L'ÂME IMMORTELLE :: Die schwarze Szene stirbt langsam aus
Stil: Elektro Rock
(Fotos by Oliver Garrandt - www.abstrakte-fotografie.de)


Am 20.10. hatte ich vor dem Konzert in der Hamburger Markthalle die Möglichkeit wahrgenommen, mich mit den beiden Musikern zu unterhalten. Gesagt getan und so saßen wir nun zusammen in einem Büro. Beide waren eher straßentauglich locker gekleidet und nach der freundlichen Begrüßung ging es denn auch gleich ans Werk. Wobei mir besonders der Wiener Dialekt der beiden Hauptprotagonisten von L'âme Immortelle auffiel, der im Gesang nirgends zu hören ist. Und wir haben viel gelacht :-)
(Oliver Garrandt und Kimja van den Berg (Schreiberin))



Ihr arbeitet in verschiedene Bands (Ash, Sonja, Thomas). Wie bekommt ihr das alles unter einen Hut?
Sonja: Letztlich ist es deine Frage der Einteilung. Wir arbeiten viel, obwohl das was wir an Arbeit machen ja bei anderen auch Freizeitvergnügen wäre. Und wenn man ein Ziel verfolgt, ein Bedürfnis hat, das es klappt. Bisher hat das alles geklappt.





Interessenkonflikte bei Tourplanungen und anderen Projekten wären da sicherlich die Folge. Wie habt ihr das Problem gelöst?
Thomas: Solche Gedanken kommen bei uns nicht auf.
Sonja: Wir planen sehr langfristig und daher sind solche Gedanken, welches Projekt Vorrang hätte uns fremd. Bisher kamen solche Gedanken nicht.
Thomas: Hinter einer erfolgreichen Band steht eben eine erfolgreiche Band. Wir haben bis Ende 2009 eine gute Planung und sind bis Ende nächsten Jahres sehr gut ausgefüllt. Dabei halten wir uns sehr stark an unsere eigenen Deadlines.





Unterschiedliche musikalische Richtungen wie Nachtmahr / Sonjas Projekte bei Persephone z.B. und dann das Zusammenspiel bei L'âme Immortelle. Wie passt das?
Sonja: Bei dem so lange Planen sind auch Lücken gegeben. Die entstehen zum Beispiel bei den CD-Planungen. Wir setzen uns dabei selbst unter Druck. Uns gibt dabei aber keiner vor, wann das Album z.B. fertig sein muss.
Thomas: Wir leben nicht von Album zu Album wie viele andere Bands. Das ist bei uns ein Prozess, der sich entwickelt. Dabei kommen immer wieder Songs zusammen und irgendwann ergeben die ein Gesamtkonzept.
Sonja: Jeder bringt sich mit dem ein, wie er es eben mag. Immer das Selbe machen, wie eben auch bei "Persephone" wäre ja auch langweilig.
Thomas: Richtig. Es wäre sehr klischeehaft, aber eigentlich ist es Sonja, die die härten Stücke gern mal hätte. Gegenüber "Nachtmahr" ist es einfach auch was anderes. Und schön was anderes zu machen.





Wie kommt es das ihr wieder bei eurem alten Label gelandet seid? Wie war es beim Majorlabel und warum wieder Indie?
Sonja: Haben gute Erfolge gehabt z.B. mit "Als die Liebe starb" und uns dann zusammen überlegt, das Label zu wechseln und es dann auch gemacht. Eine Verlängerungsoption nach "Auf deinen Schwingen" (inkl. Videoproduktion) wurde aber nicht wahrgenommen und man musste sich bei deinem Majorlabel auch an andere Arbeitsweisen gewöhnen. Die sind nicht so langfristig orientiert wie wir es von dem Indie und uns gewohnt waren. Schließlich hatten wir auch über die Zeit beim Major immer eine gute Verbindung zu Alex und sind dann zu ihm zurückgekehrt.




Tieftraurig romantische Musik, die auch oder gerade auf den letzen beiden Alben sehr viel von der Beziehung zum Tot handelt. Gibt es dazu eine besondere Verbindung? Ich wage es nicht zu behaupten, dass ihr nur Klischees bedienen wollt. Dafür ist, glaube ich, zu viel konzeptionelle Arbeit in den Alben.
Thomas: Das ist mal eine Interessante Frage. Allein auf die Idee zu kommen, "ein Klischee bedienen zu wollen", zeigt eventuell kein Verständnis für die Sache. Für uns ist es normal, sich mit Friedhof, Tod und Vergessen auseinander zu setzen. Es ist ein Stück der Wiener der Toten, die dabei verarbeitet wird.
Sonja: Es ist ein schmaler Grad auf dem wir da gehen, aber mit dem Album "Namenlos" sollte kein Klischee verfolgt werden. Das ist uns auch hoffentlich gelungen.
Thomas: Die schwarze Szene wird immer weniger und stirbt langsam aus. Die Frauen aus der Metal-Szene sehen viel mehr nach Gothic aus als die Gothics selbst. Das alte Gothic-Klischee ist da rar geworden, da niemand sich mehr traut dazu zu stehen. Dabei entfernt sich die Musik immer mehr von dem Thema, das eigentlich die Szene ausmacht. Niemand möchte mehr weich sein, nur Härte zählt. Es geht immer mehr Richtung Metal- oder HipHop-Klischees. Früher war es noch wichtig auch soft zu sein.
(Anmerkung: Friedhof der Namenlosen ist ein Friedhof in Wien)





Woher zieht man nach sovielen Stücken noch Inspiration und neue Ideen? Vor allem, wenn es doch weiterhin euren unverwechselbaren Stil behalten soll?
Thomas: Inspiriert werden wir im Grunde auch durch Musik. Als Produzent und man ist ja auch selbst Konsument. Dabei nimmt man ja auch bewußt oder auch unbewußt Einflüsse von anderen Bands auf. Die ruhigen Sachen von "Apocalyptica" in ruhigeren romantischen Phasen wie aber auch "Peter Gabriel" und "Nine Inch Nails". Ich bin da sehr vielseitig interessiert und für mich gibt es nur zwei Kategorien von Musik: gute oder schlechte Songs!
Sonja: Ich höre gern mal "Radiohead" und zu Haus auch sehr gern ruhigere Sachen, "Sisters of Mercy" wäre da noch. Tendenziell eher Richtung melodisch / ruhig.
Thomas: Tendenziell eher kraftvoller deswegen auch der kraftvollere Part bei "Lâme Immortelle".





Persönlicher Review: Ihr blickt auch locker 10 Jahre Musikgeschichte zurück, wie schafft ihr das?
Thomas: Ich denke, da an ein Interview von gestern in Bochum... es ist für uns: "Die Erkenntnis das man noch immer da ist!" Man hat viele Acts kommen und gehen sehen. Bei vielen wurde gesagt, "das wäre die Zukunft" und heute hört man nichts mehr von ihnen oder kennt sie nicht mal mehr. Wir sind beständig und uns selbst treu geblieben. Vielleicht haben wir uns selbst Stolpersteine in den Weg gelegt und wären kurzfristiger erfolgreicher gewesen. Aber ob wir dann noch wir wären oder existieren würden, ist eine andere Frage.
Sonja: Wir haben Spass am Touren & am Alben produzieren. Es erhält die Freude daran, wenn man immer das machen kann was man gerne möchte.





Was macht ihr in eurer Freizeit, so es die überhaupt gibt?
Sonja: Da bleibt nicht viel Zeit übrig, sich mal Star Wars oder Herr der Ringe anzuschauen. Wenn man nicht viel zu Hause ist, ist die Zeit dort aber umso erfreulicher. Man freut sich auf zu Hause und macht es sich dort besonders wohnlich und gemütlich.
Thomas: Ich versuche viel Zeit mit meiner Freundin und Tochter (gerade erst 6 Monate alt!) zu verbringen. Gemütlich zusammen zu sein, zu kochen und kleine Ausflüge machen. Einfach was anderes machen. Das was sonst andere in ihrer Freizeit machen, ist mein Beruf. Ich möchte auf keinen Fall versäumen, meine Tochter aufwachsen zu sehen. Die Band ist da flexibler. Alle Termine sind darauf ausgerichtet, das ich dabei sein kann.
Sonja: Wir planen ja sehr langfristig.
Thomas: Ich kann ja nur einmal bei ihrer Einschulung dabei sein, bei ihrem ersten Geburtstag und anderen Ereignissen. Das ist alles eingeplant auch für das kommende Jahr.





Bei so vielen Projekten, bleibt doch bestimmt, Beziehung, Familie und Freundschaft immer ein wenig auf der Strecke. Habt ihr da noch viele Kontakte?
Sonja: Wichtige Freunde bleiben auch, wenn man wenig Zeit hat. Man lernt stark zu differenzieren, die Kontakte, die einem wichtig sind, und es kristallisiert sich heraus, wer einem wichtig ist.
Thomas: Ich hab da nicht so das Bedürfnis nach. Ich hab meine Familie und dann sind da die Leute mit denen ich arbeite.
Sonja: Entweder ich kann mit jemanden über alles reden oder er/sie/es interessiert mich nicht. Dafür ist mir meine Zeit einfach zu schade. Ich bin zwar sehr viel weg, aber wenn ich dann zu Haus bin, und das den ganzen Tag, dann richtig. Jederzeit das, was man macht, auch mit Leib und Seele.





Könnt ihr euch überhaupt noch in einem Club auf ein Bier/Rotwein oder zum Tanzen wagen? Oder wie geht ihr "feiern" und mal abspannen?
Thomas: Für mich ist es recht einfach, da wir in Österreich, speziell wo ich wohne, als in Wien nicht so bekannt sind.
Sonja: Dazu fällt mir eine kleine Anekdote ein: ich war einkaufen und saß an einer Bushaltestelle! Da kam ein Mädchen auf mich zu und war ziemlich erbost. Sie unterstellte mir, wie ich denn dazu käme, den Stil der Sängerin von L'âme Immortelle zu imitieren. Darauf hin musste ich ihr sagen, dass "ich" die Sängerin von L'âme Immortelle bin. Sie war so aufgelöst und hatte mir darauf hin fast ihre gesamte Lebensgeschichte erzählt. :-)
Auf Festivals ist es dann...
Thomas: ...eher lästig.
Sonja: Ein ständiges Fotografieren lassen und Autogramme schreiben. Daheim geht es eigentlich. Es ist kein Problem, weil die meisten Leute mich wo anders lebend wähnen. Hier werde ich weniger erkannt.





Vielen Dank für das Interview, es hat mir viel Spaß gemacht und...!
Thomas: ich find es klasse, das ihr das ganze schriftlich auf die alte Art und Weise macht. Nicht so mit einem elektronischen Teil, das die Leute nicht mal richtig bedienen können.




Danke :-) wir freuen uns auf eure Show nachher.





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