MATT "GONZO" ROEHR :: Rückkehr eines "Böhsen Onkelz"

Interview mit Matt "Gonzo" Roehr vor dem Auftakt der "Barra de Tijuca-Tour" in der Dortmunder Live-Station am 06.01.2008. www.gonzomusic.de (ludger)




Gut zwei Jahre nach Auflösung der "Böhsen Onkelz" startest Du mit Deinem Soloprojekt. Was erwartest Du von der Tour?
In erster Linie erwarte ich eine Menge Spaß. Ich bin froh, die Band komplett am Start zu haben. Die Jungs spielen teilweise in anderen Bands oder sind Studiomusiker, da ist es schwierig, alle unter einen Hut zu bekommen. Wir waren jetzt fünf Tage in Karlsruhe und haben geprobt. Wir hatten eine gute Zeit und ich freue mich auf die Konzerte.




"Barra de Tijuca" ist musikalisch vom Stil und Personal her sehr weltoffen. Wie kam es dazu?
So bin ich halt. Es ist schon ein Gegensatz zu den "Böhsen Onkelz" bzw. zu dem, was über sie gesagt wurde. So waren wir eigentlich alle. Wir waren fünfzehn, zwanzig Jahre mit den unterschiedlichsten Jungs verschiedener Nationen auf Tour und Musik ist halt eine weite Welt. Ich möchte mir auch nicht irgendeinen Stil aufdrücken und mich in eine Schublade stecken lassen. Auf jeden Fall soll es immer rockig sein. Man würzt seine Suppe ja auch, wie man es gerne hätte. Ich war teilweise über die Medien erstaunt, die einen Latino-Rocker erkannt haben wollten. Aber so ist es nicht.




Wie wichtig war es Dir, Dich musikalisch von den "Böhsen Onkelz" zu unterscheiden?
Das war mir sehr wichtig, ich denke sogar, es war das Wichtigste überhaupt. Natürlich habe auch ich da gesessen und mir Gedanken gemacht, was die Fans der "Böhsen Onkelz" wohl erwarten. Dann habe ich aber beschlossen, dass zu ignorieren. Denn es ist etwas Neues und Anderes. Für mich war beispielsweise von Anfang an klar, dass ich englisch-sprachige Musik mache. Das war mir nach 25 Jahren deutscher Musik ganz klar. Macht man etwas, was den "Böhsen Onkelz" ähnlich gewesen wäre, hätte es geheißen: ´Der weiß auch nichts besseres´ oder ´Dem fällt auch nichts anderes ein`.




Meiner Meinung nach ist das Album sehr positiv. Es verbreitet gute Stimmung, lässt die Sonne scheinen. Täuscht das?
Nein, das täuscht nicht. Das Album spiegelt mich wieder. So gehe ich auch durch das Leben. In der Band hattest Du vier Leute. Davon hatte jeder seine Meinung. Ein anderer schrieb die Texte, sodass ich musikalisch dadurch natürlich eingeengt war und mich nicht so entfalten konnte. Die Produktionsorte Uruguay, Brasilien und Miami verbreiten an sich natürlich auch schon eine positive Grundstimmung. Hätten wir in Irland oder so produziert, wäre das Ganze vermutlich auch etwas anders ausgefallen.




Du lebst seit zwei Jahren in Uruguay. Was zog Dich dort hin?
Es sind schon fast drei Jahre, die ich dort lebe. Im Großen und Ganzen war es die Abenteuerlust, unterstützt durch einen Zufall. Denn Bekannte machten uns auf Uruguay aufmerksam. Dann haben wir das eine zeitlang getestet bis wir merkten, dass das das Leben ist, welches wir leben wollen und wie wir es uns vorstellen. Das Land ist unwahrscheinlich leer und sauber, es ist gemütlich mit einer sauberen Natur. Wir leben in einer kleinen Stadt, fast schon idyllisch, und so wollen wir es auch. Diese liegt genau gegenüber von Buenos Aires. Suchen wir die Großstadt, müssen wir nur kurz mit der Fähre übersetzen.




Ist Uruguay nunmehr Dein zu Hause oder Deine Heimat?
Uruguay ist auf dem besten Wege, unser zu Hause zu werden. Heimat ist sowieso schwer zu beurteilen. Kulturell wäre dies sicherlich Deutschland. Doch auch jetzt müssen wir auf Kultur nicht verzichten. Die Kinder lernen englisch und spanisch in der Schule. Zu Hause bringen wir ihnen deutsch bei. Die bekommen sehr viel mit in ihrem Leben. Danach habe ich mich als Kind immer gesehnt. Mich hat es auch immer in die Ferne gezogen. Und ich möchte den Kindern dies möglichst alles vermitteln. Es ist ja auch nicht mein erster Auslandsaufenthalt. Mir ist nur wichtig, dass meine Kinder multikulturell aufwachsen und Weltenbürger werden.




Wie schwierig ist es, als erster "Böhser Onkel" solo loszuziehen?
Das ist das Schwierigste überhaupt. Jeder, insbesondere der Fan, erwartet etwas von Dir und wartet auf etwas von Dir. Jeder hat aber unterschiedliche Erwartungen, viele werden daher enttäuscht. Mit der Musik versuche ich, die Leute in den Genuss verschiedener Kulturen zu bringen. Die Verdeutlichung und Anschauung verschiedener Kulturen lässt sich mit der Musik natürlich gut forcieren.




Öffnet Deine Vergangenheit aber nicht auch manche Tür?
Ja und nein. Die sagen jetzt auch nicht: `Mensch, der hat bei den "Böhsen Onkelz" gespielt, mit dem machen wir etwas.´ Auch die hören sich mal erst die Platte an und entscheiden dann. Aber was auffällig ist, ist, dass die Platte Türen öffnet, die den "Böhsen Onkelz" verschlossen blieben. Leute, die niemals etwas mit den "Böhsen Onkelz" machen wollten, fragen nunmehr an und haben Interesse. Das freut mich natürlich sehr.




Besteht noch Kontakt zu den anderen "Böhsen Onkelz"?
Kontakt aufrecht zu erhalten, ist natürlich sehr schwer. Es ist doch eine große Distanz, nicht nur in Kilometern, auch in der Arbeit. Seit eineinhalb Jahren habe ich am Album gearbeitet. Alles in allem gibt es eigentlich keinen Kontakt mehr. Warum sollte es aber auch? Wird eine Ehe nach 25 Jahren geschieden, setzen sich die geschiedenen am nächsten Abend ja auch nicht hin und machen etwas gemeinsam. So etwas soll es zwar geben, ist aber doch eher ungewöhnlich.




Es halten sich ja hartnäckig Gerüchte, dass die Auflösung der "Böhsen Onkelz", wo es ja immer hieß, ´Wenn es am Schönsten ist...´ oder ´Wir können das jetzt nicht mehr toppen´, doch nicht so ganz nach dem Motto ´Friede - Freude - Eierkuchen´ abgelaufen sein soll und auch nicht so versöhnlich war, wie immer dargestellt. Möchtest Du dazu etwas sagen?
Das kann man eigentlich in einem Satz beantworten: Drogen und Egoprobleme haben die Band kaputt gemacht. Nicht mehr und nicht weniger. Die Probleme gab es grundsätzlich zwar schon seit vielen Jahren. Aber daran ist sie letztlich zerbrochen.




Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Tour.




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