UNHEILIG :: Die Welt ist eine Bühne
Stil: Deutsch Pop - Review zu "Puppenspiel" lesen
Bandmitglieder: Der Graf sowie als Liveband: Licky & Henning


Ende Februar erschien das neue Werk von Unheilig. Erneut erwartet den Hörer ein Mix aus elektronischer Eleganz, modernen-eingängigen Melodiebögen, autobiographischer Prosa und latent kitschigen Balladen.
Insgesamt erklingt "Puppenspiel" im Vergleich zu den Vorgängeralben "Zelluloid" und "Moderne Zeiten" noch eine Spur emotionaler. Die Fans danken es mit Platz 13 in den Charts und teilweise ausverkauften Konzerten bei der momentanen Tour. Grund genug also, dem Grafen mal auf den Zahn zu fühlen. www.unheilig.com (andreas)




Dieser Tage erreichte euer aktuelles Album "Puppenspiel" das Licht der Welt. Was steckt hinter dem Titel und wo ist der Hauptunterschied nach der eher filmischen Bearbeitung auf Zelluloid?
Die grundsätzliche Idee zu "Puppenspiel" trage ich schon ziemlich lange in mir. Die Gegebenheiten des Lebens mit dem Bezug des Theaters oder jeglicher anderen Darstellungsform der Bühne zusammen- zubringen, reizte mich schon seit einigen Jahren. Allerdings, empfand ich immer wieder, dass die Zeit dafür noch nicht reif war und widmete mich daher immer wieder anderen Themen, wie sie sich auf den Vorgängeralben befinden.

Unheiliglieder sind in ihrem Kern alle auf eine gewisse Weise autobiographisch. Sie orientieren sich immer an etwas, was mich berührt, was ich erlebt oder gesehen habe. "Puppenspiel" ist im Grunde eine neue Darstellungsweise all dieser Begebenheiten im Rahmen des Vorhangs und der Bühne. Ich denke, das letztendliche Bild zu Puppenspiel nahm mit den eigenen Erfahrungen und Erlebnissen gerade im Live-Bereich immer mehr Form an, was dann dazu führte, dass sich Puppenspiel immer mehr in meinem Kopf manifestierte.

Ich erkannte, dass sich zwischen dem realem Leben und dem Leben auf der Bühne, die Grenzen immer mehr auflösten und mir zeigten, dass die einzelnen Geschichten der Unheiligsongs und der Bühne miteinander verschmolzen. Die Bühne ist durch die letzten Jahre ein fester Teil im meinem Lebens geworden. Dort habe ich mit die schönsten Erlebnisse und dort kann ich die einzelnen Lieder für die Fans präsentieren. Im Grunde, ist sie durch die Musik eine unverzichtbare Ausdrucksform für mich geworden, wo all die einzelnen Geschichten der Unheiliglieder gelebt und erzählt werden.

Der Grundgedanke "Die Welt ist eine Bühne" entstand und somit war die Basis zu "Puppenspiel" für mich gelegt. Jede Thematik, die mich beschäftigt und sich in meinem Kopf befand, konnte ich durch den Oberbegriff "Puppenspiel" verwenden. Themen wie Liebe, Hass, Diktatur, Angst, Leben, Hoffnung, Abschied etc. sind mit Puppenspiel grenzenlos in Einklang zu bringen.

Der Unterschied zu "Zelluloid" ist für mich schon enorm, da" Zelluloid" sich lediglich mit dem Erlebtem befasste und nicht mit all diesen Punkten





Unheilig Songs weisen auch immer autobiographische Züge auf, wie intim gehst du auf "Puppenspiel" zu Werke?
Beim Schreiben der Songs merkte ich, dass ich so intim wie nie mit den Themen und Texten umging. Mehr als bisher. Alles, was in mir war, konnte ich auch bei diesem Album einfach rauslassen und hat mir im Grunde mein eigenes Leben auch immer wieder selbst erklärt.




Würdest du die Texte im Nachhinein eher aus der Sicht des Puppenspielers oder der Puppen sehen?
Das Puppenspiel ist eine Ausdrucksform, welche die Menschen schon seit Jahrhunderten begleitet und durch die sie ihr eigenes Leben vor Augen haben. Im Grunde eine Art Spiegel des Lebens, in dem sie sich in den verschiedensten Situationen selber sehen können oder sich gar wieder erkennen.

Die Rollenverteilung, wer die Puppe ist oder wer von etwas geführt wird, ist somit nicht festgelegt und ermöglichte mir, in den Songs in jegliche Erzählungsform die das Leben beinhaltet zu wechseln. Jeder Mensch wird durch etwas geleitet oder geführt ähnlich wie eine Puppe. Das kann ein Ereignis, ein anderer Mensch, ein Schicksal oder eine Religion sein, an der man sich orientiert, ähnlich wie die Hand, die das Kreutz und Garn eine Puppe führt.

Der Zuhörer hat so die Möglichkeit sich in allen Songs von Puppenspiel wiederzufinden und sie auf sein Leben zu beziehen.





In "kleine Puppe" wird diese Sicht mal deutlich. Da in jedem Mensch auch eine böse Seite steckt, wäre es hier nicht mal Zeit, diese Seite auszuleben, oder würde der Gesamtkontext des Albums dadurch zerstört. Anders gefragt, ist das Ganze textlich nicht zu brav?
Kleine Puppe hat nichts mit gut und böse für mich zu tun. Der Song beschreibt den Puppenspieler, wie er mit seiner Puppe spielt. Gut und Böse steht hier nicht für mich im Vordergrund.

Ich lebe immer alles aus, was in mir drin ist, wenn ich Lieder schreibe. Als Mensch bin ich so wie ich bin und unterdrücke da keine Lebenseinstellung. Es gibt auf jedem Album immer wieder Facetten, die ich in mir selber wieder finde und ich so meine Meinung zu den Dingen sagen kann.

Zu brav finde ich die Texte des Albums nicht. Gerade bei "Die Bestie", finde ich werden die Dinge klar gesagt - und brav kann man das nun wirklich nicht nennen.





Musikalisch geht es eher poppig eingängig zu, gab es auch mal Überlegungen mal eine größere Schüppe NDH (wie z.B. bei "Lampenfieber") zu integrieren?
In ein Unheiligalbum fliessen immer ale Musikstile mit ein, die es gibt, denke ich. Da sind für mich keine Grenzen gesetzt. Unheilig hat mittlerweile in meinen Augen eine bestimmte Stilistik erreicht.

Ob es nun poppig ist oder hart, fällt immer anders aus, aus der Sicht des Zuhörers im Bezug zu seinem eigenen Musikgeschmack. Für mich ist in "Puppenspiel" alles enthalten, von Rock bis Pop und eine Lastigkeit, zu einem Stil, gibt es da eher nicht.





Ist Unheilig wunderschöne, verträumte, romantische Musik, welche keinem weh tun darf oder keinem weh tun soll?
Die Musik, die ich mache, ist im Grunde ein Spiegel meiner selbst. Hörst du meine Musik, dann kennst du mich, wie ich bin. Ich sage meine Meinung und mache deutlich wie ich die Dinge sehe. Als Mensch und auch in der Musik.

Allerdings versuche ich den Zuhörern schon etwas mitzugeben und das sollte auch positiv sein. Es gibt schon genug Dinge im Leben, die es uns allen nicht gerade einfach machen, warum sollte ich also Musik machen, die den Menschen weh tut.





Auffällig ist der Hang zu betörenden Hooklines. Wie wichtig ist euch die Ohrwurmqualität eines Songs und machst du manchmal diesbezüglich textliche Abstriche (Wortwahl, Wortklang)?
Wenn ich selber Msuik höre, möchte ich auch eine Melodie im Lied haben, wo ich mich immer wieder drauf freue beim Hören. Ein Rhythmusgeklatsche, ohneEmotionen, ist da eher nichts für mich. Ich mache die Musik so, wie sie aus mir herauskommt und denke gar nicht so viel drüber nach.

Textliche Abstriche mache ich nicht. Wieso auch.





Wie würdest du reagieren, wenn ich beim balladesken Song "sei mein Licht" völlig wertfrei das Wort "Kitsch" auf die Waagschale legen würde? Mach ich jetzt einfach mal.
Jeder soll seine Meinung sagen, so wie er die Dinge sieht. Das ist vollkommen in Ordnung und auch wichtig. Ob ich diese Meinung dann teile, ist wiederum meine eigene Meinung.

Ich sehe das in diesem Fall nicht so, denke da aber auch nicht so viel drüber nach, welche Stilrichtung ein Lied ist oder ob es nun kitsch oder nicht ist. Ich stelle mir immer nur eine Frage, wenn ich Musik höre. Gefällt mir das was ich höre oder nicht. Einstufungen der Stile, machen immer andere, um Musik zu beschreiben.

Ich habe keine Probleme meine emotionale Seite zu zeigen. Warum sollte ich das dann nicht auch in der Musik tun.





Besonders faszinierend fand nicht nur ich "Spiegelbild". Steckt hier eine bestimmte Person hinter oder geht es hier um das "andere Ich"?
Die Bühne wird oft als eigenes Spiegelbild gesehen. Jeder Mensch sieht eine Person oder eine Geschichte, in der er sich wieder findet oder selber sieht. In diesem Lied führe ich ein Zwiegespräch mit meinem Spiegelbild. Ich sehe mich als Kind, sehe meine Ängste, Träume und Erfahrungen, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.




Ist es dir wichtig, bei "Puppenspiel" auf bildgewaltige Parolen zu verzichten und den Hörer eher in einen inneren Gedankenprozess zu integrieren?
Musik sollte schon hintergründig sein, finde ich. Alledings auch nicht zu kompliziert. Das sollte sich die Waage halten. Aber ehrlich gesagt, mache ich mir da beim Schreiben gar keine Gedanken drüber. Ich mache einfach Musik und schreibe Texte, so wie sie aus mir herauskommen.

Das, was dabei herauskommt, ist einfach so wie es ist. Man sollte auch nicht Musik zu sehr sizieren. Entweder kann dann der Zuhörr damit etwas anfangen und sich in ihr wieder finden oder nicht. Das wiederrum kann er dann ganz für sich alleine entscheiden.





Was steckt hinter dem "Feuerengel", angeblich eine Phantasiegestalt aus Kindertagen?
Die Gedanken, die ich beim Schreiben von "Feuerengel" hatte waren, was passiert, wenn man nur Unmut und Missgunst erntet. Wenn niemand da ist, der einen versteht und man sich im Grunde alleine auf der Welt fühlt. Jedes Handeln und jede Befreiung scheint dann unmöglich, weil das Vertrauen von aussen fehlt.

Die letztendliche Lösung findet man nur, wenn man sich an etwas wendet, was man nur ganz alleine für sich hat. Man taucht in seine eigene Phantasiewelt ein, die einen führt und weg bringt von allem, was einen in der realen Welt zerstört. Im Grunde beschreibt diese Lied, die Flucht in eine eigene Welt, wo man verstanden wird, so wie man es als Kind gemacht hat indem man die Dinge spielerisch verarbeitet hat.





Der Schlusssong erklingt wie eine Liebeserklärung, an wen ist sie gerichtet und warum beendet ein Instrumentalsong danach das Album?
Ich denke, du meinst, der Vorhang fällt. Ich habe mich häufig bei den Fans für die jahrelange Unterstützung bedankt. All das, was ich bin und was ich erlebt habe, verdanke ich ihnen. Ich finde, dass Unheilig enormes Glück hat, so tolle Menschen als Fans zu haben. Dies ist für mich außergewöhnlich und treibt mich an, immer weiter zu machen.

Mit diesem Lied möchte ich mich bei Allen bedanken und widme diesen Song jedem Einzelnen von ihnen. Sie haben mir mehr gegeben als nur Applaus und dafür habe ich dieses Lied geschrieben





Die bekanntesten Puppenspiele stammen wohl von der Augsburger Puppenkiste, gibt es noch Kindheitserinnerungen daran?
Ich habe früher als Kind mal Marionetten gebaut, wobei das mit dem Puppenspielalbum eher nichts zu tun hat. Hier war eher die Brücke von leiten und geleitet werden bei mir im Vordergrund.




Ihr geht jetzt mit Down Below auf Tour. Wie seht ihr deren Erfolg beim BVSC und sind derartige Veranstaltungen auch für euch interessant?
Ich habe mich für die Jungs sehr gefreut und mir auch alles angesehen. Ich fand es gut, dass mal die ganze Plastikmusik der heutigen Zeit nicht im Vordergrund stand und mal vernünfige Musik in meinen Augen gewonnen hat.

Ob sowas für mich interessant ist, kann ich nicht sagen. Das muss ich für mich entscheiden, wenn ich vor dieser Frage stehe.





Beim "Wedding Planer" ward ihr ja schon im Fernsehen. Wie kam es dazu und habt ihr sofort zugesagt?
Der Bräutigam wollte immer, dass auf seiner Hochzeit seine Lieblingsband spielt. Ich war schon gerührt, als ich erfuhr dass Unheilig das ist. Die Braut hat dann Kontakt zu uns gesucht, um ihn damit zu überraschen. Das Ganze war allerdings auch erst von der organisatorischen und technischen Seite umsetzbar, weil die Agentur von Pro sieben der Braut und uns geholfen hat. Somit war alles für mich stimmig und wir haben dann zugesagt und ich muss schon sagen, dass es eins meiner schönsten Erlebnisse mit den Fans war.




Gab es in den letzten Jahren Probleme aufgrund eures Namens und wie seid ihr damit umgegangen?
Ich für meinen Teil hatte damit bisher keine Probleme. Natürlich gibt es immer wieder Leute, die damit nichts anfangen können oder sofort Dinge hineininterpretieren, die damit nun überhaupt nichts zu tun haben. Allerdings bin ich auch nicht dafür da, das Weltbild einiger Menschen zu verändern oder diese dann zu überzeugen.




Wie würdet ihr selbst einen VIVA Moderator beraten, der gar nicht weiß, wie er euer Video ankündigen soll?
Ich würde ihn fragen, ob er nicht doch was anderes machen will.




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