Brennende Poesie

TRANSIT POETRY (E-Gothic Wave Rock)

Dieser Tage erscheint der zweite Teil der Tetralogie über die vier Elemente, welches von Sascha Blach (u.a. Despairation) im Alleingang entstand. Frei von Zwängen, frei von Diskussion mit Bandmitgliedern offenbart Sascha seine ganz eigene Sicht der Verschmelzung von atmosphärischem Gothic, tanzbarem Elektro und kräftigem Gitarren-Rock. Nachdem sich der Erstling mit dem Element "Wasser" auseinander setzte, geht es im zweiten Teil um ein Element, welches gleichsam Phobie und Faszination auslöst, das Feuer. Der perfekte Popsong weidet auf dem Felde des dunklen Rocks. Ein flammendes Inferno voller Harmonie, voller Gefühl und voller Ohrgasmen. Bevor ich mich aufgrund meiner Euphorie der Honig-um-den-Bart-Schmiererei unterwarf, hab ich mich auf leicht provokante Fragen verständigt. Viel Spaß beim Lesen und noch mehr Spaß beim Hören dieses Werkes. www.transitpoetry.de (andreas)


-> Review "Shamanic Passage through the Embers" lesen


Mit dem zweiten Teil der Elemente Tetralogie behandelst du das Element Feuer. Ganz unabhängig von der Musik, wo gibt es die Parallelen beider Elemente?
Schwere Einstiegsfrage, da dies kein Gesichtspunkt ist, unter dem ich dieses Album kreiert habe. Es geht mir eher um einen Gesamtzusammenhang aller vier Elemente, die symbolisch für das Materielle stehen und ihre Gegenseite - oder besser ihren Quell - im geistigen Urzustand haben. Gewissermaßen geht es darum, viele kleine Partikel zu sammeln und sie zu einem größeren Ganzen zusammen zu fügen, um ein Gesamt(kunst)werk zu erschaffen. In einem anderen Interview wurde ich gefragt, ob ich auf der Suche nach der Ewigkeit sei. Ich denke, das trifft es recht gut, denn Transit Poetry ist mein Versuch, die Ewigkeit auszuleuchten und das Wirken und Ineinandergreifen der Dinge zu beschreiben und zu erforschen. Das Ganze ist als ein Prozess zu sehen. Es gibt keinen fertigen Masterplan oder gar Die große Antwort, die am Ende der vielen Fragen steht. Ehrlich, für mich ist die schwierigste Frage die nach dem Gesamtkonzept, da es etwas sehr Intuitives ist, das ich mit Worten schwer beschreiben kann. Zumal sich meine Sicht auf das Gesamtwerk mit jedem Album ändert...


Nun zur Musik, im Info heißt es "ein ungleich härteres, energischeres Werk". Ohne eine Wertung abzugeben, hier scheint doch eher das Kaminfeuer dem Fegefeuer vorgezogen zu sein?
Der Verweis "ein ungleich härteres, energischeres Werk" bezieht sich auf den Vergleich zum Vorgänger und da kann dieser Aussage sicherlich niemand widersprechen. Die Kaminfeuer vs. Fegefeuer-Metaphorik kann ich allerdings nicht nachvollziehen, denn wir haben schließlich keine Schrammel-Lagerfeuer-Romantik-Platte aufgenommen. Das Ziel war es aber auch nicht, andere Bands in Punkto Härte zu übertreffen oder diesbezüglich neue Rekorde aufzustellen, sondern das Element Feuer im Transit Poetry Stil zu vertonen und dazu gehören eben vor allem die Aspekte Melodie, Atmosphäre und vor allem Abwechslungsreichtum, denn wie jedes Element hat auch das Feuer ganz unterschiedliche Facetten. Manch ein Song mag aufgrund der eher ruhigeren Passagen durchaus an ein Kaminfeuer erinnern, es gibt jedoch auch zahlreiche treibende, tanzbare Songs, die eine weniger romantische Seite des Feuers aufgreifen. In einem Song wie "Paradise Apocalypse" dreht es sich um die große Apokalypse, die sich wie ein Feuerschwall über den ganzen Planeten ausbreitet und der Song ist entsprechend düster, wenngleich vielleicht nicht unbedingt wie die erwartungsgemäße Vertonung des Fegefeuers. Aber wir machen ja auch keinen Black-Metal;-) Ich für meinen Teil bin mit dem Abwechslungsreichtum und dem Härtegrad des Albums sehr zufrieden. Es mag immer Leute geben, die etwas zu kritisieren haben, aber wichtiger ist mir im Moment erst mal, dass ich all meine Visionen entsprechend umzusetzen konnte.


Wenn du die Konzept-Etappe "Feuer" beschreiben würdest, wie wichtig ist sie im Tetra Pack der Gesamtelemente?
Nicht wichtiger als die anderen Elemente. Es gibt hier keine Hierarchie. Die Reihenfolge der Anordnung ist relativ willkürlich. Da gibt allenfalls meine Intuition den Takt vor. Letztendlich ordnet sich alles dem großen Ganzen unter.


Wenn man sich die Titel der Alben (auch von Despairation) anschaut ("Themes from..", Scenes from...", Songs of...", "Shaminic Passage through..."), könnte man meinen, es handelt sich jeweils um einen Ausschnitt. Würdest du hier von Respekt sprechen gegenüber der empirischen Gesamtheit?
So habe ich das noch nicht gesehen. Das ist aber durchaus eine Interpretation, die Sinn macht, wenngleich mich der Begriff 'empirisch' darin etwas stört. Mir persönlich ist es halt wichtig, dass ein Plattentitel ein Album möglichst in seiner Gänze umfasst und stellvertretend für alle Songs steht. Das resultiert vielleicht aus diesem konzeptionellen Denken, das in mehr oder weniger stark ausgeprägter Form in all meinen Projekten zu finden ist. Einfallslose Pseudo-Titel, die nichts über das entsprechende Album aussagen, genügen meinen Ansprüchen einfach nicht, deswegen möchte ich dem Hörer immer schon mit dem Titel einen ersten Interpretationsreiz geben. Wenn ein Titel nicht stellvertretend für alle Songs steht, könnte man seine Werke schließlich auch einfach durchnummerieren, wie das klassische Komponisten tun, oder?


Der Text ist ein enorm wichtiges Element der Musik. Du scheinst dich aber nicht darum zu kümmern, es dem Hörer einfach zu machen. Mit Schulenglisch sind deine Texte schwer zu übersetzen, gleichwohl liefern sie eine enorme Bandbreite an Interpretationen. Gibt es Ängste, hier als intellektuell abgehoben zu gelten oder einfach nicht verstanden zu werden?
Um ehrlich zu sein, denke ich bei den Texten sehr selten an ein mögliches Gegenüber, sprich den Rezipienten. Mir ist es wichtig, meinen eigenen Ansprüchen zu genügen und wenn diese etwas höher sind als bei anderen Bands, ehrt mich das. Es geht aber nicht darum, jemanden zu übertrumpfen, denn ein Text ist immer ein sehr individueller Ausdruck und da hat jeder seine eigene Art. Dass der Text ein wichtiges Element von Transit Poetry ist, kann ich aber auf jeden Fall unterschreiben. Ich versuche dem 'Poetry' im Namen eben insofern gerecht zu werden, indem ich die Songtexte wie Gedichte schreibe. Sie haben also eine feste Strophenform, meist auch einen Rhythmus und eigentlich immer ein festes Reimschema. Manche sind sogar als Sonette verfasst. Was der Hörer aus den Texten herausliest (sofern er sie liest...), liegt ja auch gar nicht in meiner Hand, deshalb nehme ich wenig Rücksicht darauf. In jedem Fall sind verschiedene Interpretationen möglich, denn es gibt immer mehr als eine Wahrheit. Teilweise spiele ich bewusst damit, häufig bin ich aber auch im Nachhinein selbst überrascht, was man alles in einen Text hineinlesen kann, den ich z.B. als recht eindeutig erachte. Es geht bei Transit Poetry also weniger darum, eine konkrete Botschaft zu übermitteln, als mit der Kraft der Poesie bestimmte Gedankenmuster zu dokumentieren und so einen Reflektionsprozess in Gang zu setzen...



Ohne Bands zu nennen, musikalisch gibt es durchaus Szenerien, welche ihre Heimat in den 80ern besitzen. Du verarbeitest bei Transit Poetry sämtliche Facetten, sei es der Wave Rock, die Elektronik oder der Pop. Welche Beziehung hast du zu diesem Jahrzehnt?
Diesen Vergleich habe ich nun schon des öfteren gehört und ich habe keine Ahnung, woran das liegt, denn den Großteil der Wave, Elektronik und Pop-Musik der 80er finde ich ziemlich schrecklich. Ich höre mir vorwiegend zeitgemäße Sachen an und wenn mal etwas Altes, greife ich eher auf Musik aus den 70ern zurück. Mag sein, dass es einen unbewussten Einfluss auf mich hatte, dass ich in den 80ern ausgewachsen bin, aber ich schätze eher, dass dieser Vergleich an der Produktion liegt. Wie gesagt, es ist auf keinen Fall beabsichtigt, nach den 80ern zu klingen. Vielleicht sollte ich beim nächsten Mal einfach noch mehr Wert auf moderne Sounds legen ;-)


Ein Kritikpunkt war in der Vergangenheit der etwas unvariable Gesang. Auch auf dem aktuellen Werk gibt es kaum Stimmbandvariationen. Abgesehen davon, dass ich deine Stimme immer passend zur Instrumentierung finde, wie begegnest du deinen Kritikern?
Das ist ein müßiges Thema, denn gerade am Gesang scheiden sich immer die Geister und ich kann halt auch nur so singen, wie es in meiner Natur liegt. Ich gebe offen zu, dass ich mit meinem Gesang auf Despairations "Music For The Night" etwas unzufrieden bin, was ich aber auf Zeitprobleme im Studio zurückführe. Bei Transit Poetry hingegen kann ich mir immer genug Zeit für den Gesang nehmen und finde, dass gerade das neue Album meine beste Singleistung überhaupt bietet. Und im Vergleich zu all den Bands, die bei mir laufen, finde ich meinen Gesang auch nicht weniger variationsreich. Ich weiß ja nicht, was all die Kritiker sonst so hören, denn es ist doch ein sehr breites Spektrum abgedeckt auf "Shamanic Passsage...". Und das Wichtigste ist doch, dass ich zufrieden bin und nachdem selbst meine kritischen Despairation-Kollegen nichts an dem Gesang auf der neuen Transit Poetry Scheibe auszusetzen hatten, kann er doch so monoton nicht sein;-)


Neben eingängigen Songs lässt du auch Platz für bedrückende Zwischenspiele. Ist das aktuelle Werk auch ein Spagat zwischen Düsternis und Eingängigkeit?
Hmm... sicher ist das Werk sehr eingängig und stellenweise auch recht düster, beide Aspekte schließen sich meiner Meinung nach aber nicht aus, so gesehen wäre das kein Spagat. Aber vom Prinzip her hast Du sicher recht. Das eigentliche Ziel der beiden Zwischenspiele war es, das Album etwas aufzulockern und den Aspekt der Poesie noch stärker zu betonen, da es ja gesprochene Gedichte sind, die von atmosphärischen Sounds untermalt werden.


"The Dionysian dancers" hat etwas von Projekt Pitchfork, würdest du mir hier wiedersprechen?
Jeder nimmt Musik anders wahr. So gesehen hat jeder Vergleich seine Berechtigung, da er doch immer im subjektiven Ermessen des Einzelnen liegt. Fakt ist jedenfalls, dass all jene Bands, die mich meiner Meinung nach wirklich beeinflussen, so gut wie nie als Vergleich genannt werden. Deshalb bin ich immer wieder sehr überrascht, Reviews zu lesen. Dennoch möchte ich betonen, dass es nicht meine Absicht ist, irgendeine Band zu kopieren. Stattdessen bin ich bemüht, einen eigenen Transit Poetry Sound zu entwickeln. Und wenngleich ich der Meinung bin, diesen mehr oder weniger gefunden zu haben, wird man wohl nie ausschließen können, dass andere Menschen mit anderen Hörgewohnheiten auch immer wieder Parallelen ziehen, die man selbst so nicht sieht. Das lässt sich innerhalb einer Stilistik nicht vermeiden.


Da du ja selber Kritiken schreibst, würde mich interessieren (du weißt, die Leute lieben (brauchen) Vergleiche), welche Band in einer eigenen Kritik erwähnt würde?
Geschickt gefragt, hehe... da muss ich dich aber leider enttäuschen, denn aufgrund jener Eigenständigkeit, die ich anstrebe, möchte ich vermeiden, dass Leute sagen "Transit Poetry klingt wie...". Lieber wäre mir die Aussage "Transit Poetry klingt wie Transit Poetry" und wer sich darunter nichts vorstellen kann, soll es sich einfach anhören. Okay, das ist jetzt nicht sehr vielsagend, deswegen sei all den Leuten die Transit Poetry nicht kennen, noch mit auf den Weg gegeben, dass man unseren Stil wohl am ehesten als Mischung aus atmosphärischem Gothic, treibendem Electro, poppigen Melodien und einer ordentlichen Prise Gitarren-Rock einordnen kann. Zumindest ist das meine Sichtweise.


Als Bonus Track gibt es ein überraschendes Cover (erst mal Kompliment für's gelungene Cover) von Rainbirds. Wie kamst du auf die Idee, diesen fast zwanzig Jahre alten Song neu zu interpretieren. Und, wie gelang es dir, euch ihn derart harmonisch in die CD fließen zu lassen ohne (wie bei vielen Covern) ihn unfreiwillig zu karikieren?
Die Idee hatte ich schon lange im Hinterkopf, da ich den Song sehr mag und das Gefühl hatte, dass man ihn in einer Gothic-Version sehr schön interpretieren könnte. Es dauerte jedoch einige Jahre, bis ich den Song endlich aufnahm und wir ihn daraufhin mit Transit Poetry live spielten. Ursprünglich war der Track auch nur für Live-Konzerte gedacht, um den Menschen mit ein paar bekannten Klängen zu begegnen. Doch nachdem der Song immer sehr gut ankam und sowohl meine Mitmusiker, als auch das Label ihn unbedingt mit auf der CD haben wollten, habe ich schließlich nachgegeben. Da der Song nicht in das Elemente-Konzept passt, haben wir ihn als Bonustrack angeführt. Dass die Nummer so gut mit den restlichen Liedern harmoniert, liegt wohl einfach daran, dass wir ihn wie einen typischen Transit Poetry-Song spielen. Bloßes Nachspielen kann man sich auch gleich sparen, denn so wird man das Original nie übertreffen. Bei einer Coverversion sollte doch die eigenen Neuinterpretation der Hauptantrieb sein und dass diese in unserem Fall so vielen Leuten zusagt, freut mich sehr. Ich bin mir allerdings auch bewusst, dass man es gerade mit einer Coverversion nie allen recht machen kann und rechne deshalb jeden Tag mit den ersten bösen Zungen diesbezüglich.



Leider hab ich euch während des WGT nur ganz kurz gesehen. Es scheint als würdet ihr live eine ganze Menge auf Atmosphäre legen. Wo wird man diese demnächst bewundern können?
Im Sinne einer stimmungsvollen Atmosphäre ist das sicher richtig, aber wir bemühen uns schon, live verstärkt die rockigen Lieder zu spielen und die atmosphärischen, also ruhigen Nummern außen vor zu lassen, weil sich die Leute sonst allzu schnell gelangweilt fühlen. Momentan sind leider keine Konzerte geplant und wenngleich wir sehr gerne wieder spielen würden, werden wir es erst mal vorsichtig angehen lassen. Das Problem ist momentan einfach, dass die Leute nahezu überall übersättigt sind und in den wenigsten Fällen bereit sind, sich Bands anzusehen, die sie nicht kennen. Ob es am fehlendem Geld oder dem fehlenden Interesse liegt, mag ich nicht zu beurteilen. Für uns ist das eine schwierige Situation, da wir kein derart großer Name sind, dass wir die Fans in Scharen mobilisieren können. Ergo sind wir darauf angewiesen, uns auf Festivals oder im Vorprogramm bekannter Bands erst mal einen Namen zu machen und da haben die Veranstalter und Agenturen natürlich immer die Qual der Wahl, welcher unbekannten Band sie nun die Chance geben. Wir können im Moment also nur abwarten, was passiert. Falls sich an der Livefront nicht viel tun sollte, werde ich die Zeit zum Songwriting nutzen und auch weiterhin hoffen, dass unsere Zeit bald reif ist;-)
Dann vielen Dank für das Interview und viele Grüße an all Eure Leser, die bis zu dieser Stelle vorgestoßen sind. Alles Wissenswerte zu Transit Poetry gibt es auf unserer Webseite www.transitpoetry.de
Many Greetings,
Sascha


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