Auf zur Echo-Verleihung

MOONRISE (Wave Rock)
Timo Peter (Gesang) - Woj-Zen (Bass) - Luxa Rosenburg (Keys) - De.Bow (Gitarre) - Nik (Drums)

Seit Mitte der 80er bewegt sich das Hamburger Quintett im norddeutschen Underground. Mit "end of grace" erschien kürzlich ihre vierte MCD. Musikalisch zeigt sich die Band sehr ausgereift, setzt ihre musikalischren Duftmarken in die Schnittmenge zwischen Wave Rock und New Romantik. Neben vier eigenen Stücken gibt es auf dem aktuellen 5 Tracker zudem einen Mix von Girls under Glass. Wenn die Band ihre Zielrichtung weiter konkret verfolgt und sich nicht modernen Strukturen anbiedert, könnte das erste demnächst erscheinende komplette Album eine echte Alternative für Fans von Bands wie Zeraphine/Dreadful Shadows, Love like Blood, frühen GuG oder auch Cure/Mission werden. www.moonrise.de / www.myspace.com/moonrisemusic (andreas)


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Review "end of grace" lesen



Mit "end of grace" veröffentlicht ihr euer viertes Mini Album, warum hat es bisher nicht zu einem Album gereicht?
Wenn du als Band alles selbst machst bei so einer Aufnahme, ist das schon ein erheblicher Zeitaufwand, und schließlich soll ja der normale Probenbetrieb nicht komplett zum Erliegen kommen. Von daher war mehr als ein Minialbum bisher immer nicht drin. Aber dieses Jahr werden wir wohl noch ins Studio gehen und dann einen Longplayer aufnehmen.



Gerade in neuester Zeit wird der Goth Rock sehr hart dargestellt, ihr zeigt euch eher von der sanftmütigen Seite. Wo liegt eure Intention, dieses Genre lebendig werden zu lasen?
Genauso zu klingen wie Band Soundso war für uns noch nie interessant, deswegen lassen uns solche Trends auch relativ kalt. Der moonrise-Sound ist halt das Ergebnis der Einflüsse von fünf unterschiedlichen Charakteren. Ich persönlich finde gerade die Kombination von elektronischen Einflüssen und atmosphärischen Sounds mit rockigen Gitarren sehr gut und verstehe nicht, warum das nicht mehr Bands so praktizieren. Viele würden dann nämlich m. E. wesentlich interessanter klingen.



Auf "end of grace" befindet sich gleich ein deutscher Song, der auch mal leicht kitschig rüberkommen kann. Gab es Diskussionen, hier evtl. auch mal härtere Saiten dem weichen Gesang entgegenzusetzen.
Eigentlich gab es solche Diskussionen nicht, da jetzt ein richtig hartes Brett draus zu machen, würde ja auch die Stimmung des Songs ziemlich ruinieren. Dass deutsche Texte immer etwas prekärer sind als englische, liegt ja auf der Hand, du kannst dich da schließlich nicht hinter eventuellem sprachlichen Unverständnis der Hörer verstecken. Zudem reagieren viele Leute aus dem Goth-Bereich auf deutsche Texte recht allergisch, da ja in der Tat auch oft schlagerhafte, unlyrische oder kitschige deutsche Texte von düsteren Bands dargeboten werden. Aber ich denke, wenn sich jemand mal ein wenig in Ruhe einen Text wie den von "Traum des Mondes" anhört, wird schnell klar, dass wir da schon einen etwas anderen Anspruch haben.



Was steckt hinter dem Song "Traum des Mondes", ist es mehr Verzweiflung oder mehr Hoffnung?
Der Schluss ist hier ja recht eindeutig: "... wart ich auf den Morgen, doch er kommt wohl nicht." Also eher nicht erfüllte Hoffnung, was aber ein gutes Stück auch auf Selbstverschulden zurückzuführen ist. Die Grundidee des Songs und damit auch das Refrainthema basiert übrigens auf den drei Karten der großen Arkana beim Tarot: Stern, Mond und Sonne. Wenn man sich das vor Augen hält, bekommt der Text noch mal ein paar neue Facetten.



Bei "deep" hat man den Eindruck, dass ihr perfekt die Nostalgie in die Neuzeit rettet. Dieses schwierige Unterfangen, alte Waves und das junge Publikum zu betören, wie stark spielt dieses in das Songwriting mit ein?
"Deep" ist einer der Songs, die komplett bei mir im Kopf entstanden. Da saß ich irgendwann mal abends in Hamburg auf den Landungsbrücken, schaute über das Wasser und den Hafen, trank eine Flasche Wein - und hatte auf einmal das Thema im Kopf: "Just a vulgar laughter." Das entwickelte sich dann so weiter, und irgendwie war mir von Anfang an klar, dass es hier einfach so dreckig-rockig klingen muss mit diesem Wechselspiel von laut und leise. Na ja, und wenn das dann mit der Orgel, die ich einfach liebe vom Sound, umgesetzt wird, dann klingt das schon so ein bisschen retro. Andererseits: Hammond baut wieder Orgeln, also scheinen wir da ja nicht die Einzigen zu sein, die auf einen fetten-dreckigen Orgelsound stehen, oder?



An wen sind die "Last words" gerichtet?
An keine konkrete Person. Ich abstrahiere meine persönlichen Erlebnisse beim Texten immer so weit, dass sie einen allgemeingültigen Charakter bekommen. Musik zu machen hat zwar durchaus auch therapeutischen Charakter, sollte aber nie in allzu großes Selbstmitleid abdriften. Und wenn du die Welt aufmerksam beobachtest, drängen sich da auch schon mal außerhalb des eigenen unmittelbaren Erfahrungshorizonts genügend Dinge auf, die es lohnt, in einen Text zu verpacken. Von daher sind die "Last Words" an die Ex-Partner all derjenigen gerichtet, die eine Beziehung durchgemacht haben, die sich so angefühlt hat, wie im Text beschrieben.



Der Song ist zwar sehr leicht zugänglich, trotzdem ist er sehr traurig inspiriert und steckt voller Schwermut. Welchen Bezug haben Text und Musik zueinander?
Definitiv einen sehr großen, das muss schon passen, sonst ist ein Song in sich nicht stimmig. Und wenn ich einen traurigen Text habe und dazu dann fröhliche Musik spiele, nehme ich ja bewusst diesen Kontrast in Kauf, sodass sich der Aha-Effekt erst beim genauen Hinhören einstellt. "When I See You" ist dafür ein ganz gutes Beispiel - was aber vielleicht auch daran liegt, dass ich keine fröhlichen Texte schreiben kann, und ab und zu darf es dann ja auch ruhig mal ein Song mit etwas Power und einem guten Abgeh-Refrain sein. Bei "Last Words" sollte dieser Effekt aber nicht bewirkt werden, sodass hier von Anfang an klar war, dass hier eine in sich geschlossene melancholische Stimmung herrschen soll. Bei dem Song ist auch erst die Musik entstanden, sodass dann schon klar war, in welche Richtung der Song gehen soll und dementsprechend der Text ausfallen wird.



Ihr lasst verspielt ein wenig Elektronik in die Songs fliessen (again), ein leichtes Vorgehen um hymnische Melodien zu erzeugen. Evtl. eine Huldigung an moderne Hörgewohnheiten?
Das passiert schon deswegen automatisch, da ich als Keyboarder für einen nicht unerheblichen Teil des Songwritings verantwortlich bin. Und so modern (oder gar modernistisch) ist das ja nun auch nicht, denn immerhin haben ja, seit Anfang der 80er-Jahre Synthesizer erschwinglich wurden, gerade im Gothic- und Wave-Bereich haufenweise Bands schon immer elektronische Sounds in ihre Musik integriert. Außerdem kannst du damit ganz andere Arten von Druck, Aggressivität, Atmosphäre und natürlich auch Hymnenhaftigkeit erzeugen als mit der Gitarre. Und durch das insgesamt gleichberechtigte Zusammenspiel beider Instrumente kommt schließlich auch eine ganze Menge Abwechslung ins Klangbild. Wenn du Deine Synthesizer nur benutzt, um im Refrain mal einen Chor unter den Rest zu legen, kannst du es halt schnell mal haben, dass die Stücke dann doch alle recht ähnlich klingen.



Die fünf Songs (darunter selbst der Mix) sind sehr atmosphärisch gehalten. Jeder Ton scheint gewählt, jedes Riff passend gesetzt. Achtet ihr darauf, dass eine große Aufmerksamkeit auf dem betörenden Gesang gelegt wird?
Das sind halt Erfahrungen, die du irgendwann machst, wenn du dich musikalisch weiterentwickelst. Zu Anfang haben bei uns auch stets alle immer gespielt - und dann wurde der Gesang häufig an die Wand gedrückt. Das macht ja gerade ein gutes und interessantes Arrangement aus, dass die Instrumente (und da nehme ich den Gesang nun mal explizit nicht aus) nicht gegen-, sondern miteinander spielen, dass jeder dem anderen die Luft lässt, die er braucht. Und gerade der Gesang steht ja zwangsläufig immer im Fokus, er transportiert den Text, der Sänger steht als Frontmann ja auch live im optischen Mittelpunkt. Zudem: Da Timo ja eine ziemlich markante (und ziemlich coole) Stimme hat, wären wir ja blöd, wenn wir diese nun ständig komplett dichtkleistern würden, oder?



Glaubt ihr, dass ihr manchmal die Instrumente zurücknehmt, um kein Ohr zu verstören?
Nein, eigentlich nicht. Wenn es uns darum ginge, würden wir wohl andere Musik machen, so Schlager oder Volksmusik oder so. Damit kann man nämlich richtig viel Geld verdienen. Für uns ist es immer wichtig, dass moonrise-Songs so klingen, dass wir selbst Bock drauf haben, uns diese anzuhören.



Zwar glaube ich, dass eure Zusammenarbeit mit der geografischen Nähe zusammenhängt, oder wie kam es zur Zusammenarbeit mit Girls under Glass?
Der Kontakt entstand über Timo, da er schon häufig mal als Tourbegleiter mit Wolfsheim unterwegs war, und da hat dann Jürgen öfter die Technik gemacht. Dann haben GuG mal einen Proberaum gesucht, weil sie sich auf eine Tour vorbereiten wollten, und uns gefragt, ob sie nicht mal ein paar Proben in unserem abhalten können, und so kommt man dann zusammen. Für uns ist es natürlich super, mit jemandem wie Axel zusammenzuarbeiten, der sowohl szene- als auch produktionstechnisch über viel Erfahrung verfügt.



Gerade die ersten drei Songs der CD besitzen die Atmosphäre, welche GuG auf ihrem Debüt erreichten. Sind Girls under Glas Vorbilder?
Kann man so nicht sagen. Konkrete Vorbilder haben wir eigentlich nicht, was vermutlich auch dazu führt, dass wir schon mit den unterschiedlichsten Bands verglichen wurden: Dreadful Shadows, The Mission, Fields, Depeche Mode, The Cure, Marillion(!). Dazu kommt, dass ich mir sicher bin, dass mindestens zwei moonrise-Members keine GuG-CD zu Hause und somit auch nicht wirklich konkrete Vorstellungen von deren Sound haben.



Wie kam Luxa Rosenburg auf den Namen, gibt es eine politische Komponente oder war das Wortspiel einfach faszinierend?
Ich liebe Wortspiele! Zudem basiert das Ganze ja auch auf einer für mich durchaus faszinierenden Person, die mir politisch auch in jedem Fall nähersteht als beispielsweise "Merkela Angel". ;o)



Bei euren bisherigen Konzerten ist mir das in der Prinzenbar aufgefallen. Haltet ihr es für zeitgemäß, einen Dresscode- Black zu offerieren, vor allem wen in dieser Disco-Veranstaltung ein Livekonzert stattfindet?
Na ja, da haben wir ja keinen Einfluss drauf gehabt, das ist halt bei den Cathedrale-Noire-Partys so üblich und wird vom Veranstalter festgelegt. Das ist m. E. auch deshalb entstanden, da die Location mitten auf dem Kiez liegt und es somit wohl schon Probleme mit besoffenen Prolls gab, die halt eine nette Lack-und-Leder-Lady auf dem Weg zur Party gesehen haben, der sie dann unbedingt hinterherdackeln mussten - und auf einmal waren die auf einer Gothic-Party und kamen da mit ihrem Gebaren nicht wirklich gut an. So können solche Leute halt im Hinblick auf den Dresscode gleich am Anfang abgewiesen werden. Scheint ja auch zu funktionieren, zudem kamen genug Freunde und Fans von uns auch einfach mit einem schwarzen T-Shirt rein, die ansonsten mit Gothic-Style nicht viel am Hut haben.



Was darf der Fan bei einem Live Konzert erwarten?
Eine energiegeladene Show. Glaubt man zwar nicht unbedingt, wenn man sich einige Songs der "end of grace" anhört, aber wir können auch richtig rocken .



Mit welcher Band würdet ihr gerne die Bühne teilen?
Da hätte jeder von uns bestimmt andere Vorlieben. NFD waren im letzten Jahr in jedem Fall schon ziemlich cool, echt nette Jungs und musikalisch total klasse! Na ja, für mich persönlich wären The Cure auch nicht schlecht.



Wie würdet ihr einem MTViva Moderator eure Musik beschreiben?
Puh, das sind doch in der Regel ziemlich Hohlbratzen, oder? Also in ganz einfachen Worten. Nee, Spaß beiseite: moonrise sind Gothic-Rock mit einem wavigen Einschlag - und das, ohne dabei die gängigen Klischees zu bedienen, sondern auf eine sehr eigenständige Art und Weise, mit eingängigen Hooklines und unterschiedlichen Atmosphären. So o. k.? ;o)



Ein Fee gibt euch drei Wünsche, welche rein auf's musikalische beschränkt sind, eure ersten Zwei lauten?
1. Jemanden zu haben, der den ganzen administrativen Kram für uns erledigt.
2. Genug Geld mit moonrise zu verdienen, um sich voll und ganz darauf konzentrieren zu können (na ja, das beinhaltet dann ja wohl auch den ersten Wunsch, aber sei's drum).



Der Dritte?
Mit moonrise zur Echo-Verleihung eingeladen werden und dort die Gelegenheit haben, Dieter Bohlen in den Schampus zu pissen, ohne dass er es merkt. ;o)




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