der mehr Bewegung braucht und möchte nicht so leben. Er hat seine Familie und die Musiker kommen zu ihm ins Studio. Ich möchte leben und durch die Welt reisen. Ich bin bestimmt schon drei Mal um die Welt geflogen. Möchte lieber auf dem Weg zu einem Gig mit dem Flugzeug abstürzen und weiß, dass ich dann gelebt habe und nicht als alter Mann mal im Rollstuhl enden. So war es eben unmöglich zusammen noch mal zu touren.




Euer neues Album ist von den Texten sehr politisch geworden, wie ich finde. Wie kommt das bei den Fans an und was ist eure Motivation gewesen.
Nun ja, das stimmt, aber man kann einfach nicht den Kopf in den Sand stecken. Jeden Tag siehst du in den Nachrichten, wie tote Soldaten nach Hause gebracht werden. Das kann keinen kalt lassen. Dabei ist es fast schon egal, um was es bei dem Krieg geht. Rohstoffe, Politik, Macht. Wer weiß das schon. Andererseits haben wir aber versucht, das Album nicht zu kopflastig zu gestalten. Schließlich sind wir Musiker und keine Politiker. Dabei soll der Spaß an der Musik nicht zu kurz kommen. Aber jeder von uns macht Politik. Es fängt ja schon damit an, ob du bei dem großen Burger-Haus eben was kaufst oder einfach was echt Handgemachtes bei dem kleinen Laden um die Ecke.




Du meinst den Krieg, den Kanada an der Seite der USA führt? Kannst du denn dich damit identifizieren, oder wie ist da die Stimmung in Kanada?
Ja genau, ich glaube nicht, dass der Krieg sinnvoll ist. Keiner weiß wirklich, für was oder gegen wen man kämpft, und die Toten treffen dann immer mehr Familien. Egal, ob da 1800, 18000 oder viele andere Tote. Dabei werden die zivilen Opfer von uns direkt nicht mal wahrgenommen. Die bleiben ja in ihrer Heimat.




Zurück zu euch, dem Hier und Jetzt. Eure Tour hier in Hamburg in so einem "kleinen" Club unter der Woche war sicherlich keine Traum-Location. Wie kommt ihr damit zurecht und werdet ihr heute Abend noch mal ein wenig Hamburg genießen? Dein Gitarrist fragte mich vorhin, wie weit denn die Reeperbahn entfernt wäre, feiert ihr heute also noch ein wenig?
Der Club hier ist eindeutig mit einer schlechten Musikanlage ausgerüstet, (fast fünf Stunden Soundcheck, bis endlich alle zufrieden waren) und weil wir morgen schon wieder weg sind, wird es heute nichts mit Feiern. Die Jungs wollen eventuell noch vor dem Gig zur Reeperbahn. Ich selbst war ja nun schon mehrfach dort und brauche das vorher nicht noch mal.




Ich hab euch auch auf dem Amphi gesehen. Werden wir auf dieser Tour ein ähnliches Set und Show sehen? Und wie ist das so auf so einem großen Festival, wenn nahezu alles, was Rang und Namen hat, so dicht zusammen kommt? Wird da wenigstens gefeiert?
Wir spielen natürlich jede Show der Location und dem Publikum angepasst. Was bedeutet, dass wir heute Abend zumindest auf der Bühne nicht so viel Raum haben werden. Aber der Spaß für uns wie vor allem auch für das Publikum kann bei so einer kleinen Bühne vor vielleicht 150-200 Leuten durchaus größer sein, als es vor 5000 Leuten wie in Köln ist. Ist man doch näher dran am Einzelnen. Wir spielen aber jedes Konzert einzigartig dem Abend angepasst. Jedoch scheint das deutsche Publikum da nicht ganz so entspannt zu sein, wie es z.B. in Belgien oder Holland der Fall ist. Viele Leute "rauchen" auch mal etwas, so dass die Stimmung dort immer komplett anders ist.
Zum letzten Teil der Frage: sicher. Kevin (Skinny Puppy) und ich kennen uns ja schon viele Jahre und feiern dann auch gern zusammen. Außerdem standen unsere Wagen beim Amphi ja auch noch direkt nebeneinander.




Ich danke dir für das spontane Gespräch und belasse es bei den weiteren Fragen, denn den privaten Teil werde ich mal einzig in meinen Erinnerungen behalten. ;)
Gern geschehen. Und danke, genießt die Show bis später.




Startseite